Der 38-Jährige jedenfalls benötigte dringend einen Kredit. Den wollte er sich angeblich bei einem israelischen Diamantenhändler besorgen. Er flog nach Venedig, um dem Mann dort eine Sicherheit in Höhe von 1,5 Millionen Euro zu überreichen. Im Gegenzug sollte er nach Medienberichten 25 Prozent der Kreditsumme ausgezahlt bekommen. Doch Wagner stellte offenbar noch vor Ort fest, dass es sich bis auf 10.000 Schweizer Franken um Falschgeld handelte. Noch in Venedig erstattete er daher Anzeige. Dann setzte er sich in sein Flugzeug, um zurück nach Leipzig zu fliegen. Auf dem Weg stürzte er über Slowenien ab.
Tolle Geschichte mit Sahnehäubchen
Aus rein journalistischer Sicht muss man sagen: eine tolle Geschichte für jeden investigativen Reporter, der gerne mehr Licht in die dunklen Hintergründe bringen möchte. Als Sahnehäubchen meldete "Die Zeit" nun auch noch zusätzlich, dass bei Unister Rechtsextremisten mitgemischt hätten. Kein Wunder, dass die Medien sich auf den Unister-Komplex werfen und breit berichten. Dass sie dabei offensichtlich auch den Geschmack des Publikums treffen, zeigt die Tatsache, dass die Unister-Artikel bei Google-News seit Tagen ganz oben mitlaufen.
Nur in Leipzig und Halle kommen solche Geschichten nicht so gut an. In Leipzig ist Unister beheimatet, in Halle der Insolvenzverwalter Lucas Flöther. Seine Aufgabe ist es, das insolvente Unternehmer zu möglichst guten Konditionen zu vertickern. Der Missmut hat seinen Grund. Denn gerade am vergangenen Montag wurde das Bieterverfahren für Unister im Internet eröffnet, und die Gefahr liegt auf der Hand, dass die ständigen negativen Schlagzeilen den Preis drücken, den ein oder mehrere potenzielle Käufer für das gesamte Unternehmen oder Teile davon zu zahlen bereit sind.
Vorwurf: Medien haben unsauber gearbeitet
Deshalb schlägt Unister auch zurück. Das Unternehmen weist nicht nur die Vorwürfe zurück, sondern greift seinerseits "Die Zeit" und die "Bild am Sonntag" für deren Berichterstattung an. Die soll nicht ganz sauber sein. "Die Zeit" soll von einer anonymisierten ehemaligen Mitarbeiterin eines Call-Centers Zitate gebracht und behauptet haben, die Frau, die im Text Emma genannt wird, habe in diesem Call Center bereits 2011 gearbeitet - während das Center erst 2014 überhaupt gegründet wurde. Aber der Vorwurf trifft so nicht zu. Mag sein, dass der Artikel an der entsprechenden Stelle verkürzt formuliert ist, weil das komplizierte Geflecht der Unister-Firmen sonst nur schwer verständlich darzustellen wäre. Falsch aber ist der Bericht nicht.
Die "BamS" wiederum soll eine Stellungnahme von Unister in ihrem Artikel nicht berücksichtigt haben. Dabei geht es um den Vorwurf, das Unternehmen habe im Zuge eines Kooperationsvertrages Kundendaten an das Unternehmen Flightright verkauft. Flightright bietet Kunden Hilfe im Kampf um Entschädigungsansprüche gegen Fluggesellschaften an.
Unister sieht sich zum Abschuss freigegeben
Aber auch dieser Vorwurf trifft die Sache so nicht wirklich. Denn die "BamS" bringt durchaus eine Stellungnahme von Unister, nur offensichtlich nicht in der Breite, wie das Unternehmen sich das gewünscht hätte. Denn um Unisters Glaubwürdigkeit ist es gerade grundsätzlich nicht sehr gut bestellt, und daher wird jede Stellungnahme, mit der die eigene Darstellung eins zu eins transportiert werden kann, als wichtiger Erfolg gesehen. Das Unternehmen sieht sich von den Medien zum Abschuss freigegeben.
In beiden Redaktionen geht man davon aus, dass es sich bei den Unister-Vorwürfen um Ablenkungsmanöver handele. Eine Sprecherin der "Zeit" wies den Vorwurf von Unister gegenüber kress.de zurück: "Die Vorwürfe von Unister treffen nicht zu. Die Mitarbeiterin, die wir Emma genannt haben, hat - wie von uns beschrieben - in einem Callcenter in Berlin gearbeitet und dort Kunden von vol24.fr betreut. vol24.fr gehört zu einer Tochterfirma von Unister". Im Übrigen sei Emma nicht die einzige Quelle für den Text gewesen. "Wie aus dem Artikel hervorgeht, haben wir auch mit anderen Mitarbeiterinnen gesprochen, die uns die Praktiken von Unister und seiner Tochterfirmen und -gesellschaften bestätigt haben." Auch beim Springer-Verlag, in dem die "BamS" erscheint, wurde der Vorwurf zurückgewiesen: "Medienschelte ist leider oft ein billiges Mittel, um von der eigenen Misere abzulenken. An der Berichterstattung der 'Bild am Sonntag' ist nichts zu beanstanden."
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