Wie NOZ Glühbirnen zu Medien macht - "Ambient News"-Projekt in der heißen Phase

 

Ein regionales Medienhaus aus dem Norden macht Science-Fiction-Journalismus: Im Interview mit "kress pro" haben Nicolas Fromm, Geschäftsleiter Digital bei NOZ Medien, und Entwicklungschef Joachim Dreykluft mehr über ihr "Ambient News"-Projekt verraten.

NOZ Medien, der Verlag der "Neuen Osnabrücker Zeitung", baut in Hamburg seit dem Jahresanfang eine zentrale Digitalredaktion auf, zu der auch eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung gehört. In einem Dutzend von Haushalten testet sie das Ausspielen personalisierter Informationen über Bildschirme, Lautsprecher und LED-Glühbirnen in den Wohnungen der Probanden. 

kress pro: Herr Dreykluft, einer Ihrer Tweets unter dem Stichwort Ambient News zeigt ein Foto von einem Bildschirm in einem Holzrahmen. Was soll das sein?

Joachim Dreykluft: Im Grunde ist es ein Tablet, das in einen Holzrahmen eingebaut ist. Das wird ein Teil der Hardware-Installation sein, die wir als erste Testinstallation in Haushalte reinbringen.

kress pro: Mit Verlaub: Soll so das sagenumwobene Internet of Things für Lokaljournalismus aussehen?

Joachim Dreykluft: Das ist unser erster Prototyp. Auf der Hardware-Seite brauchen wir einen Bildschirm, ein Mikrofon, einen oder mehrere Bewegungsmelder, Sensoren, die feststellen können, wo sich jemand in seiner Wohnung aufhält, eine LED-RGB, also eine fernsteuerbare LED-Glühbirne – und das war’s. Das ist die Hardware, die wir bespielen wollen. Wir werden Testinstallationen in echten Ein- und Mehrpersonenhaushalten stehen haben. In Phase eins werden sie in einem Dutzend Fremdhaushalten und bei uns Projektmitgliedern aufgestellt. Ein Dutzend, weil wir glauben, dass es anfangs wichtig ist, engen Kontakt zu diesen Testnutzern zu halten. Wir wollen ihnen Support bieten und zu ihnen nach Hause fahren, um herauszufinden: Wie geht ihr damit um? Ist das, was wir euch anbieten, das, was ihr euch erwartet habt, oder liegen wir damit völlig daneben?

kress pro: Was bieten Sie denn?

Joachim Dreykluft: Wir bespielen die Situation morgens vom Aufwachen bis zum ersten wichtigen Termin des Tages. Das ist das Szenario, mit dem wir starten. Die empirische Sozialforschung würde sagen: Wir haben dazu strukturierte qualitative Interviews mit den Test-Teilnehmern geführt und sie zu ihren Ritualen, Räumlichkeiten und Informationsbedürfnissen am Morgen befragt.

kress pro: Was ist dabei herausgekommen?

Joachim Dreykluft: Viele Menschen sagen, wir haben nicht zu wenig Informationen, sondern eher zu viele. Häufig wurde der Wunsch geäußert, die richtige Menge an Informationen oder die individuell passenden Informationen zu bekommen. Diejenigen, die eher weniger Infos benötigen, werden dann auch tatsächlich weniger Infos erhalten. Sie bekommen aber gleichzeitig einen Gesamtüberblick darüber, ob es ein nachrichtenstarker oder -schwacher Tag ist und ob sie an einem nachrichtenstarken Tag vielleicht mehr Informationen konsumieren sollten. Diese Botschaft versuchen wir mit einer LED-Glühbirne zu verbreiten.

kress pro: Welche Informationen bekommen die Nutzer?

Joachim Dreykluft: Die Idee ist, dass von den Testern der zwölf Installationen niemand denselben Content bekommt, sondern personalisierte Nachrichten. Wir haben einen Redakteur, der Vollzeit auf diesem Projekt sitzt und morgens eine Zahl von x Stunden damit verbringen wird, die Nutzer mit diesen Informationen zu versorgen. Der weiß, wo Frau Müller und Herr Schmidt wohnen und ob sie eher weniger oder eher mehr Nachrichten konsumieren. Er weiß beispielsweise auch, welches ihr Standardverkehrsmittel ist und versorgt sie mit den notwendigen Verkehrsinfos. Dieser Redakteur erstellt händisch auf Basis der vorliegenden Daten ein individuelles Informationsangebot, und aus der Nutzung des Angebots können wir Daten sammeln, die uns im Laufe der Zeit ein besseres Bild von Frau Schulz und Herrn Schmidt geben und die sich in Algorithmen übertragen lassen.

Nicolas L. Fromm: Die Idee ist ja auch herauszufinden, wie sich strukturierte Daten, die im Markt verfügbar sind, journalistisch auswerten lassen, um daraus individuelle Geschichten zu bauen. Natürlich warnt mich Google morgens auch: "Fahr bitte zu deinem Termin früher los, weil die A7 voll ist." Wenn mir aber die Redaktion sagt: "Es nützt auch nichts, wenn du durch Rendsburg fährst, weil der Kanaltunnel wegen einer Baustelle zu ist", dann ist das eine Information, die wir natürlich haben, die wir bloß noch packagen müssen.

kress.de-Tipp: Wie die F&E-Unit von NOZ Medien arbeitet, wie sie ihr "Ambient News"-Projekt finanziert und mit welchen Ideen sie sich sonst noch beschäftigt, lesen Sie im vollständigen Interview mit Joachim Dreykluft und Nicolas Fromm, erschienen in Ausgabe 1/2018 von "kress pro", und geführt von Uwe Förster. Die Ausgabe kann in unserem Shop als E-Paper oder gedruckt gekauft werden - und ist auch im iKiosk erhältlich. Per E-Mail kann sie unter vertrieb(at)oberauer.com bestellt werden. "kress pro" - das Magazin für Führungskräfte bei Medien - erscheint wie kress.de im Medienfachverlag Oberauer. "kress pro"-Chefredakteur ist Markus Wiegand, Herausgeber Johann Oberauer. Zum "kress pro"-Abo.

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