2. November 2015 um 17:49
Die Männer des Tages: Frank Überall (links im Bild) und Alexander Fritsch (Foto: BJV/Silvio Wyszengrad)
Überall und Fritsch in der Fragerunde (Foto: kress)
Der "Ehren-Konkren" (Foto: kress)
Der langjährige Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Michael Konken, ist verabschiedet, die Gemeinde Konken furchtbar stolz. Frank Überall ist der Gewinner des Tages. Und der handgemachte Stimmzettel hilft bei Computer-Krisen. Chaos beim DJV-Verbandstag in Fulda: Nur mit Mühe haben die bald 300 Delegierten Frank Überall am Montag zum Nachfolger des ausgeschiedenen Vorsitzenden Michael Konken wählen können. Grund waren Probleme mit dem Wahlcomputer, so dass die Abstimmung dann konventionell auf Papier stattfand. Am Ende setzte sich der bisherige DJV-Schatzmeister Überall gegen den Berliner Alexander Fritsch und den früheren Landesvorsitzenden Hans Werner Conen durch. Der neue Chef des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) kündigte an, sich für den Erhalt des Flächentarifvertrags einzusetzen und sich stärker den Belangen freier Journalisten zuzuwenden, deren Zahl als Folge der Medienkrise kräftig gestiegen ist. In mehreren Resolutionen forderte der Verbandstag von den Verlegern Tariftreue und einen besseren Schutz von Journalisten vor Angriffen von Rechtsextremisten. Überall, der freier Journalist und Hochschullehrer ist, war bislang Schatzmeister der mit rund 36.000 Mitgliedern größten deutschen Journalisten-Gewerkschaft. Er erhielt bei der Wahl 130 von 269 abgegebenen Stimmen. Für Fritsch, der ebenfalls als freier Journalist arbeitet, sprachen sich 118 Delegierte aus. Conen, der zudem seine Kandidatur für sämtliche Vorstandsposten angemeldet hatte, erhielt keine Stimme. 21 Delegierte stimmten für keinen der drei Kandidaten. Zunächst war die Wahl des Konken-Nachfolgers mit Hilfe einer Abstimmungsmaschine geplant. Da mehrere Delegierte trotz mehrerer Durchgänge keine Rückmeldung für ihre Stimmabgabe erhalten und mit der Anfechtung der Wahl gedroht hatte, brach die Tagungsleitung den Wahlvorgang und setzte eine konventionelle Wahl mit Hilfe von Stimmzetteln an, die von der Zählkommission dann zeitraubend von Hand ausgezählt werden mussten. Der neue DJV-Vorsitzende kündigte einen entschiedenen Kampf für die Erhaltung von Flächentarifverträgen an. Außerdem müsse der DJV dem Wandel der Mitgliedschaft Rechnung zu tragen und mehr für die Freien tun, sagte Überall in der zum Teil kontroversen Personaldebatte. Der Verband müsse mehr für die Zusammenführung der vereinzelten Mitarbeiter der Medien tun. Zugleich äußerte er Zweifel am Vorstoß seines Vorgängers für eine Haushaltsabgabe für Zeitungen. Überall zeigte er sich bemüht, Befürchtungen vor einer Zentralisierung zu zerstreuen. "Wir sind nicht das Zentralkomitee, und werden es auch in Zukunft nicht sein." Auch Überall warb dafür, die innergewerkschaftlichen Rivalitäten zu beenden und den Schulterschluss zu versuchen. Diese Aufgabe werde nicht immer einfach sein. "Das ist nicht immer Ponyhof", sagte Überall.
Kathrin Konyen wurde zur stellvertretenden DJV-Bundesvorsitzenden gewählt. Ihr Kernanliegen ist die Verbesserung der journalistischen Ausbildung. Die freie Journalistin gehörte bereits dem letzten DJV-Bundesvorstand an. Zweiter Stellvertreter wurde der Zeitungsredakteur Wolfgang Grebenhof. Er will sich auch weiterhin für gesicherte tarifliche Arbeitsverhältnisse von Redakteurinnen und Redakteuren einsetzen.
Schatzmeisterin wurde die freie Journalistin Katrin Kroemer aus Nordrhein-Westfalen. Der freie Journalist Peter Jebsen aus Hamburg wurde als Beisitzer in seinem Amt bestätigt. Neu in den DJV-Bundesvorstand zogen als Beisitzer die Hörfunkredakteurin Sabine Prokscha aus Bayern und der Zeitungsredakteur Christoph Holbein aus Baden-Württemberg ein.
Am Vormittag hatten die Delegierten des DJV-Verbandstag den langjährigen Vorsitzenden Konken verabschiedet. Konken habe den Journalisten-Verband vorangebracht, sagte seine Stellvertreterin Ulrike Kaiser, die nach fast vier Jahrzehnten Verbandsarbeit nicht wieder kandidiert hatte.. Konken habe mit dem Engagement für den Deutschen Journalisten-Verband (DJV) auch für seine Nachfolger Maßstäbe gesetzt, sagte die ebenfalls nicht wieder antretende Stellvertreterin Ulrike Kaiser auf dem DJV- Verbandstag am Montag in Fulda. In den zwölf Jahren an der Spitze der größten deutschen Journalisten-Gewerkschaft habe er den DJV durch schweres Fahrwasser geführt. "Du hast Deine Kraft eingesetzt, dass gewisse Dunkelmänner dem DJV nicht schaden konnten", ergänzte Kaiser, ohne in Einzelheiten zu gehen. Die Gemeinde Konken an der Grenze zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz zeichnete den früheren DJV-Chef mit einem "Ehren-Konken" aus. Die Debatte über die Struktur des DJV wurde auf Dienstag vertagt, weil ein entsprechendes Papier den Delegierten erst am Vormittag vorlag. Darin heißt es unter anderem, der Verband müsse effektiver werden, um den Erwartungen der Mitglieder zu entsprechen. Damit solle auch der schwieriger gewordenen Finanzlage der Landesverbände Rechnung getragen, die unter Mitgliederschwund litten. Mit großer Mehrheit forderten die Delegierten den Staat auf, Journalisten wirksamer vor Angriffen von Rechtsextremisten zu schützen. Die dauernden "Lügenpresse"-Rufe auf den Pegida-Demonstrationen heizten die Stimmung an. Übergriffe auf Berichterstatter seien die Folge. Wer Journalisten in ihrer Arbeit hindere verstoße gegen das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit und beschädige den Kern der Demokratie. von Volker Warkentin
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