Die Frauenmachtanteile bei Medien zum Jahresauftakt

ProQuote Medien hat erneut die weibliche Führungsbeteiligung in neun deutschen Leitmedien ausgewertet. Die wichtigsten Ergebnisse der Januar-Zählung 2022.

3. Februar 2022 um 09:33

Edith Heitkämper, Vorsitzende von ProQuote Medien

Einsame Spitze: Die "tageszeitung" bleibt nicht nur unangefochten auf Platz 1 des Rankings, sondern baut ihre weibliche Führung sogar noch aus. Der gewichtete Frauenmachtanteil der "taz" steigt gegenüber Juli 2021 noch einmal um knapp sechs Prozentpunkte auf jetzt 62,1 Prozent. Es geht aufwärts: Den Auswertungen zufolge werden die Führungsetagen der Leitmedien fast überall weiblicher. Im Durchschnitt erreichten die neun untersuchten Medien einen gewichteten Frauenmachtanteil von 38,9 Prozent. Das entspricht einem Zuwachs von 4,8 Prozentpunkten innerhalb eines halben Jahres. Die Bandbreite ist allerdings groß: Schlusslicht FAZ erreicht gerade mal 23,7 Prozent. Verzerrungen durch veränderte Impressen: Die höchsten Zuwächse gibt es bei Focus (+15,7), Welt (+9,6) und Bild (+7,2), die alle bislang in der unteren Hälfte des Rankings zu finden waren. Der enorme Sprung bei Focus dürfte jedoch hauptsächlich auf Änderungen bei den Impressen zurückzuführen sein. So weist das Online-Impressum auf focus.de neuerdings nur noch drei Positionen aus, insgesamt verringert sich die Zahl der ausgewerteten Positionen dadurch fast um die Hälfte. Daher zeigen schon kleine Verändungen starke Auswirkungen auf das Ergebnis. Auch die Welt hat ihr Impressum geändert. Hier wie auch bei Bild schlagen sich aber auch neu besetzte Führungspositionen nach dem Rausschmiss des früheren Bild-Chefs Julian Reichelt nieder. So zieht mit Welt-Chefredakteurin Jennifer Whilton eine weitere Frau in die journalistische Top-Riege bei Springer ein. Das Fazit von Edith Heitkämper, Vorsitzende von ProQuote Medien: "Die Chefetagen der Leitmedien von Print und Online werden etwas weiblicher. Von einer selbstverständlichen Gleichberechtigung und gelebten Vielfalt allerdings sind wir in den meisten Medienunternehmen noch weit entfernt."  Angesichts der Entwicklung bei den Impressen von Focus und Welt mahnt der Verein ProQuote Medien zu mehr Transparenz: "Medienunternehmen sollten die wahren Geschlechterverhältnisse in ihren Redaktionen nachvollziehbar machen und die Verantwortlichen klar benennen. Sonst kommt leicht der Verdacht einer Verschleierung der wahren Machtverhältnisse auf", so Heitkämper. Die Zahlen von Januar 2022 im Überblick (Frauenmachtanteil, Veränderung zum Sommer 2021):

  1. (1.) taz 62,1%, plus 5,8
  2. (2.) Stern 43,6%, minus 3,4
  3. (3.) Zeit 41,7%, plus 3,4
  4. (5.) Spiegel 39,6%, plus 1,8
  5. (7.) Focus 38,6%, plus 15,7
  6. (4.) SZ 38,6%, plus 0,7
  7. (6.) Bild 31,4%, plus 7,2
  8. (8.) Welt 31,3%, plus 9,6
  9. (9.) FAZ 23,7%, plus 3,0 Hintergrund: Seit 2012 zählt und vergleicht der gemeinnützige Verein ProQuote Medien die Frauenanteile in journalistischen Führungspositionen. Zu den untersuchten Leitmedien zählen "Bild", "Spiegel", "Focus", "Stern", "Zeit", "Süddeutsche Zeitung", "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Welt" - und seit Januar 2021 die "tageszeitung". Die Zählungen erfolgen auf Grundlage der Print- und Online-Impressen, wobei nach Hierarchie-Ebenen gewichtet wird: Je höher die Position, desto größer die Machtfülle. ProQuote Medien fordert, die Hälfte der journalistischen Spitzenpositionen weiblich zu besetzen. 
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