Neuer Deal der ARD: 200 Mio Euro mehr für Produzenten von Fiktion, Unterhaltung und Doku

 

200 Millionen Euro schüttet die ARD in den Jahren 2017 bis 2020 zusätzlich an externe Produktionsfirmen aus. Das ist das Ergebnis rund zweijähriger "harter" Verhandlungen zwischen den Landesrundfunkanstalten und der Produzenten-Allianz, wie beide Seiten am Donnerstag bestätigten.

Bei dem zähen Ringen ging es um Eckpunkte für ausgewogene Vertragsbedingungen und eine faire Aufteilung der Verwertungsrechte. Betroffen sind Produktionen für die Genres Fiktion, Unterhaltung und Dokumentation. Die sogenannten "Eckpunkte 2.0" gelten in der ARD als Selbstverpflichtung, wie die Vorsitzende Karola Wille in Berlin sagte.

Produzenten als "entscheidende Partner der ARD"

Neu verhandelt haben die ARD und die Produzenten-Allianz vor allem den Kalkulationsrealismus, die Rechteteilung und Mitfinanzierung, ein Leistungsmodell sowie die Entwicklungskosten. Karola Wille begründete den Schritt damit, dass die "Produzenten ganz entscheidende Partner sind, um unseren Auftrag zu erfüllen". Bereits bisher stecke der Sender-Verbund jährlich "707 Millionen Euro in den Produzentenmarkt". Die ARD-Vorsitzende ist in Personalunion auch ARD-Filmintendantin. "Wenn wir Kreativität und Vielfalt haben wollen, dann war klar, dass wir uns über die Verteilung der Rechte neu verständigen mussten", betonte die 56-Jährige. Später spitzte sie es - auch mit Blick auf den Kalkulationsrealismus - auf die Worte zu: "Qualität hat ihren Preis."

Teilfinanzierte Auftragsproduktionen einbezogen

Erstmals sind nun auch teilfinanzierte Auftragsproduktionen einbezogen. Produzenten haben dabei die Wahl, ob sie mit ihrer monetären Beteiligung Rechte erwerben und so an der "Wertschöpfung teilhaben, die durch ihre kreative Arbeit erfolgt", wie es Alexander Thies, Vorsitzender des Gesamtvorstandes der Produzenten-Allianz, ausdrückte. Es gebe nun anders als früher keinen Zwang mehr für Produzenten sich zu beteiligen, ohne dass diese das wollten. Thies sprach von einem "entscheidenden Tag" sowie einem "großen Schritt" und zeigte sich mit dem Ergebnis nicht nur sehr zufrieden, sondern sogar "dankbar" dafür. Auch für die ARD-Vorsitzende war die Frage, "wie werthaltig sind die Rechte, die der Produzent hat?", eine ganz zentrale. Um das zu messen, sei ein komplexes "Schichtenmodell" entwickelt worden, das sich auch nach dem jeweiligen Finanzierungsanteil der Produzenten richte.

Bei von der ARD vollfinanzierten Produktionen erhalten die Produzenten nun eine Erlösbeteiligung von 16 Prozent - ein Punkt, der offenbar noch viel Zündstoff birgt, denn Thies ist damit nach wie vor nicht einverstanden, "weil sich das praktisch überhaupt nicht nachvollziehen lässt". Daher läuft diese Quote nun erst einmal für ein Jahr. "Wir hoffen danach auf eine realistischere Bewertung", beharrte Thies.

Kalkulationsrealismus nimmt Druck von Produzenten

Andererseits freut er sich darüber, dass die Produzenten durch die Absprache insgesamt bei ihrer Arbeit nun "deutlich mehr Spielraum" erhielten. Insbesondere die Neuregelung zum Kalkulationsrealismus nehme Druck von der Branche. Denn der sei zuletzt gestiegen - und zwar "in einem Maß, das uns die Arbeit erschwert hat". Denn die Produzenten konnten stets nur mit Mindestgagen kalkulieren. "Doch gerade in unserer Branche muss man bei der Bezahlung nach Talent unterscheiden. Das ist der Kern unseres Geschäftes." Die ARD hat nun neue Berufsbilder anerkannt - darunter bei Dokumentationen Rechtsberater -, die künftig in eine Kalkulation einfließen dürfen. Diese finde durch die Eckpunkte erheblich "mehr auf Augenhöhe" statt als zuvor.

In der ARD geht es nun nach Leistung

"Völlig neu ist das Leistungsmodell", betonte Karola Wille. Mit 3,2 Millionen Euro pro Jahr möchte die ARD erfolgreiche Produzenten prämiieren. Dafür wurde ein kompliziertes Punktesystem entwickelt, in dem Preisverleihungen genauso eine Rolle spielen wie die Anzahl der Wiederholungen. Allerdings bleiben die Prämien zweckgebunden und müssen der Förderung und Entwicklung neuer TV-Projekte in der ARD dienen.

Für böses Blut hatte zuletzt gesorgt, dass der MDR die Produktion eines "Tatortes" ausgeschrieben hatte. Bei mehr als 100 Einreichungen blieben die Bewerber auf ihren Produktionskosten sitzen. Karola Wille, selbst beim MDR, versprach, dass sich so etwas nicht wiederholen werde. Künftig werden nur noch "drei bis fünf" Firmen aufgefordert, einen Pitch vorzulegen. Und die dafür nötigen Entwicklungskosten werden nach extra dafür aufgestellten sieben Regeln - unabhängig von der Verwirklichung der Stoff-Idee im Sender - erstattet.

Finanzierung noch unklar

Einig sind sich Karola Wille und Alexander Thies, dass die Eckpunkte nun in den Sendeanstalten "gelebt" werden müssten. Unklar ist auch noch, woher die 200 Millionen Euro kommen sollen. Die ARD hat zwar bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) das Geld beantragt. Doch bewilligt ist es noch nicht. Sowohl Wille als auch Thies beteuerten, dass es deswegen keine Erhöhung der Haushalsabgabe geben solle. Es gehe allein um die bei der KEF gebildete Rücklage in Höhe von 1,5 Milliarden Euro.

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