Das Medienjahr 2011 - Digitalisierung ohne Vorbehalt

Die letzte der großen Fragen, die wir zumindest überwiegend ungelöst ins Jahr 2011 transferiert haben, ist die nach einer wirksamen Digitalisierung. Dazu gehören eine Reihe von Komponenten: Wir müssen (erstens) die Versprechen der Hersteller und Händler einlösen - auf Fernsehgeräten, auf denen beim Kauf "HD ready" stand, muss nun endlich auch ein großer Anteil HDTV drin sein. Gleichzeitig sollten alle Beteiligten mit dem Versprechen "3DTV" vorsichtig sein - 3D-Fernsehen wird aufgrund hoher Produktionskosten in naher Zukunft allenfalls punktuell eine Rolle spielen.

30. Dezember 2010 um 12:30

Werner Lauff

Die letzte der großen Fragen, die wir zumindest überwiegend ungelöst ins Jahr 2011 transferiert haben, ist die nach einer wirksamen Digitalisierung. Dazu gehören eine Reihe von Komponenten: Wir müssen (erstens) die Versprechen der Hersteller und Händler einlösen - auf Fernsehgeräten, auf denen beim Kauf "HD ready" stand, muss nun endlich auch ein großer Anteil HDTV drin sein. Gleichzeitig sollten alle Beteiligten mit dem Versprechen "3DTV" vorsichtig sein - 3D-Fernsehen wird aufgrund hoher Produktionskosten in naher Zukunft allenfalls punktuell eine Rolle spielen.

Wir müssen (zweitens) den Anforderungen der Sender nach wirksamem Signal- und Kopierschutz Rechnung tragen; wir können von ihnen nicht verlangen, sich einflusslos neuen Techniken wie etwa dem ad skipping zu unterwerfen. Wir müssen (drittens) eine breite Basis für spontanes Pay-TV schaffen; dazu gehört, dass die Entscheidung für Sky, HD+ oder ein Kabelpaket nicht die Anschaffung neuer Boxen oder Fernseher erfordern darf.

Wir müssen (viertens) das um Internetfunktionen ergänzte Fernsehen nach dem HbbTV-Standard so einführen, dass der Konsument sicher sein kann, in eine Zukunftstechnik zu investieren. Wir müssen (fünftens) bei all dem darauf achten, dass Plattformen diskriminierungsfrei allen Sendern, insbesondere auch kleinen und neuen Digitalsendern, zur Verfügung stehen. Nur wenn diese Kriterien kumulativ erfüllt sind, wird die Digitalisierung ohne Vorbehalt der Sender, Netzbetreiber, Endgerätehersteller und Nutzer Erfolg haben. HD+ hat im Jahr 2010 zu einigen dieser Themen wichtige Dienste geleistet. Damit hat der Satellitenbetreiber einen nicht ganz ungefährlichen Rollenwechsel vollzogen. Aus Sicht der Zuschauer war der Satellit ja bislang so etwas wie ein Wohltäter. Er war kostenlos und funktionierte ohne Voraussetzungen und insbesondere ohne Smartcard. Jetzt errichtete die SES mit HD+ plötzlich ein Kassenhäuschen, musste Bedingungen erklären und so etwas wie einen Vorzeichenwechsel begründen. Glücklicherweise haben die Sender und der Handel ihren Teil der Vereinbarung eingehalten. Die nächste Herausforderung ist die Abschaltung des analogen Satelliten im Jahr 2012. Auch hier sieht es im Moment erfreulicherweise nach einer ertragreichen Zusammenarbeit aller Beteiligten aus. Der große Schub auch für neue Inhalte entsteht allerdings erst, wenn auch die Digitalisierungsquote beim Kabel steigt. Doch hier ist nach wie vor keine Bewegung zu spüren. Im Gegenteil: Die Wohnungswirtschaft verlangt, die analogen Signale weiter zu verbreiten. Und die Kabelnetzbetreiber setzen ohnehin den Schwerpunkt auf sehr schnellen Internet-Zugang und das berühmte triple play aus Fernsehen, Internet und Telefonie.   Die sechs Grundsatzfragen

  • Wie gehen wir mit Gesundheitsrisiken bei Fernsehshows um?
  • Akzeptieren wir künftig weiterhin Schleichwerbung?
  • Kann man das frostige Verhältnis von ARD und ZDF zu den privaten Medien verbessern?
  • Wie sehr nutzen, wie sehr bekämpfen wir  Apple, Google und Facebook? Schaffen es die Zeitungen, ihre Zukunft zu definieren?
  • Und: Bekommen wir eine Digitalisierung hin, die endlich ohne Vorbehalte verwirklicht werden kann?

Wer diese sechs Fragen Revue passieren lässt, die wir im Jahr 2011 beantworten müssen, weil wir das 2009 und 2010 noch nicht geschafft haben, dem fällt auf, dass alle diese Themen etwas mit grundsätzlichen Haltungen zu tun haben. Teils geht es um Ethik, teils um langfristig wirksame strategische Entscheidungen, die erhebliche Wirkungen entfalten. In die Kategorie Tagespolitik fällt nichts davon. Es ist zu hoffen, dass es der Branche gelingt, die nötigen Freiräume zu finden, die man für weise Entscheidungen braucht. Wenn es gelingt, kommen wir 2011 einen großen Schritt nach vorn. Werner Lauff (www.lauff.org) Hier geht's zu den Teilen 1 und 2 des Gastbeitrags von Werner Lauff.

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