Die Lobbyisten der Zeitungsverleger haben in den vergangenen Jahren gleich mehrfach eine reiche Ernte eingefahren, aber Erfolge wie das Leistungsschutzrecht für Presseverlage lassen sie nicht ruhen. Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), malte bei der Jahrespressekonferenz seiner Organisation in Berlin am Dienstag das Bild einer Branche, die "gefesselt durch Wettbewerbs-, Datenschutz- und Medienvielfaltsregelungen" globalen "Internet-Giganten" gegenüberstehe, "die in weiten Teilen uneingeschränkt in unseren Märkten agieren" könnten. Die Politik müsse endlich Position beziehen und klar entscheiden, ob die überregionalen, regionalen und lokalen Zeitungsunternehmen eine echte Chancengleichheit bei den Regeln hätten oder ob digitale Großkonzerne das Spiel für sich ausmachten.
Wolff erinnerte in diesem Zusammenhang an das seit Längerem in Brüssel anhängige EU-Kartellverfahren gegen Google, das voraussichtlich erst in ein paar Jahren ende. Die Einleitung eines Kartellverfahrens im April war allerdings bereits ein Erfolg für die Verlage, weil die Kommission auf eine Google-kritische Haltung umgeschwenkt war.
Vertrieb steuert mehr als 60% des Umsatzes bei
Der BDZV nannte in Berlin auch Zahlen zur Entwicklung des Print- und des Digitalgeschäfts der Zeitungsverlage. Für das laufende Jahr rechneten sie mit einer Stabilisierung bei Vertrieb und Anzeigen, sagte Jörg Laskowski, Geschäftsführer Verlagswirtschaft. Der Gesamtumsatz von Tages-, Wochen- und Sonntagszeitungen ist laut BDZV 2014 im Vergleich zum Vorjahr nur um 0,6% auf 7,76 Mrd. Euro gesunken. Über 60% (4,77 Mrd Euro) davon sind mittlerweile Vertriebseinnahmen, nur knapp 40% (2,99 Mrd Euro) kommen noch aus dem Anzeigen- und Beilagengeschäft.
Äußerst stabil sei der Gesamtumsatz in Höhe von 7,39 Mrd Euro bei den Tageszeitungen (-0,2%), so Laskowski weiter. Dabei entfielen 2,84 Mrd (-2,8%) auf Anzeigen und Beilagen sowie 4,55 Mrd (+1,5%) auf den Vertrieb. Wochen- und Sonntagszeitungen erzielten einen Umsatz von 365 Mio (-7,8%). Das Minus in diesem Segment ist laut Laskowski vor allem auf das Schwächeln einer Sonntagszeitung zurückzuführen. Im Anzeigengeschäft komme das Gros der Umsätze nach wie vor aus dem lokalen Markt (30%), gefolgt von Stellenanzeigen (18%) sowie der Kategorie Markenartikel/ Markenwerbung/Großformen des Handels (15,4%).
Digitalgeschäft ist Wachstumstreiber
Als "Wachstumstreiber" bezeichnet der BDZV das Digitalgeschäft. Die Nutzerzahlen der Onlineangebote gingen kontinuierlich nach oben und seien innerhalb eines Jahres um eine weitere Mio auf 18,5 Mio pro Woche gestiegen, rechnete Hans-Joachim Fuhrmann, Mitglied der Geschäftsleitung, auf Basis der Agof internet facts vor. Optimistisch stimmt den BDZV die wachsende Zahl von Bezahlangeboten im Netz. Gegenüber dem Vorjahr sei sie um 30% auf 107 Zeitungen gestiegen. Bis Jahresende rechnet der BDZV mit mindestens 120 Zeitungen mit Bezahlschranke im Web. Auch die Entwicklung der E-Paper-Auflage bewertete der Verband positiv. Im Vergleich zum Vorjahr (1. Quartal) sei die Auflage um 30% auf 733.000 angestiegen und wachse weiter sehr stark.
Fuhrmann ließ allerdings auch durchblicken, dass steigende Digitalreichweiten sich nicht notwendigerweise in Euro und Cent auszahlen: Als größte Herausforderung der Branche bezeichnete der BDZV, den wachsenden publizistischen Erfolg in der digitalen Welt auch zu einem ökonomischen Erfolg zu machen. Fuhrmann: "Das ist ein Marathon, der große Kondition und langen Atem erfordert."
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