"Wir fragen unsere kressköpfe": Warum Medienunternehmer Stefan Hoff nichts von TV-Brillen hält

 

TV bleibt ein Gemeinschaftserlebnis - vor allem beim Sport. Virtual Reality und 3D überzeugen Stefan Hoff, Geschäftsführer der nobeo GmbH, TV-Dienstleister für Studio-, Außen- und Postproduktion, nicht. Im Interview berichtet der langjährige Sportreporter, wie er seine großen Teams technisch fit hält, warum ihn sein Freelancer-Gen zur Dauererreichbarkeit zwingt und wie er mit der Foto-Kamera abschalten kann.

kress.de: Herr Hoff, Sie kennen die TV-Produktion von attraktiven Sport-Inhalten bestens vor der Kamera, aber vor allem von hinter den Kulissen. Wie ruinös schätzen Sie das aktuelle Wettbieten und aggressive Vermarkten um Top-Live-Rechte ein?

Stefan Hoff: Wie ruinös das Wettbieten ist, kann ich nicht einschätzen, aber es sind in der Tat die Sport-Live-Rechte, die im linearen TV noch die besten und konstantesten Quoten erzielen. Mit diesen Übertragungen setzt man daher stets und auch sicherlich weiterhin gewaltige Ausrufezeichen.

kress.de: Inwieweit steht aus Ihrer Sicht die Welt der Übertragungen von Sport-Ereignissen vor einem ähnlichen Schock, wie Netflix und Co. das etablierten TV-Anbietern im Bereich der Fiktion derzeit erleben?

Stefan Hoff: Der Trend zeigt ja, dass viele Formate mittlerweile 'on Demand' angeschaut werden. Die Live-Übertragung von Sportveranstaltungen ist und wird dahingehend aber die absolute Ausnahme bleiben. Insbesondere sportliche Highlights, wie die Fußball-EM oder WM, der Superbowl oder auch die Olympischen Spiele werden auch in Zukunft die Menschen vor die Fernsehgeräte locken - und zwar live zum realen Zeitpunkt des Geschehens. 

kress.de: Wie gut sind die Chancen, dass neue digitale Bewegtbild-Anbieter etwa aus der DAZN- oder Eurosport-Player-Klasse vielleicht sogar spannenderes Fernsehen machen als die Etablierten?

Stefan Hoff: "Neue" Player gehen sicherlich auch neue oder zumindest andere Wege. Somit werden sie die Programmvielfalt bereichern. In Zukunft wird die Spannung deutlich stärker auf den Inhalten liegen (müssen). Früher war vieles alleine deshalb aufregend und attraktiv, weil man z.B. bei Serien eine Woche auf die Fortsetzung warten musste. Heute guckt man, solange es einem gefällt.

kress.de: Wie herausfordernd ist es für Sie als Technik-Experten, jeweils auf Augenhöhe mit den neuesten Produktionsentwicklungen bei Bild, Ton oder neuen Übertragungsstilen zu bleiben?

Stefan Hoff: Das ist eine Herausforderung, die wir schon immer gerne angenommen haben. Die Schwierigkeit besteht heute darin, dass die Investitionszyklen immer kürzer und die Angebotspalette immer länger wird. Solange unsere Dienste angemessen bezahlt werden, ist alles gut. Aber als Kunde immer mehr und immer alles auf dem neuesten Stand haben zu wollen, aber gleichzeitig auch für immer günstigere Preise, dies wird langfristig nicht funktionieren.

kress.de: Warum hat sich 3D-Fernsehen beim Sport doch nicht so richtig durchsetzen können? Wie attraktiv könnten Virtual-Reality-Inhalte für die Fernsehzuschauer werden?

Stefan Hoff: Ich bin hier ganz pragmatisch der Meinung, dass sich alles, wo man sich eine Brille oder ähnliches aufsetzen muss, auch in Zukunft nur schwer durchsetzen wird. Fernsehen ist und bleibt auch ein Erlebnis, welches man als Familie oder mit Freunden gemeinsam anschaut. Da führen Hilfsmittel zu einer unerwünschten Abschottung. Virtual Reality in Maßen kann sinnvoll ergänzen und die Unterhaltungsvielfalt bereichern.

kress.de: Sie führen große Teams und leisten im Technik-Verband VTFF auch wichtige Lobby-Arbeit: Wie schwer fällt es, die Mitarbeiter in Zeiten des rasanten Wandels und des verschärften Technik-Wettbewerbs fit und motiviert zu halten?

