Sportchef Roman Steuer im Interview: Wie sich Sky für die harten Fußball-EM- und Olympia-Zeiten rüstet

 

Kein leichtes Jahr für Roman Steuer: Im Interview verrät der Sky-Sportschef, wie sich die Pay-Plattform gegen die Sport-Übermacht von ARD und ZDF wappnet. Und warum 3D-Fußball noch nicht tot ist. Außerdem: Steuer hofft auf ein Tennis-Wunder. Und natürlich auf gute Nerven für den anstehenden Bundesliga-Rechtepoker.

kress.deHerr Steuer, wie sehr nervt es Sie eigentlich, wenn alle vor allem die Öffentlich-Rechtlichen vom anstehenden Super-Sportjahr reden?

Roman Steuer: Ich würde sagen, wir haben jedes Jahr ein Super-Sportjahr. Wenn Sie nur die spannende Phase der Fußball-Bundesliga nehmen.

Hm.

Roman Steuer: Zugegeben, oben ist es derzeit vielleicht nicht ganz so spannend ist. Aber das kann noch dramatisch werden. Und vergessen Sie die Champions League nicht. Oder den DFB-Pokal und die Europa League. Von daher sind wir weiterhin gut aufgestellt. Mit der Formel eins haben wir ein Recht, dass gerade durch vier deutscher Fahrer – Pascal Wehrlein feiert diese Saison seine Premiere – noch interessanter wird. Und mit 400 Stunden live bietet Sky die umfassendste Formel-1-Berichterstattung im deutschen TV. Dazu kommen der Ryder Cup, das Highlight im Golf, oder die Final 4 der EHF Champions League. 2016 wird für uns ein sehr gutes Jahr – auch wenn die anderen einen Superlativ bemühen. Wir freuen uns auch auf Wimbledon. Außerdem werden wir die die zwei großen Events EM und Olympia ja abbilden – auf Sky Sport News HD.

In welcher Form?

Roman Steuer: Sehr umfangreich. Und vor allem mit eigenen Leuten, die in Frankreich und Brasilien vor Ort sein werden. Da wird einiges passieren.

Sky-Reporter, die das deutsche EM- und Olympia-Team belagern

Wie kann man den Olympia und der EM mit dem Nachrichtensender – ohne die umfangreichen Live-Rechte – gerecht werden?

Roman Steuer: Der Wichtigkeit der Veranstaltungen für den deutschen Sportfan stellen wir uns – wir werden Sky-Reporter beim deutschen Team haben, die alles zeigen werden, was im Teamlager und rund um die Spiele passiert. Außerdem bieten wir alle Highlights der EM-Spiele. Und all das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Wann immer jemand bei uns reinschaltet, wird er von der Euro sehr viel zu sehen bekommen. Bei Olympia wird das nicht minder wenig.

Trotzdem, macht es Ihnen nicht Sorge, dass während der Olympia- und der EM-Zeit die Sportfans möglicherweise ihre Sky-Fernbedienung gar nicht mehr finden werden?

Roman Steuer: Nein, das macht es nicht. Auch, weil wir mit Wimbledon ein sehr hochwertiges Recht, das in dieser Zeit stattfinden wird, ausstrahlen werden. In der gleichen Zeit zeigen wir Formel-1-Rennen. Und Beachvolleyball als klassische "Sommersportart", die sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Das ist ein wirklich breites Angebot.

Was zeigen denn Ihre bisherige Erfahrung mit Sky Sport News HD, was von den Zuschauern zu erwarten sein wird, wenn parallel die großen Sportereignisse wo anders live laufen?

Roman Steuer: Wir werden ein sehr rundes, umfangreiches Angebot liefern können. Während der Fußball-WM in Brasilien hatten wir mit Sky Sport News HD vier sehr gute vier Wochen, und wir sind absolut zuversichtlich, diese Entwicklung bei EM und Olympia fortsetzen zu können.

Kann man das in Zahlen genauer fassen?

