Rufschädigung des Berufsstands: PR-Rat rügt Agentur Storymachine

Im Fall des "Heinsberg-Protokolls" hat der PR-Rat die Agentur Storymachine von Kai Diekmann, Philipp Jessen und Michael Mronz gerügt. Die Ethikwächter sehen eine "Rufschädigung des Berufsstands durch unprofessionelles Verhalten". Wie Storymachine-Anwalt Christian Schertz reagiert, berichtet der PR Report.

Daniel Neuen | 4. Juni 2020 um 13:18

Kai Diekmann, Mitgründer der PR-Agentur Storymachine

Der DRPR, ein Selbstkontrollorgan der Kommunikationsbranche, befasste sich seit Mitte April mit der Angelegenheit. Damals sagte der Rats-Vorsitzende Lars Rademacher: "Wir untersuchen den Verdacht, ob Verstöße gegen das Transparenzgebot des Kommunikationskodexes vorliegen. Es gibt viele Fragezeichen in Bezug auf die rechtzeitige Offenlegung der Arbeit von Storymachine, beispielsweise in Form eines ordnungsgemäßen Impressums auf dem Twitter-Profil ,Heinsberg Protokoll', sowie in Bezug auf die rechtzeitige Offenlegung der Finanziers der Arbeit von Storymachine. Wir prüfen unter anderem, wie zu bewerten ist, dass die diesbezüglichen Informationen scheibchenweise erst im Nachhinein veröffentlicht worden sind." Der Freispruch

Nach Abschluss seiner Untersuchung sieht der Rat nun keine Verletzung des Transparenzgebots: Die entsprechenden Profile auf Twitter und Facebook seien gekennzeichnet gewesen - zu Beginn im Impressum und ab dem 12. April 2020 auch in Verbindung mit den einzelnen Posts, wie es im Beschluss des Rats heißt: "Spätestens ab diesem Zeitpunkt war dann, wie in der DRPR-Online-Richtlinie gefordert, auch für ungeübte User der Absender erkennbar."
 
Die Beteiligung der Unternehmen Deutsche Glasfaser und Gries Deco als Sponsoren der Arbeit von Storymachine sei im Rahmen eines Interviews am 09. April 2020 zuerst anonym und am 12. April 2020 via Twitter mit Namen bekannt gemacht geworden. 
 
Laut DRPR hätten sich der Virologe Hendrik Streeck und die Universität Bonn zu dem Verfahren nicht geäußert. Storymachine habe die Vorwürfe des intransparenten Vorgehens in seiner Stellungnahme zurückgewiesen. 
 
Das hatte der von der Agentur beauftragte Anwalt Christian Schertz bereits Mitte April auf Anfrage des PR Reports getan: "Die Umsetzung des Heinsberg Protokolls und Begleitung durch meine Mandanten ist nicht zu beanstanden. Auch Verstöße gegen das Transparenzgebot des Kommunikationskodexes sind nicht im Ansatz erkennbar." Außerdem erklärte Schertz damals, "dass es sich bei meiner Mandantschaft nicht um eine PR-Agentur handelt. Sie unterliegt damit auch nicht diesbezüglichen Selbstverpflichtungen des Kommunikationskodexes des Deutschen PR-Rates".
 
Die Rüge

Indes rügt der Rat Storymachine wegen angeblicher "Rufschädigung des Berufsstands durch unprofessionelles Verhalten". Es sei "leichtfertig und unprofessionell agiert worden" und "zu einer nachhaltigen Verunsicherung der Öffentlichkeit beigetragen worden".
 
In seiner Begründung teilte der DRPR mit: "Die kommunikative Aufgabe bei der Veröffentlichung der Studie lag aus Sicht des Rates darin, die Studienergebnisse möglichst neutral zu vermitteln. Doch stattdessen vermittelt das von Storymachine entwickelte und vorab an potenzielle Sponsoren verschickte Dokumentationskonzept den Eindruck, dass es sich hier um eine Maßnahme handelte, bei der ein vorformuliertes Narrativ in der Öffentlichkeit gesetzt werden sollte. Dadurch entstand der Eindruck einer manipulativen Darstellung, die ein überwunden geglaubtes Negativbild von PR und Kommunikationsmanagement bedient. Der dann entstandene kommunikative Verlauf war aus professioneller Sicht vorhersehbar und in der sensiblen Corona-Gesamtsituation schädlich." Damit spielt der Rat wohl auf ein Konzept an, über das "Capital" berichtet hatte.
 
Ob und wie die Politik und andere Interessensgruppen einbezogen waren, habe der Rat nicht klären können und "spielt hier auch keine Rolle". Die Reaktion von Storymachine

Laut Storymachine-Anwalt Christian Schertz ist die Agentur nur zu dem Vorwurf der Intransparenz bei der Absenderkennzeichnung und der Sponsorennennung angehört worden: "Umso befremdlicher ist es, dass der PR-Rat jetzt einen Punkt rügt, zu dem Storymachine im Verfahren überhaupt nicht angehört wurde." Das habe mit einem fairen Verfahren nichts zu tun, zumal Storymachine in seiner Stellungnahme im Verfahren gegenüber dem deutschen PR-Rat ausdrücklich angeboten hat, zu etwaigen noch offenen Fragen selbstverständlich Auskunft zu geben.
 
Weiter teilte Schertz gegenüber dem PR Report mit: "Der nunmehr plötzlich vom PR-Rat erhobene neue Vorwurf, dass das Dokumentationskonzept von Storymachine den Eindruck erwecke, dass es sich hier um eine Maßnahme handele, bei der ein vorformuliertes Narrativ in der Öffentlichkeit gesetzt werden soll, ist ebenso nicht begründet. Wir werden daher auch Rechtsmittel gegen den PR-Ratsbeschluss sowie weitere rechtliche Schritte gegen unwahre Verlautbarungen des PR-Rats im Vorfeld des Verfahrens in den Medien prüfen." Hintergrund: Der PR Report erscheint wie kress.de im Medienfachverlag Oberauer. Chefredakteur ist Daniel Neuen. Den aktuellen PR Report (Titel: "Der große Wandel kommt erst noch") können Sie unserem Shop kaufen.

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