Durchbruch: Corint Media einigt sich mit Ecosia auf erste Suchmaschinenlizenz für Presseinhalte

Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die größte europäische Suchmaschine Ecosia und Corint Media auf einen Musterlizenzvertrag zur Nutzung von Presseinhalten geeinigt und damit auch zur Zahlung einer Vergütung für die Inhalte der Presseverleger und ihrer Urheber. Bei Corint spricht man von einem "Signal" - auch an Google und Facebook.

28. Juli 2022 um 11:26

Corint-Media-Geschäftsführer Carsten Schwennicke

Konkret entrichte Ecosia mit diesem Musterlizenzvertrag eine angemessene Vergütung auf der Grundlage des heutigen Corint Media-Rechteportfolios von ca. 30 Prozent der nationalen Presseerzeugnisse. Je nach Umfang der vertretenen Presseleistungsschutzrechte werde Ecosia bis zu 11 Prozent seiner Umsätze an Corint Media alsangemessene Vergütung für die Nutzung der Rechte zahlen, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Suchmaschine mit Sitz in Berlin und der deutschen Verwertungsgesellschaft. Mit den US-Unternehmen Google und Microsoft hat sich Corint Media bislang nicht geeinigt, es wurde in beiden Streitfällen sogar eine Schiedsstelle eingeschaltet (kress.de berichtete). Ecosia-Geschäftsführer Wolfgang Oels sagt zu der jetzt erfolgten Einigung: "Im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise braucht unsere Gesellschaft eine Vielfalt an meinungsbildenden und qualitativen Inhalten. Die Arbeit der Presseverleger ist wichtig, wenn nicht sogar essenziell für eine Demokratie. Als Suchmaschine sind wir eine  relevante Schnittstelle zwischen Mensch und Information. Dieser Verantwortung möchten wir gerecht werden und gleichzeitig die Arbeit der Presseverlage nicht als selbstverständlich verkennen. Daher haben wir uns bereit erklärt, im Sinne des Presseleistungsschutzrechts eine fair vereinbarte und angemessene Vergütung an Corint Media für deren Inhalte zu zahlen. Diese Einigung konnten wir ohne gerichtliche Auseinandersetzung erzielen. Denn Rechtsstreitigkeiten kann man bei rechtlichen Unsicherheiten führen, aber nicht, um sich dem Recht zu entziehen. Wir gehen gerne als erste Suchmaschine diesen Schritt, aber hoffen nicht die letzte zu sein."

Auch für Corint Media-Geschäftsführer Markus Runde und Christoph Schwennicke ist der Abschluss eines ersten Musterlizenzvertrags mit einem Suchmaschinenanbieter nicht nur ein deutlicher Erfolg für die Finanzierbarkeit einer freien Presse und der Arbeit von Journalisten, sondern auch ein Signal: "Wir haben mit diesem Vertrag eine Verkehrsdurchsetzung für die angemessene Vergütung bei Nutzung der Presseerzeugnisse durch alle Suchmaschinenbetreiber geschaffen. Diese Verkehrsdurchsetzung gilt für alle Nutzer, auch für Marktbeherrscher wie Google und Facebook, unterstellt unsere Rechtsordnung doch die
Gleichheit bei der Durchsetzung des Rechts, auch des Presseleistungsschutzrechts, gegenüber jedermann und jedem Unternehmen, Art 3 GG. Nun muss mit Hilfe des novellierten Kartellrechts und im Rahmen der durch das Bundeskartellamt bereits gegen Google und Facebook begonnenen Verfahren dafür Sorge getragen werden, dass diese Marktbeherrscher ihre Rechnungen bezahlen. Sie dürfen sich nicht weiterhin aufgrund ihrer Marktmacht dem nationalen und europäischen Rechtsrahmen entziehen. Wenn wir es in unseren westlichen Demokratien nicht schaffen, geltendes Recht auch gegenüber Weltmarktführern durchzusetzen, haben wir keine Zukunft."
Hintergrund: Corint Media ist eine von mehreren Verwertungsgesellschaften in Deutschland und vertritt zahlreiche Pressehäuser. Im vergangenen Jahr wurde das Urheberrecht hierzulande angepasst. Für Pressehäuser gibt es ein neues Leistungsschutzrecht - es soll sicherstellen, dass Internet-Plattformen wie zum Beispiel Suchmaschinen Geld an Medien bezahlen, wenn sie deren Artikel zeigen. Die Umsetzung ist noch in den Anfängen. Es gibt verschiedene Modelle. Google zum Beispiel hatte begonnen, mit Publikationen direkt Verträge zu schließen und erzielte so zahlreiche Einigungen. Corint Media setzt hingegen auf eine nicht individuelle Lösung, sondern einen Gesamtbetrag, den man dann an die Mitglieder ausschüttet. Der weltweite Gesamtumsatz der Ecosia GmbH liegt nach eigenen Angaben bei 28 Millionen Euro, Umsatzzahlen für Deutschland lagen nicht vor. Die Bundesrepublik ist nach Firmenangaben der größte Markt mit 5 Millionen Nutzern von weltweit 20 Millionen. Das Suchmaschinenunternehmen Ecosia wird unter anderem über gemeinwohlorientierte Stiftungsgesellschafter gehalten und investiert Gewinne in Umweltschutz. Quelle: kress, dpa

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