Zuschauerzahlen, die bei Sky Sport News HD "die Million kratzen"

Roman Steuer: Die Nutzung von Sport News HD war deutlich stärker im Vergleich zu einem Monat ohne großes Sportereignis. Vor allem unsere WM-Angebote wurden sehr gut angenommen. Die Zuschauerausschläge in absoluten Zahlen sind für uns nicht so wichtig, wie sie es etwa im Free-TV sind. Sie spiegeln die Interessen unserer Abonnenten, und so helfen sie, das Programm zu justieren. Es geht uns um einen Mehrwert – nicht nur die Spielzusammenfassungen, sondern um das Neueste rund um die Spieler. Wir werden wieder sehr eng an der Mannschaften dran sein. Das alles auf einem hohen Niveau – und honoriert durch steigende Zuschauerzahlen, die immer häufiger die Million kratzen...

Haben Sie mit Ihrer News-Mannschaft nicht das Gefühl, bei der EM und bei Olympia in der zweiten Reihe stehen zu müssen, wenn die Teams von ARD- und ZDF-Reportern umlagert werden?

Roman Steuer: Nein. Gewiss, die journalistische Arbeit ist durch die entsprechenden Verträge geregelt. Trotzdem sind wir nicht schlecht aufgestellt, auch, weil wir sehr erfahrene Leute mit exzellenten Kontakten haben. Das heißt: Wir haben -  wie beispielsweise bei der EM in Polen und der Ukraine oder der WM in Brasilien – exklusive Interviews und Geschichten bekommen, die nur aufgrund der guten Verdrahtung unserer Leute vor Ort möglich wurden.

Hoffen auf ein neues deutsches Tennis-Wunder

Sie haben Wimbledon angesprochen. Meinen Sie, dass sich über Angelique Kerber so etwas wie ein neues deutsches Fernsehwunder erzeugen lässt, dass dann auch für die Fernsehsender attraktiv werden könnte?

Roman Steuer: Es würde uns sehr freuen, wenn das so kommt. Wir haben Sabine Lisicki ja noch gut in Erinnerung, die ins Finale vorgedrungen war, was damals exklusiv bei uns lief. Ansonsten wissen wir, dass Wimbledon für sich genommen stark genug ist, alleine zu stehen. Jedes Weiterkommen einer deutschen Spielerin und eines deutschen Spielers hilft natürlich, das Interesse zu steigern – gerade bei einem zweiwöchigen Turnier. Da ergeben sich viele Geschichten, die wir verfolgen können. Davon abgesehen hat Wimbledon unter den vier Majors eine starke Stellung in Deutschland – aufgrund der Tradition.

Wurmt es Sie denn nicht, dass Sie derzeit abgesehen von Wimbledon keines der großen Turniere zeigen – und das in Zeiten, in denen Tennis für die Deutschen wieder sehr spannend werden könnte?

Roman Steuer: Wimbledon ist im Moment unser starkes Zeichen im Bereich Tennis. Was die Zukunft noch bringt, werden wir sehen. Es gibt immer Möglichkeiten, da und dort zu investieren. Mich persönlich freut es sehr, dass der Sport wieder auf dem aufsteigenden Ast ist – da ich in der Vergangenheit viel Tennis als Fernsehmann gemacht habe.

"Die Wettbewerber haben sich verändert"

Hat sich der Rechtepoker um Sport-Lizenzen für Sie noch einmal deutlich verschärft, dadurch dass Eurosport jetzt die starke, investitionsfreudige Discovery-Gruppe im Hintergrund hat? Und dadurch, dass die Perform-Gruppe ja offenbar Geld im Keller drucken kann?

