"MZ"-Chefredakteur Hartmut Augustin: "Prinzip 'Bad news are good news' hat nie wirklich funktioniert"

 

Für viele Diskussionen unter Journalisten sorgt derzeit "Constructive News" von Ulrik Haagerup. Brauchen wir tatsächlich "konstruktive Nachrichten", thematisieren Medienmacher zu sehr "schlechte Nachrichten"? "Ich glaube nicht, dass das Prinzip "bad news are good news" jemals wirklich funktioniert hat", findet Hartmut Augustin.

Für viele Diskussionen unter Journalisten sorgt derzeit "Constructive News" von Ulrik Haagerup. Brauchen wir tatsächlich "konstruktive Nachrichten", thematisieren Medienmacher zu sehr "schlechte Nachrichten"? "Ich glaube nicht, dass das Prinzip "bad news are good news" jemals wirklich funktioniert hat", widerspricht Hartmut Augustin.

Leserbefragung

Der erfahrene Journalist, seit dem 1. Juni 2010 Chefredakteur der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Verkaufte Auflage laut IVW 1/2015: 187.192 Exemplare, gehört zu DuMont), verweist auf eine aktuelle, sehr umfangreiche Leserbefragung, die seine Zeitung gerade abgeschlossen habe. Hartmut Augustin zu kress: "Dabei hat sich gezeigt, unsere Leserinnen und Leser haben ein sehr großes Interesse an interessanten und interessant aufbereiteten Themen. Dabei ist es völlig unerheblich, ob die Inhalte eher positive oder negative Nachrichten beinhalten. Wir lassen uns bei der Themenauswahl davon leiten, täglich mit inhaltlich guten Geschichten - die informieren und analysieren - zu überraschen."

Für Hartmut Augustin, der auch als Dozent an der Freien Universität Berlin, Fachbereich Publizistik und Kommunikationswissenschaften, an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie an der Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg sein Wissen weitergibt, steht fest: "Ich glaube nicht, dass das Prinzip "bad news are good news" jemals wirklich funktioniert hat. Das ist eher eine Unterstellung aus der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gegenüber kritischen Medien."

"Meckern allein reicht nicht!"

Und Augustin fügt hinzu: " Sachsen-Anhalt ist ein Land mit einer Reihe von wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Natürlich ist es unsere Aufgabe, diese schonungslos zu beschreiben und aufzudecken. Gleichzeitig versuchen wir aber auch, Lösungen aufzuzeigen und Menschen vorzustellen, die genau daran arbeiten. Meckern allein reicht nicht!"

Die "Mitteldeutsche Zeitung" ist mit 16 Lokalausgaben größte Regionalzeitung im Süden Sachsen-Anhalts. Chefredakteur ist Hartmut Augustin, stellvertretende Chefredakteur sind Sibylle Quenett und Lars Geipel. Die Geschäftsführung verantwortet Tilo Schelsky.

Herausgeber der deutschen Fassung von Ulrik Haagerups Buch "Constructive News" ist der Medienfachverlag Oberauer, in dem auch kress.de erscheint. Erst kürzlich haben beispielsweise "Süddeutsche Zeitung" oder "Neue Zürcher Zeitung" das Buch thematisiert.

Die deutsche Fassung von "Constructive News" kann im Oberauer-Online-Shop für 24,90 Euro geordert oder über vertrieb(at)oberauer.com bestellt werden.

Ihre Kommentare
Kopf
Wolf Schneider

Wolf Schneider

- Freiberuflich tätig -
Sachbuchautor

20.07.2015
!

Liebe Kollegen – sorry, es bleibt dabei: Natürlich sind bad news interessanter als good news. Jedes abgestürzte Flugzeug ist eine Nachricht – tausend sicher gelandete sind keine. Die größten Nachrichten der letzten Monate waren Griechenland und der Absturz der German-Wings-Maschine. Journalisten können
die Welt nicht besser machen als sie nun mal eingerichtet ist.
Wolf Schneider, ehemaliger Leiter der Henri-Nannen-Schule


Andre Gaerisch

20.07.2015
!

In einem bayerischen Radiosender wird jeden Tag im Zuge einer der Nachrichtensendungen 'die gute Nachricht' vorgetragen. Halten Sie das für journalistisch sinnvoll im Sinne der Relevanzrelevanz von Meldungen oder eher für eine Marketingmassnahme, die dass Bedürfnis der Menschen nach Hoffnung in einer scheinbar hoffnungslosen Zeit befriedigen soll?
Mit hoher Achtung,
Andre Gärisch


Wolfgang Ferencak

Wolfgang Ferencak

EMC Medienberatung / Die Podcastakademie
Geschäftsführer

23.07.2015
!

Bad News sind die Aufmerksamkeitserreger in der journalistischen Berichterstattung. Sie helfen uns das "Produkt" Narchrichten an den Nutzer zu bringen. Deshalb gehören sie zum journalistischen Selbstverständnis. Kritisch wird es jedoch wenn aus der Nachricht Voyeurismus wird, Germanwings, und statt Berichterstattung nur auf das Leid der Menschen gezeigt, beschrieben wird. Das hat auch mit gutem Boulevard Journalismus nichts mehr zu tun.


X

Kommentar als bedenklich melden

 
×

Bestätigung

Dieser Kommentar wurde erfolgreich gepetzt.

×

Oooooooooops

Beim Petzen trat ein Fehler auf. Versuchen Sie es bitte noch einmal.

Weitere Beiträge zu diesem Thema
Inhalt konnte nicht geladen werden.