Chefsache: Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt im Fall Schlesinger

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Patricia Schlesinger an sich gezogen. Auch der Rundfunkrat sieht dringenden Redebedarf und drückt aufs Tempo.

12. August 2022 um 11:27

In der rbb-Affäre um die zurückgetretene Intendantin Patricia Schlesinger hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen übernommen. Das bestätigte die Behörde am Donnerstag. Zur Begründung wurde auf die Bedeutung des Falles verwiesen. Während bei staatsgefährdenden Delikten wie zum Beispiel Terrorismus die Generalstaatsanwaltschaft automatisch die Ermittlungen übernehme, könne sie darüberhinaus in einzelnen Verfahren als vorgesetzte Dienstbehörde die Ermittlungen an sich ziehen, sagte Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaften, im rbb24 Inforadio. Die passiere bei Fällen "von herausragender Bedeutung", auf die man einen besonderen Fokus legen wolle. Eine solche Einzelfallentscheidung sei dies hier gewesen, so Büchner weiter. Die Frage, ob damit die Causa Schlesinger "Chefsache bei der Justiz" geworden sei, bejahte Bühner: "Das kann man so sagen." Das Verfahren ziehe laut Büchner "tatsächlich Kreise", "viele Personen" seien involviert und wegen der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Vorwürfe die damit zusammenhängen. Am Montag hatte die Berliner Staatsanwaltschaft bestätigt, dass sie gegen Schlesinger, deren Ehemann sowie den inzwischen zurückgetretenen rbb-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf ermittelt. Konkret wird wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme ermittelt. Vom gesetzlichen Strafrahmen her würden sich beide Delikte nichts nehmen, "von der anderen Seite her wären Delikte der Vorteilsannahme die schwerwiegenderen, weil damit natürlich die Frage des Ansehens des öffentlichen Rundfunks und des öffentlichen Dienstes mehr verbunden ist", sagte Büchner im rbb24 Inforadio. Außerdem ist die Sitzung des rbb-Rundfunkrats von Dienstag auf Montag kommender Woche vorgezogen worden. Dabei soll es um Details der Trennung von Schlesinger gehen. Die Modalitäten ihres Ausscheidens beim Sender sind noch offen. Auch um eine mögliche Abfindung für Schlesinger wird debattiert (kress.de berichtete). Das Dienstverhältnis würde nominell Ende Februar 2023 enden, Schlesinger zeigte sich bereit, das zu verkürzen - wenn sichergestellt sei, dass es sich um einen "vertragsgemäßen Verzicht" handele. In den vergangenen Tagen seien weitere Pflichtverletzungen bekannt geworden, sagte das Rundfunkratsmitglied und medienpolitischer Sprecher der brandenburgischen SPD-Fraktion, Erik Stohn: "Wir scheuen uns als Gremium nicht davor, gegebenenfalls auch darauf zu drängen, Frau Schlesinger in Regress zu nehmen." Der Rundfunkrat müsse jedoch rechtlich gut abgesichert agieren und auch die Vermögensposition des rbb schützen, sagte Stohn dem evangelischen Pressedienst mit Blick auf einen möglichen Rechtsstreit über die Trennung des Senders von Schlesinger. Dass sich das Gremium die nötige Zeit für Entscheidungen zu dem Themenkomplex nehme, sei vollkommen legitim.

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