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Der Wechsel, den "Meedia.de"-Chefredakteur Georg Altrogge zuerst gemeldet hatte, wurde kress.de von gut informierten Quellen inzwischen bestätigt. Doch weshalb Friedrichsen den Sirenenklängen von Springer erlegen ist, bleibt vorerst ungewiss. Waren ihre Beziehungen zur "Spiegel"-Redaktion belastet? Wollte man dort nun einzig auf Beate Lakotta setzen? Und: Welche "Spiegel"-Urgesteine hat Springer-Aushängeschild Stefan Aust, der Friedrichsen abgeworben hat, vielleicht noch auf seiner Liste?
Kollegen bewundern an Friedrichsen immer ihre Effizienz, die Leser lieben ihre Reportagen. Doch außerhalb ihrer Redaktion wurde sie womöglich höher respektiert und geschätzt als innerhalb der "Spiegel"-Gruppe. Nun steht Nachfolgerin Beate Lakotta in den Startlöchern, um erste und damit wichtigste Gerichtsreporterin zu werden - sie "hat wirklich lang genug gewartet", heißt es in Hamburg. Bisher hatte Friedrichsen als Autorin immer Vorrang vor Lakotta.
Friedrichsen hat zwar kein Jura studiert, arbeitet aber wie eine Juristin: schnell und professionell. "Die kommt in die Redaktion, setzt sich hin und schreibt ihren Text in zwei Stunden runter", heißt es bewundernd: "Sie ist enorm effizient." In ihren Texten dreht es sich immer um die Menschen hinter den Taten: NSU-Terroristen, Kindermörder oder Aufseher in Konzentrationslagern; sie berichtete auch von Wirtschaftsstrafverfahren, etwa gegen die Führungsspitze der Deutschen Bank. Dabei macht sie die Geschehnisse im Gerichtssaal auch für nicht-juristisch vorgebildete Leser verständlich. Friedrichsen leistet einen wichtigen Beitrag für die Akzeptanz rechtstaatlicher Strafverfahren in der Öffentlichkeit. Trotz ihres Könnens musste Friedrichsen als Frau immer auch um ihr Standing kämpfen, beim "Spiegel" stand sie lange im Schatten ihres Vorgängers Gerhard Mauz.
Unumstritten ist Friedrichsen keineswegs: Eigene Positionen sind ihr nicht fremd, vor kurzem hatte sie bei kress.de zur Thomas-Fischer-Kontroverse und dessen Schelte gegen Journalisten Position bezogen: "Sehr geehrter Herr Vorsitzender [Fischer], was meinen Sie, wie viele Journalisten gern andere, bessere Texte schreiben würden, stattete man sie mit dem entsprechenden Wissen aus, gewährte man ihnen vernünftige Arbeitsbedingungen und honorierte man sie angemessen? Die Realität in den Redaktionsstuben, so es solche überhaupt noch gibt, sieht nämlich anders aus, als sie sich ein hochdotierter Bundesrichter vorstellt." Das Fazit ihres Briefes ist nicht minder deutlich: "Fischer macht den Fehler, den er bei anderen so gern hämisch aufspießt. Er äußert sich über Dinge, von denen er, der geniale und hochkompetente Jurist in der Komfortzone richterlicher Unabhängigkeit, nichts versteht. Dazu gehört der Journalismus und vor allem dessen heutige Praxis."
Die "Bild"-Zeitung bezeichnete Friedrichsen einmal als "Lügenpresse", dies in Zusammenhang mit dem Prozess gegen den Meteorologen Jörg Kachelmann: "Es sind nicht nur die 635.000 Euro, die Springer - vielleicht - einmal an Kachelmann zahlen muss, die bisher höchste Entschädigungssumme in einem derartigen Verfahren, in dem es um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten und vor allem um unwahre Berichterstattung ging. Wenn jemals das Wort 'Lügenpresse' einen gewissen Wahrheitsgehalt gehabt haben sollte, dann wohl hier." Kurios: Friedrichsen wird nun zu Axel Springer wechseln, dem Verlag, in dem auch "Bild" erscheint.
Kritiker werfen Friedrichsen vor, dass sie kein Problem damit habe, sich selbst zum Gegenstand der Berichterstattung zu machen, und Partei in eigener Sache zu sein. Zudem: Ihre Empathie als Person und die Spannungsbögen in ihren Geschichten machen sie beliebt, aber auch verletzlich. Einmal schrieb sie, dass Menschen, denen ihr "gutes Recht" versagt blieb, sich oft zu Querulanten entwickeln und ihrer Umwelt auf die Nerven gehen, was ihr Unglück noch steigert. Andere würden darüber krank, weil sie ihr Leben lang mit diesem Schicksal hadern. Diese Risiken und Nebenwirkungen des Justizapparates hat Friedrichsen immer genau verstanden und klug beschrieben, und das gehört zu ihren besten Beobachtungsgaben, die uns als Leser fehlen werden.
"Spiegel"-Nachfolgerin Beate Lakotta hat sich auch bereits durch versierte Gerichtsreportagen hervorgetan. Sie berichtete vor allem über den Fall Gustl Mollath. Dass sie dabei auch die bayerische Justiz verteidigte, brachte ihr Kritik aus der juristischen Blogosphäre ein, unter anderem im renommierten Delegibus-Blog von Oliver García, der Lakotta "Journalismus per Ferndiagnose" vorwarf.
Lakotta wehrte sich gegen diese Darstellung im Spiegelblog: "Als Journalistin betreibe ich keine Ferndiagnostik, sondern Recherche. Mit meinen Recherchen zum Fall Mollath könnte ich ein Buch füllen. Ich habe viele Quellen ausgewertet [die Lakotta dann aufzählt]. ... Exemplarisch habe ich Belege für meine These geliefert, dass wir es im Fall Mollath eher nicht mit einem Skandal zu tun haben, sondern mit einer skandalisierenden Berichterstattung."
García erwiderte: "Meine Annahme, daß Sie nicht gründlich ermittelt hätten, war falsch. Das zeigt Ihre jetzige Erläuterung. Von Ferndiagnose kann also keine Rede sein. Aber ich glaube, mein Irrtum ist entschuldigt: Daß Sie die umfangreichen Recherchen durchgeführt haben, ließ sich aus Ihrem Beitrag gerade nicht entnehmen." Allerdings äußerte er auch, dass Lakottas Beitrag weit davon entfernt sei, den Fall Mollath umfassend und ausgewogen darzustellen. "Auch nach nochmaligem Lesen kann ich von dieser Kritik nichts zurücknehmen", schrieb der bekannte Jurist García.
Lakotta antwortete nicht mehr. Es zeichnet sie jedoch aus, dass sie sich der Kritik stellt. Wenn Friedrichsen nun zu Springer wechselt, zeichnet das diesen Verlag ebenso aus. "Bild"-Kritiker werden dort nicht jeden Tag angeworben. Doch Stefan Aust ist pragmatisch: Er will aus der "Welt"-Gruppe das modernste deutsche Medienhaus machen. Gute Journalisten und renommierte Autoren kommen da wie gerufen.
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