Eine Online-Redakteurin, die seit langem von einer Stelle als Auslandskorrespondentin in einer bestimmten Stadt träumt, erlebt, dass die Stelle regelmäßig neu vergeben wird, aber immer an andere. Ihre eigenen Bewerbungen kommen nicht einmal in die engere Auswahl. Ein Reporter beobachtet das glückliche Familienleben seines Teamleiters. Ihm selbst ist mit Ende 30 noch keine einzige Beziehung geglückt, von eigenen Kindern gar nicht zu reden.
Neid fühlt sich an wie ein Urteil über die eigenen Fähigkeiten
Es gibt viele Gründe, auf andere neidisch zu sein, auch wenn dieses Gefühl schmerzlich und peinlich zugleich ist: Der unangenehme Blick auf die beruflichen oder persönlichen Erfolge anderer, die man selbst nicht geschafft hat und die sich wie ein Urteil über die eigenen Fähigkeiten anfühlen. Social Media hat das Ganze nicht leichter gemacht. Da sieht man vielleicht, wie der Arbeitskollege seinen fünften Marathon gelaufen ist, während man selbst beim zehnminütigen Joggen seine Schwierigkeiten hat oder es gleich ganz lässt.
Wie umgehen mit Neid und, wichtiger, wie dieses hässliche Gefühl in etwas Positives verwandeln, dass einen inspiriert und weiterträgt? Diese fünf Schritte können helfen.
1. Gestehen Sie sich Ihre wahren Gefühle ein
Es ist menschlich und völlig normal, manchmal neidisch auf andere zu sein. Selbst die erfolgreichsten und reichsten Menschen sind davon nicht ausgenommen (umgekehrt braucht Zufriedenheit nicht besonders viel Erfolg und Geld). Verschwenden Sie also möglichst wenig Energie darauf, sich über sich selbst zu ärgern, sich etwa Vorwürfe zu machen, dass man "nicht so denken" oder "sich für andere freuen" sollte.
2. Fragen Sie sich, wie es Ihnen wirklich geht
Nehmen Sie die Gelegenheit zum Anlass, sich zu fragen, wie es Ihnen eigentlich geht. Oft steckt hinter neidischer Frustration etwas ganz anderes: Erschöpfung - Überarbeitung, Schlafmangel, ewig verschleppte Erkältungen. Achten Sie einige Tage mehr als sonst auf sich. Verlassen Sie, wenn möglich, das Büro etwas früher oder zumindest pünktlich und gehen Sie früh ins Bett. Achten Sie darauf, ob das allein Ihre Stimmung wieder hebt.
3. Prüfen Sie, worauf Sie wirklich neidisch sind
Die konkreten Erfolge anderer Menschen sind, bei Licht betrachtet, oft gar nicht das, was wir ihnen neiden. Vielleicht hat die frühere Chefin nun tatsächlich ein wunderschönes Haus in Hamburg, aber Sie würden München sowieso nie verlassen - neidisch macht Sie vielmehr der Eindruck, dass sie mehr gestalten und sich entfalten kann. Suchen Sie also nach dem Kern des Neids: Das, was Sie sich wirklich für Ihr eigenes Leben wünschen.
4. Betrachten Sie Erfolge anderer realistisch
Neid konzentriert sich meist auf einen einzelnen Aspekt eines anderen Lebens, die anderen sind uns vielfach verborgen. Vielleicht hat jemand große berufliche Erfolge, bezahlt sie aber mit einem privaten oder gesundheitlichen Preis, der Ihnen viel zu hoch wäre. Vielleicht ist die Ehe, die Sie so bewundern, gar nicht so glücklich, wie es Ihnen scheint. Selbst Dinge wie finanzielle Unabhängigkeit haben sehr unangenehme Aspekte. Relativieren Sie Ihren Eindruck also ein wenig: Sie kennen nur einige Aspekte, nicht das Gesamtbild.
5. Finden Sie Ihre eigene Variante von Erfolg
Schiefgehen wird der Versuch, die Erfolge anderer imitieren zu wollen. Sie sind eine eigene Persönlichkeit mit eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen. Lassen Sie sich stattdessen dazu inspirieren, Ihre eigene Variante des Erfolgs zu gestalten. Eine Kollegin ist nach New York ausgewandert? Vielleicht passt ersatzweise ein regelmäßiger Besuch sowieso besser zu Ihnen, als sich den Strapazen des Auswanderns auszusetzen. Sie sind kein Chefredakteur geworden? Möglicherweise ist Reporter tatsächlich der spannendere Job für Sie.
Neid kann, so unbeliebt dieses Gefühl ist, auf diese Weise viele gute Effekte haben: Sie erkennen, welche Ihrer Bedürfnisse tatsächlich bisher unerfüllt geblieben oder zu kurz gekommen sind und Sie anregen, sich mehr darum zu kümmern. Das Ergebnis ist dann nicht mehr, dass Sie vermeintlich verpassten Chancen hinterher trauern oder sich über die Erfolge anderer nicht freuen können. Sondern: Der Ansporn, etwas zu schaffen, das besser zu Ihnen selbst passt.
Zum Autor: Attila Albert (45) begleitet mit seiner Firma Media Dynamics seit mehreren Jahren Medienprofis bei der beruflichen und persönlichen Neuorientierung. Albert hat selbst mit 17 Jahren als Journalist zu arbeiten begonnen. Anfangs bei der "Freien Presse" in Chemnitz, eine der größten deutschen Regionalzeitungen, später insgesamt 23 Jahre bei Axel Springer, unter anderem als Textchef und für Sonderaufgaben bei der "Bild"-Bundesausgabe, danach als Autor bei der Ringier AG in Zürich. Berufsbegleitend hat er sich in den USA zum Coach ausbilden lassen sowie vorher ein dreijähriges Webentwickler-Studium absolviert.
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