"Handelsblatt"-Geschäftsführer Gabor Steingart vor dem Aus

 

"Das wird teuer", ist aus dem Umfeld der renommierten Verlagsgruppe Handelsblatt in Düsseldorf zu hören, die eben erst in ein schmuckes neues Gebäude gezogen ist und sich in Handelsblatt Media Group umbenannt hat. Wie in der Branche erwartet wird, muss Gabor Steingart, der im Verlag sowohl Vorsitzender der Geschäftsführung als auch "Handelsblatt"-Herausgeber ist, gehen. Pikant: Er ist auch Teil-Eigner.

Ausgelöst hatte die Unruhe in Düsseldorf, die zu vielen Spekulationen und einem sehr vielsagenden offenen, fast ganztägigen Schweigen der Presseabteilungen des "Handelsblatt" geführt hatte, ein "Spiegel"-Artikel, der von einem Zerwürfnis Steingarts mit seinem Verleger und langjährigen Förderer Dieter von Holtzbrinck berichtete. 

Demnach soll der Haupteigner der Handelsblatt Media Group, der sich selbst ebenfalls mit Blick auf die Arbeit seiner Redaktionen als aktiver Herausgeber sieht, aber selten in der Öffentlichkeit zu Wort meldet, aggressive Formulierungen Gabor Steingarts in dessen täglichen Newsletter "Morning Briefing" missbilligt haben. Dort hatte der Geschäftsführer am Mittwoch zwischen Auseinandersetzungen zwischen dem scheidenden SPD-Vorsitzenden Martin Schulz und Noch-Außenminister Sigmar Gabriel geschrieben. Von Plänen für einen "perfekten Mord", das heißt der politischen Kaltstellung von Gabriel, war die Rede.

Dies führte offenbar dazu, dass sich Verleger Dieter von Holtzbrinck in einem Brief an das Willy-Brandt-Haus in Berlin gewandt und bei Schulz entschuldigt habe. Das Schreiben ging direkt an den "Spiegel", der genüsslich daraus zitierte. Steingart war früher unter anderem "Spiegel"-Büroleiter in Washington und Berlin.

Wie nun bekannt wurde, hat die Handelsblatt Media Group die Mitarbeiter des Hauses für ein sogenanntes "Townhall Meeting" für den Freitagnachmittag zusammengetrommelt. Insider erwarten, dass dort der Abgang Gabor Steingarts bekannt gegeben wird. Dass er sich weiter halten könnte, gilt als unwahrscheinlich.

Sven Afhüppfe: "Manchmal passieren auch in einem Verlagshaus Dinge, die unvorhersehbar sind und die gewohnten Abläufe stören"

Sein üblicher "Morning Briefing"-Newsletter erschien am Donnerstagmorgen nicht zur gewohnten Uhrzeit. Erst mit großer Verspätung verschickte "Handelsblatt"-Chefredakteur Sven Afhüppe nach Freitag-Mittag eine aktuelle Version. Dort heißt es nebulös: "Manchmal passieren auch in einem Verlagshaus Dinge, die unvorhersehbar sind und die gewohnten Abläufe stören", so Afhüppe. "Aus diesem Grund kommt das Morning Briefing, das Ihnen sonst immer pünktlich zur Frühstückszeit vorliegt, heute ein paar Stunden verspätet. Dafür möchte ich mich entschuldigen."

Die wenigen Worte passen in das Bild eines Verlagshauses, das zumindest nach außen betrachtet zeitweilig führungslos wirkte und bei dem Presse-Arbeit und strategische Schadensbegrenzung offensichtlich nicht erste Priorität haben.

Wie aus dem Umfeld des Verlags zu hören ist, vermutet dort kaum jemand, dass tatsächlich der aktuelle Mittwochs-Newsletter mit den zumindest missverständlichen Formulierungen über Martin Schulz der wahre Auslöser für eine mögliche Demission Steingarts sein können. Offenbar gibt es eine Vorgeschichte. Schon während der Phase als Martin Schulz zum Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten bestimmt wurde, wählte Steingart scharfe Worte. Er erwähnte etwa, dass Schulz kein Abitur besitzt und einst Alkoholiker war. Gut möglich, dass er damit auch schon Reaktionen - intern wie extern bei der SPD-Führung - ausgelöst hatte.

Zudem ist unklar, in wie weit Gabor Steingart, bei dem bislang beim "Handelsblatt" alle Fäden zusammenlaufen, wirtschaftliche Gründe vorgehalten werden. Zuletzt wurde die Führung der von ihm mit gegründeten "Wirtschaftsclubs" ausgetauscht.

Insider sprechen schon von hohen Kosten, die eine Trennung verursachen könnte. Immerhin hält immerhin drei Prozent der Anteile an der Verlagsgruppe. Mit Christian Schertz hat er sich einen Anwalt genommen, der nicht gerade als günstig gilt.

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