"Im Bett mit Paula" im kress-Check: Unverschwitzter Muntermacher

 

Das Abendland ist nicht untergegangen. Und nur sehr wenige Fernsehräte dürfen sich das Recht rausnehmen, ernsthaft zu erröten, nur weil "Im Bett mit Paula" die Dinge beim Namen genannt werden. Mit dem neuen Sex-Talk stärkt ZDF.kultur der intelligenten, dosiert tabulosen Jugendunterhaltung den Rücken. Mit verlogenen Voyeur-Reportagen im Vox- oder RTL II-Stil hat er ebenso wenig zu tun wie mit der ollen Tante Erika Berger. 

Das Abendland ist nicht untergegangen. Und nur sehr wenige Fernsehräte dürfen sich das Recht rausnehmen, ernsthaft zu erröten, nur weil "Im Bett mit Paula" die Dinge beim Namen genannt werden. Mit dem neuen Sex-Talk stärkt ZDF.kultur der intelligenten, dosiert tabulosen Jugendunterhaltung den Rücken. Mit verlogenen Voyeur-Reportagen im Vox- oder RTL II-Stil hat er ebenso wenig zu tun wie mit der ollen Tante Erika Berger. 

Was auf den einst so offenen Sofas von Lilo Wanders' "Wa(h)re Liebe" bis hin zu Verona Feldbuschs "Peep!" oft wegen der berüchtigten Einspielfilme und Reportagen eher schwiemelig daherkam, erinnert in der Studio.TV.Film-Produktion auf den ersten Blick an Blümchensex. Eher wohlerzogen als vorfreudig erregt werden zum Tête-à-tête im gar nicht lotterigen Bett die Schuhe ausgezogen, doch dann behält Premieren-Talkgast Nilz Bokelberg sogar die gehäkelte rote Lumpi-Mütze auf. Seine Gastgeberin, "GQ"-Kolumnistin Paula Lambert, trägt biedere Pluderärmel und unter der Decke blickdichte Strümpfe.

"Eigentlich ist Sex überflüssig und sinnlos" - nanu?

Tatsächlich kommt es natürlich auch nicht zum Techtelmechtel, sondern zum lockeren Sex-Erfahrungsparlando, bei dem Moderatorin Paula an den richtigen Stellen beherzt zupackt. Doch was sie ihren beiden ersten Gästen - mit dem zweiten, arg prätensiösen Arthouse-Pornoregisseur RP Kahl verstand sie sich erkennbar weniger gut - entlockt, dürfte selbsternannte Tugendwächter eher milde stimmen, denn erregen: "Eigentlich ist Sex überhaupt überflüssig und sinnlos", sagt ausgerechnet der Miesmacher Kahl, der doch mit Erotikproduktionen sein Publikum bei Laune halten möchte.

Und Nilz Bokelberg gibt sich zwar als aufgeklärter, durchaus medienkritischer Pornokonsument zu erkennen, wirkt aber auch altersmäßig etwas entrückt und weitaus gelassener, als man es der vermeintlichen Generation Youporn immer wieder unterstellt. "Pornos gucken hat nichts mit Sex zu tun", sagt er, während Moderatorin Paula völlig zurecht noch einmal die Qualitätsdebatte ins Spiel bringt, die gerade den Öffentlich-Rechtlichen gut zu Gesicht steht: "Inhalt ist schon wichtig", mahnt sie an.

Aphrodisiern im ZDF-Stil: Feigen statt Kugelfisch-Gift

Doch auch im subventionierten Kultur-Fernsehbetrieb ist nicht alles lockender Luxus und sinnliche Verführung. So bedauert die Moderatorin ausdrücklich, dass man auf kostspielige Aphrodisiaka für die Sendung - bei "Roche & Böhmermann" wurde unlängst sogar on Air Viagra getestet - verzichtete. Statt japanischem Kugelfischextrakt servierte die Bett-Beichtmutter Nilz Bokelberg Handelsübliches - wie etwa Feigen. Er bevorzugt ohnehin Pistazien - warum auch immer.

Ähnlich beherrscht waren offenbar Bokelbergs erotische Vorerfahrungen als Musik-Moderator. Glaubt man ihm, gab es seinerzeit keinen Sex mit anderen Viva-Moderatoren, was Gastgeberin Paula ziemlich "enttäuschend" fand. "Das erklärt einiges, warum Viva heute so ist wie es ist." Deutlich prägender waren Bokelbergs Erfahrungen mit seinem Kölner Nachbarn Alfred Biolek. Der half ihm, wie Nilz dankend erzählte, einst in einer Date-Notlage aus, in dem er kurzfristig mit zwei edlen Flaschen Weins assistierte. Sex fiel allerdings trotzdem flach, wie Bokelberg gestand. "Vielleicht wart ihr zu betrunken", schlussfolgerte die Moderatorin - und erfüllte vermutlich auch so eine Art Bildungsauftrag.

Keine Stöhn-Stories, dafür munteres Medien-Geplänkel

"Spannender wird's leider nicht mehr", musste zum Schluss der Sendung selbst Bokelberg eingestehen. Echte Stöhn-Geschichten, so die denn wirklich jemand erwartet hatte, gab's in der neuen, unterhaltsamen Talk-Reihe nicht zu hören. Dafür kommt "Im Bett mit Paula", das sich dankenswerterweise viele platten Pointen und plumpe Anzüglichkeiten verkneift, mit Humor, Augenzwinkern und ganz ohne Hechelatmung zur Sache. Heraus kommt mehr ein munteres, gänzlich schweißfreies Medienmagazin als ein wie auch immer gearteter Aufreger. 

"Ich schmeiß dich jetzt raus", sagt Paula zu ihrem Bei-Talker am Schluss. "Weil der nächste kommt." Darauf kann man sich freuen. Jeweils sonntags um 22:00 Uhr.

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