Markus Wiegand | 2. Juni 2016 um 11:57
"kress pro"-Chefredakteur Markus Wiegand
Seit 2008 gehört die "Süddeutsche" mehrheitlich zur Südwestdeutschen Medienholding (SWMH), deren wichtigster Anteilseigner die Verlegerfamilie Schaub (u. a. "Rheinpfalz") mit 47,5 Prozent ist. Ebenso viele Anteile hält eine Gruppe württembergischer Verleger mit dem Ulmer Eberhard Ebner an der Spitze. Vor allem die Schaubs lehnen seit Jahren jede Form der Öffentlichkeit für sich ab. Auch bei der SWMH selbst nimmt die Vermeidung von Transparenz kuriose Ausformungen an, konnte "kress pro" bei den Recherchen zur Titelgeschichte feststellen. So werden den Klein-Gesellschaftern detaillierte Informationen zum Geschäftsgang vorenthalten. Selbst die dünnen Präsentationen bei den Gesellschafterversammlungen wurden den eigenen Besitzern jahrelang nicht mitgegeben. Bei der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" werden Mitarbeiter mit dem Verweis auf wirtschaftliche Gründe rausgeschmissen - ohne zahlenmäßige Belege dafür zu liefern. Mancher wird jetzt vielleicht einwenden, dass die SWMH ein Privatunternehmen ist und dass es nicht die Spur eines Anlasses gibt, die Öffentlichkeit mit aktuellen Zahlen zu versorgen. Das ist richtig. Und wenn die SWMH dick im Geschäft wäre mit Schokoriegeln, Windeln oder beleuchtbaren Außenspiegeln, würden wir diese Zeilen nicht schreiben. Die SWMH ist mit dem Großteil ihres Umsatzes aber dick im Geschäft mit Zeitungen, die den Anspruch vor sich hertragen, Öffentlichkeit herzustellen, um Gesellschaft und Demokratie am Laufen zu halten. Die "SZ" etwa positioniert sich bewusst als investigatives Blatt, als Wachhund von Politik und Wirtschaft. Daraus erwächst für die SWMH die Pflicht, ein Vorbild in Fragen der Transparenz zu sein und mindestens die eigenen Gesellschafter und Mitarbeiter korrekt zu informieren. Aber es geht um mehr als nackte Zahlen. Wer mit einer Zeitung den Anspruch hat, die halbe Welt von Putin bis zum isländischen Regierungschef vor sich herzujagen, der sollte sich selbst als Eigner die Frage gefallen lassen, wo er eigentlich politisch steht. Die Großaktionäre ziehen es aber seit Jahren vor, lieber abzutauchen. Als Verleger einer Zeitung sollte man sich nicht im Glanz seiner Marke sonnen, die Gewinne einstreichen und sagen: Der Rest geht mich nichts an. Es gäbe da natürlich eine Alternative, die reizvoll ist. Unter jeden investigativen Artikel, den die "SZ" publiziert, könnte man bei Bedarf den Zusatz setzen: "Die Eigner dieser Zeitung übrigens finden, dass derartige Dinge nicht publiziert werden sollten." Die Redaktionsspitze der "SZ" hat den Herausgeberrat der "Süddeutschen Zeitung" rund eine Woche vor dem Panama-Papers-Scoop informiert. Eigentlich hätte Thomas Schaub als Vertreter des wichtigsten Anteilseigners sagen müssen: "Lassen Sie das alles bleiben. Solange die Menschen ihr Geld legal in Sicherheit bringen, geht das keinen etwas an." Die Verschwiegenheit der "SZ"-Eigentümer hat allerdings auch etwas Gutes: Sonst hätten wir jetzt keine Titelgeschichte. Ab Seite 14 können Sie lesen, wie es bei der Südwestdeutschen Medienholding und der "Süddeutschen" wirtschaftlich so läuft und wie es dort sonst zugeht. kress.de-Tipp: "Stresstest für Rebmann" ist die Titelgeschichte im aktuellen "kress pro", das wie kress.de im Medienfachverlag Oberauer erscheint. Die "kress pro"-Ausgabe kann hier im Newsroom.de-Shop bestellt werden. Zum Abo geht es hier entlang.
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