Mit das Beeindruckendste an "Stromberg - Der Film" ist, dass es ihn tatsächlich gibt und dass im Abspann tausende Namen über die Leinwand flimmern. Beim bislang prominentesten deutschen Crowdfunding-Kreativprojekt kam im Dezember 2011 innerhalb von einer Woche eine Mio Euro Start-"Capitol" zusammen. Ironischerweise erzählt sich die ProSieben-Kultserie im Kino damit zu Ende.
Natürlich stellt sich schon mit der ersten Einstellung, das wohlig-ungemütliche "Stromberg"-Gefühl ein. Es ist eine Mischung aus Fremdschäm-Beklemmung und naivem Wunsch, den oft so grausam geschurigelten Ernies (Bjarne Mädel, "Der Tatortreiniger"), Jennifer "Schirmchen" Schirrmann (Milena Dreißig), dem verdrucksten Büro-Ehepaar Ulf und Tanja (Oliver K. Wnuk und Diana Staehly) sowie den vielen blassen Identifikationsangeboten mal wieder über die oft schlecht frisierten Haar zu streichen.
Es menschelt auf der Capitol-Jahrestagung
Besonders stark menschelt es auch in der Kino-Variante, die einfach so anfängt und dann lange weiterläuft wie eine übliche Serien-Episode. Die überflüssige und unglaubwürdige Verrenkung die Bürotruppe aus ihrem trostlosen Flur etwa auf eine exotische Insel (wie beim "Türkisch für Anfänger"-Kino-Serien-Film) zu transferieren, muteten "Stromberg"-Erfinder Ralf Husmann und Regisseur Arne Feldhusen sich und dem Publikum vernünftigerweise nicht zu.
Dennoch muss auch die Abteilung Schadensregulierung raus aus dem alten Muff - und in ein noch viel muffigeres Tagungshotel aufbrechen. Dort steigt das alljährliche Capitol-Jahrestreffen - weniger als teambildender Ringel-Suff, sondern auch als Ort schlimmer Bekanntgaben. Stromberg (Christoph Maria Herbst), der sich zunehmend penetrant als "Papa" seiner Truppe aufdrängt, hat erfahren, dass die Capitol kräftig Köpfe rollen lassen möchte. Der Standort Köln soll dicht gemacht werden. Einzige Rettungsmöglichkeit wäre es, sich in die Konzernzentrale im grauen Nirgendwo zu retten.
Somit bekommt der gar nicht so "bunte Abend" im Land-Betonbunker eine eschatologische Note, in der sich natürlich auch das Schicksal der "Stromberg"-Serie selbst widerspiegelt. Oder um es mit den klaren Papa-Worten auszudrücken: "Firmenfeiern sind wie das letzte Abendmahl. Immer zu wenig Weiber, das Essen ist schlecht und am Ende gibt's Ärger."
Ernies alttestamentarischer Wutausbruch am Lachs-Buffet
Genau so kommt's natürlich. Doch der Weg dahin hat noch einige Überraschungen parat. Dass Ernie, der so gerne Emporkömmling wäre, mit alttestamentarischem Furor am Buffet auf seine Kollegen einschlägt - und das mit großen gebratenen Lachs -, ist noch eine der harmloseren.
Ebenfalls erwartbar chaotisch: Stormberg schmeißt sich an jeden greifbaren Würdenträger ran, zieht eine Schleimspur durch die Tagungsräume - und kapert den Unterhaltungsabend mit seinem "Lass das mal den Papa machen"-Song, den halbwegs Fernsehinteressierte schon bestens kennen und mittlerweile wohl auch gut mitpfeifen können.
Tatsächlich kaum vorhersehbar ist allerdings die finale Volte, mit der das einstige "Büroekel" komplett die Seiten wechselt und sich zum Rädelsführer sowie Rächer der Entrechteten macht. Mit ganz viel gutem Willen hat sich Ralf Husmann hier den Anknüpfungspunkt für ein späteres Fortspinnen eingebaut.
Wird es jemals eine Rückkehr ins Fernsehen geben?
"Ich glaube, es würde keinen Sinn machen, jetzt wieder ins Fernsehen zurückzukehren", lässt er sich zitieren. "Allerdings reden wir schon darüber, wie es mit der Figur weiter gehen kann - wobei ich nicht glaube, dass wir in die Capitol zurückkehren und erzählen, wie es in der Versicherung weitergeht. In meinen Augen ist die Struktur innerhalb des Bürokosmos auserzählt, ich glaube aber, dass die Figur noch genug Substanz hat."
Tatsächlich fehlt im Kinofilm nichts, was die Serie zu einem stillen Dauerbrenner und einem zynischen Lichtblick gemacht hat: Die Dialoge sitzen, die Sprüche sind schön fies ("Was ihm an Grips fehlt, das gleicht er mit seiner Blödheit wieder aus!", sagt Papa über Ernie) und die Darsteller wirken wie liebe trottelige Verwandte.
In der Kürze liegt die Würze, Kino kennt sie kaum
Was fehlt ist die gnadenlose Unerbittlichkeit einer Einzelepisode - und die Fokussiertheit auf klaustrophobisch engem Raum. Die Tatsache, dass Stromberg im Kino mehr Zeit und Platz zum Palavern hat, tut nicht immer gut.
"Stromberg - Der Film", ab Dienstag, 18. Februar in Köln. Weltpremiere natürlich! Danach ab Donnerstag, 20. Februar, regulär durchgeknallt in deutschen Kinos.
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