24. März 2023 um 12:46
Bild-Chefin Marion Horn
Der Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat jüngst seinem Frust in einem ARD-"Tagesthemen"-Interview Luft verschafft. Der Bundeswirtschaftsminister äußerte sich unzufrieden über den Istzustand der Ampelkoalition. "Das Miteinander im Kabinett ist tadellos", sagte Habeck im Gespräch mit Caren Miosga. "Wir können die Dinge ruhig und quasi ganz normal bereden, aber wir kriegen sie halt nicht über die politische Ziellinie gebracht, weil dann immer wieder geschaut wird, wie ist der mediale Echoraum, was macht mein nächster Parteitag, wo sind die nächsten Landtagswahlen." Habeck kritisierte zugleich, dass ein Gesetzentwurf zum Verbot von Öl- und Gasheizungen in einem frühen Stadium an die Presse durchgestochen worden sei. "Wir haben eine Frühkoordinierung in der Regierung, das heißt nur wenige Leute kriegen die Gesetzentwürfe, dass man drauf guckt und sagt: Hört mal zu, da haben wir noch Gesprächsbedarf, das könnt ihr nicht in die Ressortabstimmung geben." Habeck erklärte weiter: "Hier ist der Gesetzentwurf an die Bild-Zeitung - und ich muss also unterstellen - bewusst geleakt worden, um dem Vertrauen in der Regierung zu schaden." Insofern seien Gespräche der Koalitionspartner "wahrscheinlich mit Absicht zerstört worden, des billigen taktischen Vorteils wegen". Das sei vorher in so einem Fall noch nie geschehen. Und da so etwas ja nicht aus Versehen passiere, sei er "ein bisschen alarmiert, ob überhaupt Einigungswille da ist". Marion Horn, die frischgebackene Bild-Chefin, nimmt das zum Anlass, um sich in die Debatte einzuschalten. "Jetzt quengeln Sie im TV, unterstellen Ihren Koalitionspartnern öffentlich, dass sie etwas 'zur Bild-Zeitung durchgestochen" hätten", geht sie Habeck in ihrem Bild-Kommentar direkt an. "Sorry, Herr Minister, das ist unser Beruf! Wir sorgen dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger erfahren, was die Regierung mit ihnen, ihrem Geld und ihrem Eigentum vorhat", stellt Horn klar. "Verstehen Sie uns nicht falsch: Uns ist klar, dass Sie unter Druck sind. Die Aufgaben, die vor Ihnen und damit vor uns allen liegen, sind überlebensgroß. Es gibt niemanden von Verstand, der nicht begriffen hat: Klima hat Vorfahrt. Aber beleidigt Nebelkerzen zu zünden, weil Journalisten ihre Arbeit machen, das ist kein guter Stil", kritisiert die neue Bild-Lenkerin den Politiker. Es ist das erste Mal, dass sich Marion Horn in ihrer neuen Funktion via Bild-Zeitung lautstark und öffentlichkeitswirksam zu Wort meldet. "Nein, Herr Minister. Nicht wir sind schuld daran, dass es massive Kritik an Ihren Vorhaben gibt. Denn das Gesetz stammt nicht von Bild. Es stammt aus Ihrem Haus", so die klare Ansage von Horn. Das Wichtigste aus den Medien - einmal am Tag: Jetzt den kressexpress bestellen Auf Twitter bekommt die Bild für ihren Kommentar Gegenwind: "So ein Schwachsinn. Niemand hat sich über @BILD beschwert? Habeck beklagt sich über Koalitionspartner. Sie sehen Nebelkerzen und stellen dann selber Pappkameraden auf...", bemerkt ein User. Andere pflichten ihm bei: "Nein, liebe @Bild, ihr habt es nicht verstanden. Herr Habeck hat nicht eure tendenziöse Berichterstattung kritisiert, sondern die Weitergabe von Informationen. Aber klar, die Bereiche 'Angst, Hass, Ti...., Wetterbericht' müssen gefüttert werden." "Schade, auch Frau Horn ist offenbar auf Hetzlinie. Habeck sagte, er habe den frühen Entwurf üblicherweise an einige wenige Ministerkollegen geschickt als Vorlage für eine Debatte. Und jemand hätte ihn der BILD absichtlich gegeben. Das thematisieren Sie aber gar nicht." Zur Person: Seit vergangener Woche ist Marion Horn Vorsitzende der Bild-Chefredaktion. Chefredakteur der Bild ist Robert Schneider. Dagegen musste die komplette bisherige Chefredaktion aus Johannes Boie, Claus Strunz und Alexandra Würzbach gehen. Marion Horn war bereits über 25 Jahre bei Axel Springer tätig, ab Januar 2001 als Mitglied der Chefredaktion von Bild. Im Oktober 2013 wurde sie als erste Frau in der Geschichte des Blattes zur Chefredakteurin der Bild am Sonntag und strukturierte die Zeitung um. Beim Lead Award 2018 wurde die Bild am Sonntag als überregionale Zeitung ausgezeichnet. In der Jurybegründung hieß es, sie habe einen neuen Ton in den Boulevard gebracht und aus Bild am Sonntag eine relevante, ernstzunehmende Zeitung gemacht. Marion Horn hatte Axel Springer 2019 verlassen. Sie war zwischenzeitlich beim Beratungsunternehmen Kekst CNC als Partnerin tätig. Sie ist 1. Vorsitzende des Kuratoriums der Hilfsorganisation BILD hilft e.V. "Ein Herz für Kinder".
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