Die wichtigsten Ergebnisse: "Substanz und Tiefe schlägt Meinung"
Der Spiegel bleibt auch 2022 meistzitiertes Medium und ähnlich dominant wie 2021. Auf Platz 2 schiebt sich nun das Handelsblatt an der Bild vorbei. Dabei ist zu bedenken, dass 44% der Handelsblatt-Zitate vom Tagesspiegel kommen. Das Handelsblatt und der Tagesspiegel gehören wie auch die Zeit und die WirtschaftsWoche zur DvH Medien GmbH von Dieter von Holtzbrinck. Zum Vergleich: Der Anteil der Zitate von der Welt an den Bild-Zitaten (beide Springer) liegt bei 16 Prozent.
Tipp: Blättern Sie sich durch die angehängten Grafiken in der Bilder-Galerie - Spiegel, Bild und Handelsblatt in der Einzelanalyse.
Von den deutschen Titeln zählen nur die Holtzbrinck-Formate zu den Gewinnern und RND. Das Handelsblatt bleibt auch dann noch einer der größten Gewinner, wenn man die Zitate vom Tagesspiegel unberücksichtigt lässt.
Die Sonntagszeitungen zählen zu den größten Verlierern, allen voran die Bild am Sonntag. Beide Springer-Sonntagszeitungen wurden 2022 deutlich weniger zitiert mit ihren Inhalten als noch 2021. Die FAZ Sonntagszeitung schafft es gar nicht mehr unter die Top 10 Wochen- und Monatsmedien.
Eine ganze Reihe Regionalmedien und die Verbundtitel gewinnen zunehmend an Wirkungsmacht und Vertrauen, indem sie sich wieder auf die Qualitätskriterien besinnen: Substanz und Tiefe in der Berichterstattung. So gewinnen sie auch das Vertrauen für hochkarätige Politiker und Experteninterviews.
Die Funke Mediengruppe sorgte mit exklusiven Themen für viele Zitate-Anlässe, so Mitte Dezember auch mit dem Interview mit Bundeskanzler Scholz und dessen Plänen, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Der Tagesspiegel legt wieder deutlich zu.
Die Welt rangiert nicht mehr unter den Top 20: Die Springer-Zeitung kommt mit ihrem Postulat, die Medienmarke mit dem größtmöglichen Meinungsspektrum zu sein, im Zitate-Ranking nicht voran, weil nicht Meinungen zitiert werden, sondern dann doch eher nüchterne Fakten und Informationen im Vordergrund stehen.
Die FAZ hat sich 2022 wieder stärker mit Wirtschaftsnachrichten hervorgetan.
Die Hoffnungen von Springer auf Bild TV haben sich nicht erfüllt: Die Zitate sind 2022 sogar gegenüber dem Vorjahr geschrumpft, was inzwischen auch dazu geführt hat, dass Springer aus der großflächigen Live-Berichterstattung im Programm aussteigt.
Das Themenspektrum hat sich 2022 deutlich verbreitert zugunsten von einer stärkeren Bedeutung von Wirtschaftsthemen und Märkten auch wenn der Krieg in der Ukraine und die Folgen eine herausragende Rolle spielte
Der Vertrauensverlust der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten macht sich auch darn bemerkbar, dass sie 2022 deutlich weniger mit ihren Inhalten zitiert wurden. 2021 waren es noch 779 Zitate, 2022 dann nur noch 469.
Die Einordnung von Media Tenor-Gründer Roland Schatz:
"Wieder einmal ist unser Zitate-Ranking ein guter Sensor für die Lage und die Verfassung vieler Medien und Verlagshäuser", erklärt Roland Schatz, Gründer von Media Tenor International. "So haben sich die Umstrukturierungen bei den Sonntagszeitungen nicht wirklich ausgezahlt, zumindest nicht was Qualität und Wirkungsmacht angehen. Bild TV stellt fest, dass eine großflächige Live-Berichterstattung nicht mal eben lohnenswert zu machen ist, wenn über die Inhalte darüber hinaus kaum diskutiert wird und wenn dann nur kritisch. Dagegen stehen mit Funke, Tagesspiegel oder auch Neue Osnabrücker solche Medien gut da, die nicht so sehr auf zugespitzte Schlagzeilen bzw Storys und Clickbaiting setzen, sondern eher nüchtern exklusive Informationen, Fakten und Zusammenhänge recherchieren und die damit das Vertrauen von Politikern oder Experten für Interviews gewinnen können; wie etwa Funke Bundeskanzler Olaf Scholz zur Erhöhung des Renteneintrittsalters, der Tagesspiegel den Virologen Christian Drosten zum Ende der Pandemie und die Neue Osnabrücker Verkehrsminister Volker Wissing zu einer dauerhaften Vereinfachung des Tarifsystems im öffentlichen Nahverkehr."
Top 20 meistzitierte Medien, Januar bis Dezember 2022:
Spiegel 1096 Zitate (Vorjahr: 1164)
Handelsblatt 845 (579)
Bild 792 (861)
New York Times 645 (592)
Bild am Sonntag 632 (767)
Funke Mediengruppe 448 (457)
ZDF 428 (491)
Süddeutsche 423 (509)
Tagesspiegel 403 (304)
CNN 376 (281)
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ARD 363 (430)
FAZ 348 (365)
Financial Times 339 (420)
BBC 332 (317)
Rheinische Post 322 (405)
Wall Street Journal 312 (336)
Washington Post 290 (267)
Welt am Sonntag 272 (354)
RND 258 (im Vorjahr nicht unter den Top 20)
RTL/ntv 234 (293)
Die Methode:
Das Media Tenor-Zitate-Ranking basiert aus Qualitätsgründen seit seiner Gründung 1994 nicht auf computer-unterstützten Analysen. Die tagesaktuelle Erhebung der Medien-Zitate wird von ausgebildeten Analysten vorgenommen. Jeder Beitrag wird von ihnen gelesen bzw im Fernsehen geschaut und jedes Zitat auf seine Relevanz geprüft. Die Media Tenor-Analysten untersuchen, ob eine inhaltliche Rechercheleistung mit dem Zitat verknüpft ist und Nachrichten transportiert werden oder nicht.
Damit ist das Ranking der weltweit einzige Indikator für die investigative Leistung und journalistische Qualität der Redaktionen, die zitiert werden. Zehn Jahre nach Beginn hat Media Tenor dann 2006 weitere qualitative Analysekriterien in die Auswertung aufgenommen, wie die Analyse der Themen, mit denen die Medien zitiert werden. Für Zitate in der Unternehmensberichterstattung wird inzwischen auch die Branche erhoben, auf die sich das Zitat bezieht. Damit gelingt es Media Tenor, die Hintergründe für die Zitate Häufigkeit detailliert darzulegen.
Insgesamt wurden von den Media Tenor Analysten zwischen Januar und Dezember 2022 in den Politik und Wirtschaftsteilen der deutschen Meinungsführermedien alle 22.940 Zitate ausgewertet. Untersucht wurden Berliner Zeitung, Bild Zeitung, Die Welt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Leipziger Volkszeitung, Süddeutsche Zeitung, taz, Tagesspiegel, ARD Tagesschau und Tagesthemen, ZDF Heute und Heute Journal, Fakt, Frontal 21 Kontraste, Monitor, Panorama, Report (BR), Report (SWR), Börse im Ersten, Die Zeit, Focus, Spiegel, Stern, Super Illu Bild am Sonntag, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Welt am Sonntag, Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Capital, Manager Magazin sowie die 7 Uhr Nachrichten des Deutschlandfunks.

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