Marie-Charlotte Maas | 30. Oktober 2015 um 11:47
Frank Überall
Der Kölner Journalist und Professor Frank Überall will die Nachfolge des scheidenden DJV-Vorsitzenden Michael Konken antreten. Frank Überall ist sehr beschäftigt in diesen Tagen, das Telefon steht nicht still, alle wollen wissen "Wieso, weshalb, warum? Und wie siehst du deine Chancen?" und dann ist da ja auch noch seine Arbeit als Rathaus- und Politikreporter, die ihn gerade jetzt, nach dem Attentat auf Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, fordert. Aber wenn man ihn erreicht, nimmt er sich Zeit. Geduldig erklärt er die Beweggründe für seine Kandidatur um den Vorsitz des DJV und gerät nebenbei ins Schwärmen über den - für ihn immer noch - schönsten Beruf der Welt. Dr. Frank Überall, freier Journalist und Professor an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln will Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes werden. Am kommenden Montag tritt er gegen den Berliner Alexander Fritsch (kress.de-Porträt) an. 300 Delegierte entscheiden dann, wem sie ihre Stimme und ihr Vertrauen schenken.
Wie schätzt er seine Chancen ein? "Ich bin kein Typ der wettet, allenfalls mal um eine Tüte Gummibärchen", wiegelt er ab. Dann doch: "Sagen wir mal so: Wenn ich mich als chancenloser Außenseiter sähe, würde ich nicht antreten." Schüchtern ist Frank Überall wahrlich nicht. "Ich bin kein Leisetreter", sagt er über sich selbst, "erst wenn es richtig kontrovers wird, blühe ich auf." Auf der großen Bühne zu stehen, ob als politischer Kommentator beim Privatsender n-tv oder als Studiogast beim SWR2 Forum, liegt ihm. Geboren wurde er vor 44 Jahren in Leverkusen, doch aufgewachsen ist er in Köln, wo er auch heute noch lebt. Sein Herz schlägt für das Rheinland. Dass er als Vorsitzender viel reisen müsste, hat der amtierende Schatzmeister des DJV bereits eingeplant. Seine beiden Kinder, 15 und 17 Jahre alt, und seine Lebensgefährtin haben den Plan abgesegnet. Auch seine Arbeitgeber hat Frank Überall bereits prophylaktisch informiert und alle Moderationsanfragen und Veranstaltungen für die kommenden Monate vorerst abgesagt.
Sollten sich die Stimmberechtigten für ihn entscheiden, wird er seine journalistische Tätigkeit einschränken - "einschränken müssen, mit einem weinenden Auge", sagt er - das Ehrenamt im DJV, für das er eine Aufwandentschädigung bekommen würde, lässt diese Arbeit zeitlich nicht mehr zu. Die Professur, eine 50 Prozentstelle mit neun Stunden Lehrverpflichtungen in der Woche, wird er behalten. Und er will versuchen weiterhin lange Radiofeatures zu machen. Arbeiten für die er mehr Vorbereitungszeit hat und dessen Recherchen er vielleicht sogar mit seinen Reisen für den DJV verbinden kann. Ganz ohne die journalistische Arbeit zu leben, dass kann sich Frank Überall wahrlich nicht vorstellen. Klingt nach einem vollen Terminkalender und es ist genau das, was Frank Überall mag. "Ich langweile mich schnell, lange Ruhezeiten machen mich nervös", gibt er zu. Seit er 17 Jahre alt ist, arbeitet er als Journalist. Zunächst für das Anzeigenblatt des Kölner Wochenspiegels, dann beim WDR und der ARD. Von Radio und Fernsehen über Zeitung, bis hin zum Onlinejournalismus hat der studierte Politikwissenschaftler alles gemacht und seit seiner Promotion über den "Kölner Klüngel" gibt er als Dozent sein Wissen auch an Nachwuchsjournalisten weiter. "Ich habe mich auch mal als Eisverkäufer versucht und als Kellner, aber schnell gemerkt, dass ich besser mit dem Geld verdiene, das ich wirklich kann", sagt er lachend.
Sollte er gewählt werden, hat Frank Überall selbstverständlich schon ein paar Punkte auf der Agenda. Er will vieles anders machen als der aktuelle Vorsitzende Michael Konken, den er, das betont er gegenüber kress.de - sehr schätzt. "Ich will deutlicher und lauter werden. Ich will und werde sagen was hierzulande in unserer Branche schief läuft."
Eines der Themen, die ihn bewegen, ist die Bezahlung von Journalisten. "Faire und anständige Arbeitsbedingungen sind wichtig. Ich möchte, dass ein Journalist gut von seiner Arbeit leben kann und dass ein sehr guter Journalist sehr gut von seiner Arbeit leben kann. Ich verlange von den Verlagen mehr Wertschätzung für unsere Arbeit - wir sind keine billigen Content-Schubser, doch wenn man uns so behandelt und auch so bezahlt, werden die Verantwortlichen sehen, was sie am Ende davon haben: Nämlich den schlechten Journalismus, den sie verdienen. Wer hochqualifizierte Mitarbeiter haben möchte, muss sie auch dementsprechend bezahlen." Frank Überall hat viel vor. Der kommende Montag wird zeigen, ob er seine Ideen umsetzen kann. "Wenn ich nicht gewählt werde, habe ich einige andere schöne Projekte, auf die ich mich freue", sagt er. Es klingt nicht so, als habe er ernsthaft vor, diese Alternativen in Anspruch zu nehmen.
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