Publizistisch war es - vor allem wegen des ungroßstädtisch frühen Andrucktermins - sehr ruhig geworden um die "Abendzeitung" in München. Offenbar scheint sich das beinahe untergegangene Boulevard-Blatt zumindest wirtschaftlich erholt zu haben. Neu-Eigner Martin Balle, Verleger des "Straubinger Tagblatt", freut sich nun, mit rund 40.000 verkauften Exemplaren pro Tag wieder einen profitablen Kurs zu steuern.
Drei Monate nach der Übernahme der damals insolventen "Abendzeitung" durch die Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung sowie den Münchner Rechtsanwalt und Unternehmer Dietrich von Boetticher meldet Balle nun "operativ schwarze Zahlen".
Derzeit verkauft er im Schnitt 40.000 Exemplare der "AZ", 30.000 seien offenbar erforderlich, um die Break-even-Schwelle zu erreichen. Dass früher rund 100.000 verkaufte Zeitungen kommuniziert wurden, tut er als "in erheblichem Umfang durch Sonderverkäufe geprägt" ab.
Erfolg dank Kosteneinsparungen und Preiserhöhung
Zuletzt hatten Balle und von Boetticher kräftig an der Kostenschraube gedreht. Die "AZ"-Redaktion wurde auf 30 Mitarbeiter eingedampft - allerdings "mehr als zunächst vorgesehen", heißt es nun. "Eine weitere Aufstockung ist geplant."
Verlegt wurde die tägliche Arbeit in neue Redaktionsräume im der Garmischer Straße. Außerdem profitierte die "AZ" von der bereits vom einstigen Insolvenzverwalter Axel W. Bierbach veranlassten Preiserhöhung im Einzelverkauf.
"Abendzeitung" punktet online
Aktuell möchte die "AZ" auch wieder inhaltlich punkten - etwa durch eine neue, achtseitige Wochenendbeilage sowie eine Kinderzeitung zum Schulbeginn in Bayern. Im Internet läuft's für www.az-muenchen.de ohnehin rund - mit 17 Mio Visits und 90 Mio PIs im Juli und August (Steigerungen von jeweils 78% bei den Visits und 43% PIs gegenüber dem Vorjahreszeitraum). Kein Wunder, dass sich einst auch der Süddeutsche Verlag für die Online-Präsenz interessierte.
Künftig wird "flexibel bis 23:00 Uhr" auch in Traunstein gedruckt
Das Problem mit den frühen Druckschlüssen hat die "Abendzeitung" offenbar erkannt: Seit dieser Woche lässt Martin Balle Teile der Auflage in Traunstein drucken. So könne man bis 23:00 Uhr flexibel auf aktuelle Ereignisse reagieren. Die Fußballfreunde unter den "AZ"-Lesern werden es danken.
"Die ersten drei Monate nach dem Neustart bestätigen die Einschätzung von Dietrich von Boetticher und mir, dass die Münchnerinnen und Münchner die 'Abendzeitung' schätzen und ihr treu bleiben. Und sie widerlegen jene, die bezweifelt haben, dass die 'AZ' als Tageszeitung profitabel geführt werden kann", lässt sich Martin Balle in seiner Erfolgs-Pressemitteilung zitieren.
"Wir haben das Blatt vorsichtig und an den richtigen Stellen reformiert, ohne seinen Charakter als wichtige journalistische Stimme für München zu verändern. Mein herzlicher Dank gilt unseren Lesern und Anzeigenkunden sowie der AZ-Redaktion, die mit großem Engagement und mit Leidenschaft den Umbruch, auf den wir uns nur wenige Tage vorbereiten konnten, erfolgreich gemeistert hat", so Balle.
"Ein echter Neustart", so Chefredakteur Michael Schilling
"Die 'Abendzeitung' hat einen echten Neustart hinter sich. Es liegt auf der Hand, dass sich dabei das neue Team erst einmal finden musste. Unser Anspruch hat sich jedoch nicht geändert: eine journalistisch eigenständige, lesernahe und kritische Stadtzeitung zu sein, die das Münchner Lebensgefühl spiegelt. Die Reaktionen unserer Leserinnen und Leser zeigen, dass die neue AZ diesem Anspruch Tag für Tag besser gerecht wird", fügt Michael Schilling, neuer "AZ"-Chefredakteur, an.
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