Bülend Ürük | 17. Juli 2016 um 14:08
Aydin Dogan, Verleger von "Hürriyet".
Die türkischen Medien kennen seit Freitagabend nur ein Thema - der versuchte Militärputsch bietet auch am Sonntag viel Gesprächsstoff. Jetzt hat sich auch Aydin Dogan, Eigentümer der Dogan Holding und Partner unter anderem von Axel Springer SE und Hubert Burda Media, zu den Unruhen im Land geäußert. Aydin Dogan verurteilt Putschversuch scharf Dogan verurteilt die Pläne von Teilen des Militärs scharf. "Es war ein bösartiger Angriff auf Staat, Nation und Demokratie", sagte Dogan, dessen Stellungnahme von seinem eigenen Sender CNN Türk und auf den Titelseiten seiner Zeitungen "Hürriyet" und "Posta" verbreitet wurden und die KRESS ebenfalls vorliegt. Dogan fügte hinzu, dass es nun "unsere Aufgabe" sei, sich für die Demokratie zu engagieren - über alle politischen Differenzen hinweg. Der 15. Juli werde in die Geschichte als Feiertag eingehen, als Tag, an dem ein Putsch abgewendet wurde. Dennoch bleibe der 15. Juli auch ein Tag der Trauer, weil viele Menschen ihre Leben verloren haben. Die allgemeine Trauer und Wut im Land, die Ratlosigkeit darüber, was als nächstes kommen könnte, hindert der Regierung nahe stehende Medien nicht daran, Verleger Dogan, früher mit "Hürriyet" auch Mitglied im Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, wird dabei von den Blättern "Takvim" und "Yeni Akit" massiv angegangen, sich von Journalisten zu trennen, die angeblich eine enge Verbindung zu dem in den USA lebenden Prediger Fethulla Gülen unterhalten, der als Erzfeind des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayip Erdogan gilt. Pressefreiheit: Türkei auf Platz 151 von 180 Schon heute steht die Türkei auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 151 von 180 Staaten. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" hat am Wochenende das Vorgehen der Putschisten in der Türkei gegen mehrere Medien, unter anderem dem Staatssender TRT und dem sich in Besitz von Aydin Dogan befindlichen Nachrichtenkanal CNN Türk, verurteilt. "Die führenden türkischen Nachrichtenmedien haben während des versuchten Putschs ebenso wie wie viele mutige Bürger gezeigt, dass sie auf der Seite der Demokratie stehen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die türkische Regierung sollte dies sorgsam registrieren und aufhören, kritische Journalisten als Verräter und Terroristen zu behandeln. Die tiefe Spaltung der türkischen Gesellschaft wird sich nur überwinden lassen, wenn dabei Grundrechte wie die Pressefreiheit respektiert werden." In der Nacht auf Samstag hatten aufständische Soldaten gegen Mitternacht die Studios der staatlichen Rundfunkanstalt TRT gestürmt. Sie zwangen die Moderatorin Tijen Karas, eine Erklärung der Putschistenführung zu verlesen, und unterbrachen dann das Programm. Auch der Sitz der kemalistischen Dogan-Mediengruppe in Istanbul wurde von Soldaten gestürmt; zu ihr gehören wichtige Medien wie die Fernsehsender CNN Türk und Kanal D sowie die Tageszeitung Hürriyet. Nach heftigen Wortwechseln mit den Soldaten wurden die Journalisten mit vorgehaltenen Waffen gezwungen, ihre Redaktionen zu verlassen, und der Sendebetrieb wurde eingestellt. Angriff auf Digiturk Ähnliche Szenen spielten sich beim Satelliten- und Kabelfernsehanbieter Digiturk ab. Die Polizei brachte anschließend alle besetzten Medienhäuser unter ihre Kontrolle, verhaftete die aufständischen Soldaten dort und ließ die Journalisten und Mitarbeiter an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Der Fotograf Mustafa Cambaz von der Zeitung "Yeni Safak" wurde von Soldaten erschossen, die auf eine Menschenmenge in Istanbul feuerten. Zuvor hatte er per Twitter zum Protest gegen den Putschversuch aufgerufen. Selcuk Samiloglu, Istanbul-Korrespondent der Zeitung "Hürriyet", und CNN-Türk-Reporter Kenan Sener in Ankara wurden von Regierungsanhängern angegriffen, die sie offenbar wegen der kemalistischen Ausrichtung ihrer Medien als vermeintliche Putsch-Sympathisanten verdächtigten. Samiloglu musste anschließend im Krankenhaus behandelt werden und berichtete laut "Reporter ohne Grenzen", er wäre beinahe von einer Brücke geworfen worden. Ministerpräsident Binali Yildirim entschuldigte sich am Samstag bei den Medien für derartige Zwischenfälle und sagte, die Demonstranten hätten unter Stress und starken Emotionen gehandelt. DJV pocht auf Einhaltung der Presse- und Meinungsfreiheit Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Bundesregierung auf, nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei gegenüber dem türkischen Präsidenten auf die Einhaltung der Presse- und Meinungsfreiheit zu pochen. DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall begrüßt die Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Samstag sagte, Deutschland stehe "an der Seite all derjenigen in der Türkei, die die Demokratie und Rechtsstaat verteidigen". Überall: "Das sind in erster Linie die Journalisten, die sich seit Jahren für das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen." Es sei jedoch zu befürchten, dass die türkischen Journalisten jetzt unter noch stärkeren Druck geraten könnten, wenn Erdogan mit harter Hand nicht nur gegen tatsächliche oder vermeintliche Terrorunterstützer und Beleidiger vorgeht, sondern auch gegen angebliche Unterstützer des Putsches in den Redaktionen. Prof. Überall: "Wenn das jetzt der Durchmarsch zur Präsidialdiktatur wird, darf die Bundesregierung nicht tatenlos zusehen." Hintergrund Dogan Holding Die Dogan Holding engagiert sich unter anderem in den Bereichen Medien, Energiesektor, Handel und Industrie. Zu dem Industriekonglomerat gehören unter anderem die landesweit erscheinenden Zeitungen "Hürriyet", "Posta", die Sportzeitung "Fanatik", die englischsprachigen "Hürriyet Daily News", die Nachrichtenagentur Dogan Haber Ajansi (DHA), die Fernsehsender Kanal D, CNN Türk, tv2, Dream TV, die Radiosender Radio D, Slow Türk, CNN Türk Radio, die Pay-TV-Platform D-Smart sowie verschiedene Online-Plattformen. Axel Springer und die Dogan Holding sind strategische Partner, Springer ist Minderheitsgesellschafter bei Dogan TV, in dem die TV- und Radioaktivitäten der Dogan Medienholding gebündelt werden. Auch mit Hubert Burda Media besteht eine strategische Kooperation. Dogan Burda gilt als größtes Zeitschriftenhaus im Land über 90 Zeitschriften im Portfolio. In Mörfelden-Walldorf in der Nähe von Frankfurt am Main betreibt das Unternehmen ein großes Druckzentrum, in dem unter anderem Teile von "Bild" oder dem "Wall Street Journal" hergestellt werden.
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