In der offiziellen Aussendung heißt es zur Begründung: "Nach Ansicht von netzwerk recherche untergraben die Preisträger das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Medien: Mit irreführenden Schlagzeilen, falschen oder erfundenen Texten, fehlender Nachfrage bei den Betroffenen, Manipulationen von Fotos und nicht selten der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Die Bereitschaft zur freiwilligen Korrektur von falscher Berichterstattung fehlt häufig. Mit der Auszeichnung wird auch gewürdigt, dass die Verlage nur äußerst ungern Auskunft geben zu Form, Machart und Inhalt ihrer Magazine", so das Netzwerk Recherche.
"Ausgezeichnet" werden die Funke Mediengruppe (für die Magazine "Die Aktuelle, "Das Goldene Blatt", "Frau aktuell"), die Hubert Burda Media Holding (für die "Freizeit Revue") und die Bauer Media Group (für "Das Neue Blatt", "Freizeitwoche", "Neue Post", "Das Neue").
In der Urteilsbegründung heißt es weiter: "Nicht nur in Zeiten, wo viele über "Fakenews" reden und andere mit der Parole "Lügenpresse" gegen Medien hetzen, betrachtet netzwerk recherche diese Form des Journalismus der "Regenbogenblätter" als besonders kritikwürdig. Er untergräbt das immer wieder geforderte Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und Seriosität von Medien."
Die Journalisten-Organisation kritisiert außerdem "die nicht vorhandene Dialogbereitschaft Ihrer Verlage zu Form, Machart und Inhalte dieser Magazine. Natürlich ist niemand verpflichtet, einer Einladung von netzwerk recherche zu folgen. Aber es ist bezeichnend, dass es wochenlang überhaupt keine Reaktion Ihrer Verlage auf diese Einladungen gab - trotz mehrfacher Nachfragen."
Die Verlage lehnten es ab, den Negativpreis vor Ort entgegen zunehmen.
Schriftlich antwortete Hubert Burda Media: "Gegenüber Freizeit Revue wurden in der jüngeren Vergangenheit keine Beschwerden vom Deutschen Presserat ausgesprochen. Auch unter dem Aspekt "Wahrheitsschutz" ist nicht ersichtlich, weshalb Freizeit Revue in den Verdacht unzutreffender Berichterstattung oder unzulänglicher Recherche geraten ist. In jüngerer Vergangenheit mussten weder Gegendarstellungen gedruckt, noch Richtigstellungen veröffentlicht werden. Ebenso weisen wir den Vorwurf der Manipulation von Bildmaterial zurück."
Als "anmaßend" betrachtet die Bauer Media Group den Negativpreis: "Rund 15 Millionen Deutsche lesen Woche für Woche Yellow-Titel. Leserinnen und Leser machen dieses Segment somit zu einem der größten und erfolgreichsten im Land.Wir nehmen unsere Leserinnen und Leser ernst, verstehen ihre Wünsche und bedienen professionell ihre Bedürfnisse nach gut gemachter Unterhaltung. Diese Form des unterhaltenden Journalismus als besonders kritikwürdig einzustufen und sich damit über Abertausende von Kolleginnen und Kollegen sowie Millionen von Leserinnen und Lesern zu erheben, empfinden wir als anmaßend."
"Wir stellen uns gerne der sachlichen Debatte zu diesem Thema", betont die Essener Funke Mediengruppe. "In einer Diskussion, deren Ausgang von Vornherein festzustehen scheint, sehen wir allerdings, wie wir Ihnen bereits Mitte Mai telefonisch signalisiert haben, wenig Sinn. Nach einer Möglichkeit, einen offenen und inhaltlich differenzierten Dialog über die Bedeutung des unterhaltenden Journalismus, seine Praktiken und seine Wirkungen zu führen, sollten wir gemeinsam suchen", heißt es in der schriftlichen Erklärung.
"Für mich ist diese Auster eine Fehlentscheidung", kommentiert auf Twitter dagegen Volker Lilienthal, der Journalistik an der Universität Hamburg lehrt und sich seit Jahren aktiv in das "Netzwerk Recherche" einbringt: "Zumal die AfD in der engeren Wahl war. Gauland hätte Negativpreis gleich mitnehmen sollen."
Kritisch wurde am Wochenende von einigen Nutzern in den Sozialen Medien auch der kress.de-Schwerpunkt zu Yellow-Press angesehen, in dem sich offen wie nie zuvor Yellow-Chefredakteure wie Roland Hag, Chefredakteur von "Neue Post", Petra Hansen-Blank, Chefredakteurin von "Das neue Blatt" oder Chefredakteur Dittmar Jurko, verantwortet unter anderem Bauer Stars & Stories Experts, Fragen zu ihrer Arbeit stellen und ihr Wirken verteidigen.
Die "Verschlossene Auster" wird vom Vorstand von Netzwerk Recherche vergeben. Ihm gehören an als 1. Vorsitzende: Julia Stein, 2. Vorsitzende: Cordula Meyer, Schatzmeisterin: Renate Daum, Schriftführerin: Christina Elmer; Beisitzer sind Bernd Kastner, Markus Grill, Egmont R. Koch und Gert Monheim; vom Vorstand kooptiert sind Franziska Augstein, Marc Widmann, Kuno Haberbusch, Ulrike Maercks-Franzen, Manfred Redelfs, Albrecht Ude, Vera Linß, Thomas Schnedler; Kassenprüfer sind Frank Brendel und Jonathan Sachse, Geschäftsführer ist Günter Bartsch.
Mit der "Verschlossenen Auster" hat "Netzwerk Recherche" in den vergangenen Jahren beispielsweise Aldi, Facebook, Heckler & Koch, den Automobilclub ADAC, die Deutsche Bischofskonferenz, die FIFA und Sepp Blatter, Vladimir Putin oder Hartmut Mehdorn, den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, ausgezeichnet. Erstmals hat "Netzwerk Recherche" den Preis 2002 verliehen, erster "Preisträger" war Bundesinnenminister Otto Schily.
kress.de-Lesetipp: Finden Sie hier aktuelle Berichterstattung zur Netzwerk-Recherche-Jahrestagung in Hamburg.
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