Marc Bartl | 15. Februar 2021 um 11:48
Kurt Kister, Leitender Redakteur der SZ
Es sei schwierig geworden, im Verlagsgewerbe, gar mit Journalismus, Geld zu verdienen, schreibt Kurt Kister in seiner aktuellen Kolumne Nicht zu retten. Es gebe aber heute noch etliche Familien, die früher im Verlagsgewerbe so viel Geld verdient hätten, dass sie immer noch reich seien. "Manche, natürlich ganz wenige undankbare Journalisten glauben deswegen, dass Verleger dazu neigen, aus den Hirnschalen ihrer Angestellten Champagner zu trinken", fügt Kister hinzu. Auch aus seiner Hirnschale hätten Verleger "...". Hubert Burda sei so ein Verleger, der sehr reich sei. Burda habe sich sehr intensiv mit dem Iconic Turn beschäftigt. Das ist die Erkenntnis, dass die Macht und Bedeutung der Bilder jeder Art wächst, durchaus auf Kosten der Bedeutung des Worts. Nun gehe es Burdas Magazin Focus "nicht mehr sehr gut", weiß Kister. Focus sollte eigentlich eine Alternative zum Spiegel werden, der Spiegel brauche heute aber keine solche Alternative mehr, "weil er mittlerweile selbst Titelgeschichten über Haustiere macht", so Kister. Focus habe sich vielleicht überlebt. "In dieser Gefahr schweben manche, wie sagt man so schön, Presseorgane, darunter durchaus solche, die mal zum Gerüst der Bundesrepublik gehörten, wie der Stern", geht Kisters Branchenschelte weiter. Der Leitende Redakteur der Süddeutschen Zeitung, der bis zum Sommer 2020 als Chefredakteur wirkte und auch heute noch bei der SZ ein König ist, kritisiert die Maßnahme des Focus, "Kultur und Leben" als eigenständiges Ressort aufzulösen. Neun Mitarbeiter sind von der Änderung betroffen. Dem Focus sei gerade ein "noncultural turn" verordnet worden, erklärt Kister in seiner Kolumne. Und Kister setzt noch noch mal mit der spitzen Feder an: "Gewiss, alle in der Branche müssen sparen, und der Stern verzichtet gerade auf eine eigene Politikredaktion. Aber leider gibt es Verlagsmanager (und auch Chefredaktionen), die nicht nur an den Ästen sägen, sondern auch den Baum nur für einen dicken Ast halten. Das, würde vielleicht auch Hubert Burda sagen, wenn der Focus nicht gerade ihm gehörte, ist ein irrational turn." Tipp: Das Wichtigste aus den Medien - einmal am Tag: Jetzt den kressexpress bestellen. Hintergrund: Zur Begründung für die Auflösung des Ressorts Kultur & Leben heißt es bei Hubert Burda Media: "Wir kontrollieren regelmäßig die Wirtschaftlichkeit unserer Strukturen und optimieren das redaktionelle Setup." Mit der Corona-Pandemie habe der Schritt nichts zu tun. In der Focus-Redaktion sind bislang rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Mit den neun betroffenen sei der Verlag im Austausch, "um individuelle Lösungen zu finden". Kündigungen schloss der Konzern nicht aus. Zwei Mitarbeiter sollen demnach auf jeden Fall weiter beschäftigt werden.
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