Für diesen Stargast setzte sich Verleger Hubert Burda gleich wieder in die erste Reihe: Jack Dorsey, Chairman und Erfinder von Twitter, kündigt auf seinem ersten Besuch in Deutschland, auf Burdas hochkarätig besetzter DLD-Konferenz in München, die Eröffnung eines deutschen Büros an. "Das wird sicherlich ein entscheidendes Jahr in Deutschland", sagte Dorsey - und warb dafür, die Scheu vor dem Absetzen von Tweets einfach mal zu vergessen.
Den heimischen Markt, auf dem Twitter bislang seine weltweit beispiellose Popularität noch nicht voll entfalten konnte, bezeichnete der Social-Media-Pionier als hoch attraktiv - und deutete an, dass er in Deutschland noch stärker Gas geben möchte. "Dieses Land ist großartig", schmeichelte er den Gastgebern und ihren rund 900 Konferenz-Besuchern - unter ihnen Branchen-Schwergewichte wie Jeff Jarvis oder Jeff Pulver, die am Sonntagnachmittag einem eher schüchtern als triumphierend auftretendem Dorsey im wie immer sympathisch aufgekratzten Münchner Auditorium lauschten.
"Wir bauen ein deutsches Team auf"
Dorsey verriet, dass er derzeit eine deutsche Twitter-Niederlassung aufbauen lässt und dazu fleißig rekrutiert. "Wir bauen ein deutsche Team auf", sagte er und animierte die Anwesenden, ihn mit einschlägigen Bewerbungen anzusprechen. Die Germany-Connection sei dem Hause immer wichtig gewesen, schließlich stammte eine der wichtigsten Software-Entwickler, die Twitter mit aufgebracht hatten, aus Hamburg.
Um nicht nur die Deutschen stärker für das Zwitschern zu begeistern, akzentuiert Twitter seit Neuestem die Kommunikation etwas anders. "Sie müssen nicht tweeten", brachte Dorsey diese auf eine knappe Formel und empfahl stattdessen Twitter als Nachrichtenquelle zu nützen. "Ich lese keine News mehr, sondern öffne Twitter, wenn ich erfahren will, was in der Welt passiert", sagte er.
Firmen-Mythos: der Twitter-Fotograf am Hudson River
Als Beleg für die Nachrichten-Attraktivität erwähnt erneut den Twitter-Nutzer, der lediglich 20 Follower hatte, bevor er das Foto vom notgelandeten Flugzeug auf dem Hudson River schoss - und zum weltweiten Medienphänomen wurde. Ein zentraler Firmen-Mythos. "Der größte Nutzen ist, dass man herausfinden kann, was in der Welt geschieht", warb Dorsey und empfahl den Twitter-Nutzern einfach mal in Echtzeit "den Pulsschlag der Welt" zu messen. Sich selbst einzubringen, sei dabei gar nicht notwendig.
Werbe-Tweets werden gut genutzt
Gefragt nach der Profitabität seines Geschäftsmodells blieb der Twitter-Boss einsilbig. "Es funktioniert", war seine knappe Replik auf eine entsprechende Nachfrage. Die organisch in die Streams der Nutzer eingebunden Werbe-Tweets würden gut angenommen. Dorsey sprach von Engagement-Raten in Höhe von drei bis fünf Prozent, was tatsächlich ein ziemlich guter Wert für Social-Media-Aktivitäten wäre.
Auf Nachfrage von "Focus"-Redakteur Holger Schmidt - zweiter Gesprächspartner war der Techonomy-Gründer David Kirkpatrick - unterstrich Dorsey, dass es für Twitter in Zukunft noch wichtiger wird, den Nutzern das Filtern relevanter Nachrichtenströme zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang sei auch der kürzlich erfolgte Zukauf des aufs Aussortieren und Bündeln spezialisierte Start-ups Summify zu sehen. Weitere Akquisitionen schloss der Twitter-Chef nicht aus. "Wir sind immer auf der Suche nach großartigen Teams", sagte er. "Wenn wir die durch Zukäufe bekommen können - warum nicht?".
Square will außerhalb der USA wachsen - vor allem in Asien
Mit seinem Bezahlsystem-Anbieter Square, dessen CEO Jack Dorsey in Personalunion ist, möchte er 2012 ebenfalls kräftig wachsen. "Wir wollen uns nicht auf die USA beschränken und sehen uns derzeit andere Märkte an", sagte er. Als sehr wahrscheinliches nächstes Expansionsziel nannte er den asiatischen Raum. In Deutschland ist Square noch nicht vertreten.
Dass Dorsey auf der DLD-Konferenz seinen Steh-Kaffee auf den verbleibenden zwei Konferenztagen jemals alleine trinken muss, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Deutsche Freunde - und Bewerber - wird er schnell finden.
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