"Wenn die Rundfunkfinanzierung prinzipiell geändert wird, dann muss auch das Programm grundsätzlich überprüft werden": Fritz Pleitgen, der langjährige Intendant des Westdeutschen Rundfunks, sagt im Interview mit der "FAZ" (Dienstagsausgabe), das jetzt der ideale Zeitpunkt sei, um das öffentlich-rechtliche Profil zu schärfen. Damit könnten die Sender auch auf die Empörung über den Rundfunkbeitrag reagieren.
Die ARD habe eine Menge zu bieten, so Pleitgen. "Sie kann den deutlichen Unterschied zur kommerziellen Konkurrenz weiter ausbauen, indem sie ihre stärksten Bataillone noch mehr nutzt. Das sind neben der aktuellen Information und dem Fernsehfilm die Hintergrundberichte und die Kultur." Konkret nennt Pleitgen Stammplätze im Hauptabendprogramm für das Kulturmagazin "ttt" und für Dokumentationen. Auch könnte eine Gemeinschaftsredaktion mit einem Gemeinschaftsetat beim ARD-Chefredakteur eingerichtet werden, um "Woche für Woche Spitzensendungen zu liefern", die sich wie die BBC-Dokumentationen international gegen gutes Geld verkaufen ließen.
Zudem weist Pleitgen darauf hin, dass die ARD neben der BBC das größte Korrespondentennetz der Welt besitze. Dies könnte für täglich 45 Minuten Weltnachrichten zum Beispiel auf Phoenix genutzt werden. "Dann hätte das Publikum das ganze Bild und Kritik es schwer, von einem mangelnden öffentlichen Profil zu sprechen."
"Fünf ARD-Talkshows sind einfach zu viel des Guten"
Bei Talkshows hat Pleitgen "zwiespältige Gefühle". Fünf Gesprächssendungen im Abendprogramm des Ersten seien einfach zu viel des Gutes, zumal sie wertvolle Formate verdrängten wie Dokumentationen und Reportagen, die zur Aufklärung viel besser geeignet seien. Pleitgen kritisiert, dass sich vor einem Jahr alles Talkshows wochenlang auf Christian Wulff gestürzt hätten, um den Nationalsozialistischen Untergrund hätten sie sich hingegen kaum gekümmert. Da hätte er "mehr Engagement" erwartet.
Wie der Montag im Ersten zeige, würde auch die Dokumentation im Ersten punkten. "Im Hauptprogramm würde sie sich auch gut schlagen", unterstreicht Pleitgen im Interview mit "FAZ"-Redakteur Michael Hanfeld.
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