Burda-Vorstand Philipp Welte äußert sich kritisch zum Aus für 23 Zeitschriften von RTL Deutschland. "Magazine einstellen zu müssen ist Teil unseres Geschäftes. Aber das ist ein Kahlschlag, den es so noch nie gegeben hat", sagt Welte in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit "Ein wichtiger Teil des publizistischen Angebots in Deutschland wird verschwinden. Das schmerzt." Viele der betroffenen Zeitschriften, die ehemals zu Gruner + Jahr gehörten, waren Konkurrenten von Burda-Titeln. "Das fühlt sich an, als würde man für ein Fußballspiel ins Stadion einlaufen, aber die gegnerische Mannschaft verlässt die Arena gerade durch die Hintertür", sagt Welte. "Jetzt ist da plötzlich niemand mehr."
Burda selbst habe indes kein Interesse an bekannten G+J-Marken wie Landlust, Beef und Art angemeldet, die jetzt zum Verkauf stehen.
Burda habe im Jahr 2021 drei Milliarden Euro Umsatz im Konzern erwirtschaftet und davon mehr als 720 Millionen im deutschen Verlagsgeschäft, das auch im sehr schwierigen letzten Jahr profitabel gewesen sei, lenkt Welte im Zeit-Interview den Blick auf sein eigenes Haus. Das publizistische Geschäft sei in seinem Kern gesund, und man habe daneben viele erfolgreiche digitale Geschäfte entwickelt. "Man braucht dafür
aber Resilienz und Nervenstärke", hebt Welte hervor.
Als Götz Hamann und Hannah Knuth den Medienmanager im Zeit-Gespräch daran erinnern, dass ja die wichtigsten Marken des Verlags – der früher Gruner + Jahr hieß und jetzt RTL – doch bestehen blieben: In den stern sollen bis zu 30 Millionen Euro investiert werden, liefert Welte eine düstere Antwort:
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"Bleibt zu hoffen! Wir müssen jetzt dafür Sorge tragen, dass nicht die ganze Branche in dieser morbiden Finsternis verschwindet, die Gruner umgibt."
Welte, der auch Vorstandsvorsitzender des Medienverbands der freien Presse ist, sorgt sich vor allem um viele kleine und mittelständische Verlage: "Es ist eine harte Zeit, und wenn die Rahmenbedingungen so bleiben, kann bis zu einem Drittel der Magazine in den kommenden Jahren die Luft ausgehen." Schon in diesem Jahr werden aus Sicht von Welte, der Chef des Medienverbands der freien Presse (ehemals VDZ) ist, Zeitschriftentitel verschwinden. Einfach weil sie nicht mehr wirtschaftlich seiein.
Im vergangenen Herbst habe die reine Produktion einer Zeitschrift allein durch die gestiegenen Energiekosten fünfmal so viel gekostet wie im Jahr zuvor. Gleichzeitig seien die Papierpreise explodiert – auch weil Papierfabriken inzwischen lieber Kartons für den Online-Handel herstellten als grafisches Papier für den Druck.
Welte betont, dass die Branche seit drei Jahrzehnten in die digitale Transformation investiere. Das koste aber kontinuierlich Millionen von Euro. Viele Verlage erreichten durch die rasche Folge von Krisen die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Kräfte. Im Gegensatz zu den Verlagen seien die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF ein "überdüngtes, bürokratisches System".
Deshalb wirbt Welte in seiner Rolle für staatliche Hilfen für Verlage, die sich an der Auflage orientieren: "Wenn der Staat aber ein Interesse daran hat, die einzigartige Vielfalt unserer Presselandschaft auch in der digitalen Welt zu erhalten, dann sollte er sich Fördermöglichkeiten überlegen, um Verlage in ihrer Transformation zu unterstützen."

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