Roman Steuer: Es kommt immer darauf an, von welchen Rechten Sie sprechen. Im Moment ist festzustellen, dass verstärkt Nachfragen kommen – die hat es aber auch in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Die Wettbewerber haben sich verändert. Ist es schlimmer geworden? Nein, das würde ich nicht sagen. Für uns geht’s immer um die Frage, was passt noch zusätzlich zu unserem ohnehin sehr gut ausgestatteten Sportprogramm? Es muss ja Sinn ergeben für unser Geschäftsmodell und unsere Ausrichtung. Nicht alles, was einem vielleicht persönlich gefällt, muss wirtschaftlich sinnvoll sein. Der Wettbewerb spornt uns sehr an. Und wir beobachten genau, was auf dem Markt passiert.

Trotzdem könnte man aus Ihrer Sicht ja fast neidisch werden: Steht nicht mit Discovery ein weltweiter finanzstarker Player im Hintergrund, der letztlich doch eine größere Macht ist als die europäische Größe Sky?

Roman Steuer: Bei allem Respekt, aber mit 21,5 Millionen Sky-Abonnenten in fünf Ländern sind wir Europas führende Unterhaltungsgruppe. Mit diesem Hintergrund arbeiten wir konsequent und kontinuierlich an unserem Kerngeschäft und schauen, welche Rechte zu unserem Portfolio passen. Es gibt ein paar Optionen. Die sehen wir uns an – und entscheiden dann.

Was könnten diese Optionen denn sein – Boxen?

Roman Steuer: Unser Fokus liegt in erster Linie auf unseren Kern-Programmrechten – mit der Bundesliga, der Champions League, dem DFB-Pokal, der Europa League, der Formel 1 und Golf. Diese haben bei uns Priorität, wir wollen sicherstellen, dass wir das, was wir unseren Zuschauern jetzt bieten, auch in Zukunft in hoher Qualität zeigen können. Und dass wir gleichzeitig Innovationen ins Angebot bringen. Wo es die Möglichkeit gibt, uns zusätzliche interessante Dinge zu sichern, schauen wir uns diese sehr genau an, ob sie tatsächlich für uns eine Weiterentwicklung sein könnten.

"Fußball in 3D hat was"

Stichwort Innovationen – ist die 3D-Übertragung von Fußball eigentlich schon etabliert? Nicht wenige Kritiker halten Sie für einen Holzweg.

Roman Steuer: Ich finde, die Übertragung eines Fußballspiels in 3D hat was. Man muss sehen, wie sie der Markt weiterhin annimmt. Den Kanal gibt es natürlich weiterhin. Wir zeigen in Zusammenarbeit mit der DFL auch weiterhin ein Spiel pro Monat in 3D. Neu ist das Thema Ultra-HD, bei dem wir im vergangenen Jahr bereits Testcases durchgeführt haben. Faszinierende Schärfe, sehr plastisches Bild! Hier werden wir weiter als Innovationsführer agieren und überlegen folgerichtig, ob wir in diesen Geschäftsbereich mit entsprechenden Ultra-HD-Angeboten einsteigen wollen. Das ist bei uns aber nicht nur eine Überlegung für den Sport, sondern für unser gesamtes Entertainment-Angebot.

Und Virtual Reality? Können Sie sich vorstellen, dass auch mal Spiele so gezeigt werden, dass Zuschauer das Gefühl haben werden, mit ihrer Brille mitten auf dem Platz zu stehen?

Roman Steuer: Beim Football in den USA hat man bereits erste Erfahrungen damit gesammelt. Wir wissen aber auch, wie hoch komplex und aufwendig die Produktion ist.

Vorsichtig ausgedrückt.

Roman Steuer: Dennoch, wir sehen uns das genauso an und bewerten das Potenzial.

"Ich bin immer noch im Maschinenraum"

Wenn Sie auf Ihre Aufbauzeit bei Sky Sport News HD zurückblicken: Vermissen Sie manchmal schon den Maschinenraum?

Roman Steuer: Wenn ich ehrlich bin – ein bisschen schon... Das tägliche operative Arbeiten am Nachrichtengeschehen hat seinen Reiz, vor allem wenn man das einige Jahre gemacht hat. Andererseits würde ich sagen, dass ich immer noch im Maschinenraum bin. Allerdings nicht auf dem Basic Floor, sondern ein oder zwei Etagen höher und überblicke das – über den Newsroom hinaus.