Stefan Hoff: Wir halten unsere Mitarbeiter fit, in dem wir sie weiterbilden. Bei nobeo geschieht dies meist durch hausinterne Schulungen. Mitarbeiter motiviert zu halten, stellt immer eine Herausforderung dar. Am schnellsten - das ist meine Erfahrung - lässt der Antrieb nach, wenn das Geschäft nachlässt und so eine ideale Auslastung nicht mehr gegeben ist. Wir haben in der Vergangenheit zahlreich komplexe Produktionen gestemmt, die unsere Mitarbeiter wirklich herausgefordert haben. In solchen Momenten ist die Motivation durch alle Abteilungen hinweg gefühlt am größten.

kress.de: Woher nehmen Sie die Energie für Ihre vielen Arbeiten?

Stefan Hoff: Bei mir ist das nicht anders: Ich schätze die Herausforderung, viele verschiedene Aufgaben mit der Unterstützung unterschiedlicher Teams zu meistern. Vielleicht ist das noch mein Freelancer-Gen, welches mich immer wachsam und neugierig hält.

kress.de: Wie sieht ein Tag aus, an dem Sie beruflich auch mal Fünfe gerade sein lassen?

Stefan Hoff: Solche Tage gibt es nicht. Meine Arbeit findet ja nicht ausschließlich im Büro statt. Insofern komme ich gar nicht umhin, immer und auf diversen Leitungen erreichbar zu sein. Ein komplettes Abschalten ersetze ich dann durch einen Ortswechsel. Reisen ist meine Leidenschaft. Und wenn ich dann die Muße zum Fotografieren finde, dann schalte ich wirklich auch mal auf einen andere Kanal. 

kress.de: Sie haben das TV- und Produktionsgeschäft von der Pike auf gelernt. Wenn Sie einmal zurückblicken: Welche Erfahrungen aus Ihrem bisherigen Lebenslauf waren besonders wichtig für Ihre heutige Tätigkeiten?

Stefan Hoff: Zum einen hilft es sehr, wenn man weiß, worüber man spricht. Ich bin nicht der größte Experte in den Details, aber ich weiß Tätigkeiten und Produktionsabläufe einzuschätzen. Ein wichtiger Schritt war der vom "Spieler" zum "Trainer". Ich könnte meinen Job heute nicht erledigen, wenn ich immer noch denken würde, dass ich alles kann und vor allem am besten. Dem gegenüber stehen aber die Aufgaben, die ich selbst erledigen muss und meistens handelt es sich um dringliche und kurzfristige Anforderungen an meine Person. Den Kopf und den Rücken dafür frei zu haben, bedeutet, gute strukturiert und im Team organisiert zu sein. 

kress.de: Sie haben schon länger ein "kressköpfe"-Profil angelegt. Wie wichtig ist es für die Arbeit in Ihrem Netzwerk?

Stefan Hoff: Das Netzwerk ist das wichtigste überhaupt, deshalb ist alles wichtig, was meinem Netzwerk die Zugang zu mir ermöglicht. Bei kress werde ich gesucht und gefunden.

kress.de: Mit welchem Geschäfts- oder Kooperationspartnern, Querdenkern oder Kreativköpfe würden Sie sich – idealerweise über die kressköpfe – gerne einmal zu einem Mittagstermin verabreden?

Stefan Hoff: Ist Michelle Obama auch ein kress-Kopf :-)

kress.de: Leider noch nicht.

Stefan Hoff: Dann aber sehr gerne mit ihr.

kress.de: Welche Neuigkeiten und beruflichen Inspirationen ziehen Sie aus Ihrer Lektüre von kress.de und "kresspro"?

Stefan Hoff: Alle Neuigkeiten inspirieren mich. Über die kress-Kanäle bleibe ich up-to-date. Das ist in meinem Beruf und in unserer Branche sehr wichtig. Personelle Veränderungen in der Branche, technische Neuheiten und 'best pratice'-Berichte ziehe ich schnell und informativ aus meiner regelmäßigen Lektüre.

 

Hintergrund: Der 49-jährige gebürtige Kölner Stefan Hoff begann seine Karriere als freier Sportreporter unter anderem für den WDR, RTL, Sat.1, das früherer Premiere (heute: Sky) und das ehemalige DSF (heute: Sport1). Dabei war er auch Teil des "ran Sat.1"-Reportertams. 1996 brachte er das Stadion TV an den Start - zunächst in den Arenen von Werder Bremen, Borussia Dortmund, Hertha BSC, Karlsruher SC und FC Bayern. Im großen Stil wurde Stadion TV im Auftrag von DFB und FIFA während der Fußball-WM 2006 in Deutschlan aufgezogen. Außerdem produzierte Sportübertragungen aus Disziplinen wie Springreiten, Eishockey für die Kölner Haie, Motorsport (DTM) und Wintersport (Vierschanzentournee). Heute ist Hoff Geschäftsführer der nobeo GmbH in Hürth sowie zusätzlich Vorstandsvorsitzender des Verbands Technische Betriebe für Film und Fernsehen (VTFF) in Berlin.

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