Er sieht für sich eine Marktlücke im Journalismus: Julian Reichelt will was Eigenes machen

Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hat sich in einer Talkshow beim Fensehsender Servus TV zu seinen beruflichen Plänen geäußert.

17. Januar 2022 um 11:53

Julian Reichelt bei Servus TV (Foto: dpa)

Es war sein erster TV-Auftritt, nachdem ihn Axel Springer im Oktober von seinen Aufgaben als Bild-Chefredakteur entbunden hatte.
"Ich arbeite derzeit an etwas Neuem und spreche da mit sehr vielen, sehr spannenden jungen Kolleginnen und Kollegen", sagte Julian Reichelt am Sonntag in der Talkrunde "Links. Rechts. Mitte - Das Duell der Meinungsmache" im Fernsehsender Servus TV aus Österreich. Reichelt sieht für sich eine Marktlücke: Journalismus, der nach den Fakten suche und sage, was ist und nicht das sage, was Regierende gerne gesagt hätten. "Ich hoffe, dass ich diese Marktlücke bald helfen darf zu füllen mit sehr vielen spannenden Menschen, mit denen ich gerade spreche." Er arbeite an einer "neuen Plattform" - konkreter wurde er nicht. Zugleich bekräftigte Reichelt, dass er nicht bei dem TV-Sender aus Österreich beginnen werde: "Zu Servus TV komme ich nicht." Vor einiger Zeit war darüber im Netz spekuliert worden. Reichelt erneuerte in der von Katrin Prähauser moderierten Talkrunde seinen Unmut über die Entscheidung seines früheren Arbeitgebers Springer, ihn im Oktober von seinen Aufgaben als Chefredakteur entbunden zu haben. Er finde die Entscheidung falsch, sagte er. Ähnlich hatte sich Reichelt bereits im Dezember in einem viel beachteten Interview der Wochenzeitung Die Zeit geäußert.

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Reichelt wies auf ServusTV zugleich den Vorwurf des Machtmissbrauchs gegenüber Frauen als "perfiden, erfundenen Quatsch" zurück. Zum bei Axel Springer gepflegten Frauenbild gefragt, meinte er, viele Frauenkarrieren ermöglicht zu haben. Er habe in seiner Karriere mit vielen herausragenden Frauen gearbeitet. "Ich glaube tatsächlich, dass ich dazu beigetragen habe, an ganz vielen Positionen Frauenkarrieren bei Axel Springer und Bild zu ermöglichen, die vorher leider nicht möglich waren", behauptete Reichelt. Die Entscheidung für seinen Rauswurf sei "in einem furchterregenden Klima" getroffen worden. "Ich glaube durchaus, dass es ein politisches Klima gibt, in dem man dankbar dafür ist, dass kritische Stimmen verstummen. Das heißt ausdrücklich nicht, dass das die Motivation gewesen sein muss. Was die Motivation gewesen ist, kann ich gar nicht beurteilen. Ich nehme allerdings wahr, dass es ein zunehmend beliebtes Instrument besonders linker Argumentation und teilweise auch Agitation ist, so was wie die Unschuldsvermutung einfach außer Kraft zu setzen und Vorwürfe in einer abstrakten Weise zu verbreiten, so dass man sich dagegen nicht mehr wehren kann. Das war bei mir am Ende hoch erfolgreich", so Reichelt im Servus TV-Talk. Auf die Frage, ob er verstehen könne, dass nach seinem Rausschmiss der eine oder andere Beobachter Schadenfreude empfinden könne, sagte der Ex-Bild-Chef: "Schadenfreude war jetzt nie mein zentrales Element im Boulevardjournalismus, sondern das zentrale Element sind einerseits Fakten und zweitens Emotion. Ich glaube, es ist vollkommen legitim, aus Fakten Emotionen zu machen, aber niemals aus Emotionen Fakten. Letzteres ist das, was mir passiert ist, aber auch das geht vorbei." Er habe übrigens "relativ wenig lange Spaziergänge gemacht", sondern vielmehr an dem erwähnten "Neuen" gearbeitet, erzählte Reichelt.
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