Sky hat ja in den vergangenen Jahren eine beachtliche Entwicklung gemacht – auch in der öffentlichen Wahrnehmung, wenn neue Serien halbseitig im Feuilleton besprochen werden. Als Sportmann: Ballt sich bei Ihnen manchmal die Faust in der Anzugtasche, wenn so viel von den neuen Serien und der Fiktion gesprochen wird?

Roman Steuer: Der Sport kommt bei uns sehr wohl zu seinem Recht. Da gibt’s überhaupt keine geballte Faust. Im Gegenteil: Ich freue mich von ganzem Herzen, wenn jetzt mit eigenen großen Produktionen begonnen wird. Nehmen Sie "Babylon Berlin", eine Co-Produktion mit der ARD, aktuell das größte Serienprojekt Deutschlands! Damit unterstreichen und entwickeln wir unsere starke Position als Entertainmentanbieter. Ich halte das für einen sehr guten Weg. Man darf ja nicht vergessen: Längst nicht alle Sky-Abonnenten sind totale Sportfans. Was wir mit unserer Entertainment-Plattform anbieten, geht weit über den Sport hinaus.

Sie müssen nicht fürchten, dass Ihnen ein halbes Ü-Wagen-Team gestrichen wird, wenn wieder eine große Marketingkampagne für eine neue Serie rausgeht?

Roman Steuer: (lacht) Nein, müssen wir nicht.

Wie stolz sind Sie denn eigentlich, wenn bei vielen Ihrer Mitarbeiter im Sky-Gebäude auf dem Weg zur Kantine der Blick nach oben geht – zum zentralen Sky News HD-Studio, das sie einst mit eingerichtet hatten?

"Wir haben ein Stück Fernsehen in das Haus gebracht"

Roman Steuer: Das war schon sehr schön, dass wir das so anlegen konnten. Wir haben ein Stück Fernsehen in das Haus gebracht. Nicht jeder von den 1700 Mitarbeitern hier hat mit Kameras und Kabeln zu tun. Aber wir sind ein Sender. Und so ist das für jeden sichtbar. Diese Symbolkraft hat dem ganzen Haus geholfen. Fernsehen ist sexy.

Jetzt müssen Sie nur noch schnell verraten, wer die Bundesliga-Rechte kauft?

Roman Steuer: (lacht) Die Antwort muss ich Ihnen im Moment leider schuldig bleiben! Ich freue mich, wenn die Ausschreibungsunterlagen hoffentlich bald vorliegen. Aber dann geht die Arbeit ja erst richtig los.

Dann sprechen wir uns wieder.

Roman Steuer: Gerne!

Das Interview führte Rupert Sommer, kress-Korrespondent in München.

Roman Steuer baute für Sky 2011 den Nachrichtensender Sky Sport News HD auf. Im September 2015 rückte er eine Führungsebene weiter auf, als Carsten Schmidt zum CEO der deutschen Pay-Plattform wurde. Steuer trägt seitdem den Titel "Executive Vice President" und ist in dieser Funktion für den gesamten Sport-Bereich von Sky in Deutschland zuständig. Neben ihm verantwortet aktuell die frisch gebacken Sky-Programmchefin Elke Walthelm alle Inhalte, die nicht mit Sport zu tun haben. Vor seiner Sky-Zeit arbeitete Roman Steuer unter anderem für den Bayerischen Rundfunk, Tele 5 und das Deutsche Sportfernsehen DSF (heute: Sport1). Ebenfalls im September vergangenen Jahres rückt für ihn Dirk Grosse als unmittelbar Verantwortlicher für Sky Sport News HD nach. Ihm folgte Dirk Böhm als Leiter der Sky-Sportkommunikation nach. Um den wichtigen Bundesliga-Rechtepoker soll sich ab sofort Hans Gabbe kümmern.

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