Rupert Sommer | 10. Februar 2021 um 19:37
"Ich war von der Idee begeistert": Rainer Esser (Foto: Martina von Kann)
kress.de: Herr Esser, zunächst einmal die Frage, wie es Ihnen geht und wie Sie selbst mit etwaigen Anflügen von Lockdown-, möglicherweise sogar hartem Homeoffice-Koller zurückrechtkommen? Rainer Esser: Ich laufe täglich einmal um die Alster, um dem Lockdown-Koller zu entkommen. Das funktioniert bisher sehr gut! kress.de: Sie sind selbst Familienvater, viele Ihrer Zeit-Kollegen mit Sicherheit ja auch. Wie hat sich im Verlag das Stimmungsbild ergeben, dass man Homeschooling-geplagte Schüler in Deutschland mit einem kostenfreien Die Zeit-Abo glücklich machen kann? Rainer Esser: Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zeit Verlagsgruppe sind Mütter und Väter von Schulkindern – sie wissen um die Herausforderungen von Homeschooling und Schulschließungen. Also haben wir uns gefragt, wie wir in dieser Krise einen Beitrag für Schülerinnen und Schüler leisten können. Ein Kollege hat mir die Idee präsentiert, ich war direkt davon begeistert. Und als wir in großer Runde, mit allen Verantwortlichen aus Chefredaktion und Geschäftsleitung, darüber diskutiert haben, waren wir uns auch hier schnell einig: Wir möchten Schülern die Möglichkeit schenken, sich ohne Einschränkung über das Weltgeschehen zu informieren.
"Die Corona-Updates im Fernsehen, in den Mediatheken und in den sozialen Netzwerken sind informativ und aufschlussreich – können aber auch schnell anstrengend werden."
kress.de: Für viele Mitbürger sind die sozialen Netzwerke und das Dauer-Streaming aktuell ja offenbar die wichtigsten verbliebenen Fenster raus in die weite Welt. Wie kann ein Lese-Erlebnis damit überhaupt konkurrieren? Rainer Esser: Die Corona-Updates im Fernsehen, in den Mediatheken und in den sozialen Netzwerken sind informativ und aufschlussreich – können aber auch schnell anstrengend werden, wenn eine Hiobsbotschaft die nächste jagt und nur noch negative Nachrichten auf einen einprasseln. Ein gutes Lese-Erlebnis setzt dazu einen Kontrapunkt: Es bietet Leserinnen und Lesern die Möglichkeit, sich zurückzulehnen und ganz tief in eine Geschichte einzutauchen. Nehmen Sie unsere neue Titelgeschichte "Die Kraft der Zuversicht". Dieses Thema ist aktuell und relevant, bietet aber zugleich Kraft und Hoffnung. Jetzt bei den kress Köpfen ein Profil anlegen - und schneller gefunden werden. kress.de: Ihr Angebot an Schüler im Land ist recht großzügig. Wie oft musst es der Zahlenverwalter in Ihnen immer wieder neu durchrechnen, bis Sie sich einen Ruck dafür geben konnten? Rainer Esser: Die Idee fand ich so charmant, dass der Zahlenverwalter in mir überhaupt keine Chance hatte, sich zu Wort zu melden.
"Natürlich würden wir uns freuen, wenn durch unsere Aktion viele Schülerinnen und Schüler Gefallen an Qualitätsjournalismus finden."
kress.de: Welchen Anklang erhoffen Sie sich von dem Angebot – und welchen Wert könnte es für Ihr Haus über den Image-Effekt hinaus beim Erschließen jüngerer Zielgruppen weiter haben? Rainer Esser: Natürlich würden wir uns freuen, wenn durch unsere Aktion viele Schülerinnen und Schüler Gefallen an Qualitätsjournalismus finden. In erster Linie geht es uns aber darum, in der aktuell schwierigen Situation einen kleinen Beitrag zu leisten. kress.de: Das Lamento über die Unsitte der vermeintlichen journalistischen Gratiskultur wurde zuletzt wieder sehr laut, als auch andere Häuser – etwa Gruner + Jahr – großzügig Frei-Abos verteilten. Wie kontern Sie die Bedenken Ihrer Verlegerkollegen? Rainer Esser: Wir verschenken die Abos ja nicht mit der Gießkanne, sondern nur an diejenigen, die zurzeit in einer absoluten Ausnahmesituation stecken: An die Schülerinnen und Schüler in unserem Land. Ich bin der Meinung, dass sie in dieser Krise einen freien Zugang zu Qualitätsjournalismus bekommen sollten – sie haben ein Recht darauf, zu verstehen, was gerade in der Welt passiert. kress.de: Gerade im Homeschooling geschulte Jugendliche sind ja technisch versiert und haben oft eine eigene Art etwas anarchischer digitaler Resilienz entwickelt. Wie groß ist Ihre Befürchtung, dass Sie Zugänge zu Frei-Abos weiterverbreiten, die Eltern ihre Zeit-Abos kündigen und Ihr Haus sich damit selbst schadet? Rainer Esser: Wir sind davon überzeugt, mit dieser Aktion etwas Gutes zu tun. Die Sorge um ein paar Kündigungen hält uns nicht davon ab.
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