Thomas Meyer vom SWR: "Fischers verbaler Rundumschlag nichts als heiße Luft"

17.08.2016
 
 

Wie bitte? "Unterschichtenorientierte Medienberichterstattung über Straftaten"? Schön wäre es ja, wenn die Zeitungen so berichteten, dass es selbst der Dümmste - pardon: der durch seine soziale Herkunft am wenigsten Gebildete - versteht und der Inhalt auch noch stimmt. Von Thomas Meyer, Medienredakteur beim SWR.

Der ehrenwerte Herr Senatsvorsitzende am BGH, Thomas Fischer, bläst mal wieder mächtig heiße Luft ins Sommerloch; dabei bietet ihm der Zeitverlag doch Raum und Zeit genug, sich zu verbreiten. Nun gut. Er wurde gefragt im Deutschlandfunk und hat geantwortet. Fischer bleibt aber die Beispiele schuldig. Er verkennt völlig die Realität in den Lokalredaktionen, worauf Gisela Friedrichsen bereits hingewiesen hat.

Sollte Fischer die Lokalredaktionen der "Bild"-Zeitung gemeint haben, läge er nicht ganz falsch. Die "Bild"-Berichterstatter skandalisieren und personalisieren beinahe traditionsgemäß in penetranter Art und Weise, verletzen dabei oft die Spielregeln (siehe Rügen des Deutschen Presserats). Das ist Blattpolitik: "immer feste druff" auf Missetäter, so verzweifelt die auch gewesen sein mögen "in Begehung der Tat".

Schulung und Interesse: conditiones sine quae non

Der klassische Gerichtsreporter beim Regionalblatt ist tot. Noch in den 1980-er Jahren hielten sich die meisten regionalen Tageszeitungsverlage einen Gerichts-und/oder Polizeireporter. Heute ist dies allenfalls in den Metropolen der Fall. Das "Desk-Prinzip" und die Rotation in den Redaktionen haben dazu geführt, dass mal der Jungredakteur, mal die Volontärin dran sind nach dem CvD-Motto: "Um 3 rufste die Bullen und die StA an. Und guck mal, ob der Prozessplan vom Amtsgericht was hergibt". Es muss dennoch nicht zwangsläufig nur Schlechtes dabei herauskommen, wenn (angehende oder selten geübte) Journalisten den Justiz-Job machen, selbst wenn sie in den allerseltensten Fällen Juristen sind. Oftmals schreiben Presserichter die Meldungen. Da gibt es einiges zu lachen. Schlecht, wenn das untaugliche Material dann einfach ins Blatt (Strg C / Strg V) übernommen wird. Besser: umschreiben. Und noch besser: die Juristen medial schulen!

In Tagungen der "Deutschen Richterakademie" für Richter und Staatsanwälte geht es seit Jahren um die Lesbarkeit der Pressemitteilungen und die Verständlichkeit von Statements der Justiz unter Vermittlung journalistischer Kriterien. Und da hat sich glücklicherweise einiges bewegt. Früher saßen Senatsvorsitzende und "LOStAs" mit 30 Dienstjahren auf dem Buckel mit verschränkten Armen in der Akademiestätte Schloss Wustrau im Brandenburgischen. Kein Gedanke daran, dass Justiz auch als Dienstleistung (am Volk) verstanden werden kann. Heute sind es junge Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die mit gewissem Stolz nach einer Woche Training mehr vom Medienhandwerk verstehen und erworbene Kenntnisse künftig mit Wonne anwenden. Noch schöner wäre es freilich, würde es mehr juristisch vorgebildete Journalisten und noch mehr Juristen mit journalistischer Begabung geben. Dann hätte sich Professor Fischer womöglich die heiße Luft gespart. Aber, so wie wir ihn kennen, wahrscheinlich eher nicht. . .

Thomas Meyer

Zum Autor: kress.de-Gastkommentator Thomas Meyer (Mainz) war für Zeitungen und Sender in den Gerichtssälen unterwegs, ist SWR-Medienredakteur, Moderator der Sendereihe "SWR4 Klartext" und Referent im Workshop "Justiz und Medien" der Deutschen Richterakademie.

 

Ihre Kommentare
Kopf

Armin Maus

17.08.2016
!

Ick jloobe, ick spinne, lieber Herr Meyer (Mainz). Sie werfen Thomas Fischer die Verbreitung heißer Luft vor und tun dann dasselbe. Nein, der Gerichtsreporter beim Regionalblatt ist nicht tot. Das Deskprinzip sorgt bei den mir bekannten Redaktionen nicht dafür, dass wahllos Jungredakteure und Volontäre auf die Gerichte losgelassen werden. Und Gerichtsberichterstattung kommt nicht vom Presserichter. Recherche mag mühsam sein, aber sie ist doch immer wieder nützlich.


in keinster Weise sind derartige Unterscheidungen zu akzeptieren, diejenigen die sich immer noch für schlauer halten und es nicht für notwendig erachten sollten darüber nachdenken. Die Rechtsstaatlichkeit ist nicht einmal schleichend wegzunehmen, auch dann nicht wenn diejenigen die es tun und wollen unter Wissen der Bürgerschaft machen. Doch die hat es ebenso festgestellt.


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