Steffen Klusmann hat sich in einem Schreiben an die "Spiegel"-Mitarbeiter gewandt. Die "Bild"-Zeitung hatte zuerst darüber berichtet. Der Spiegel bestätigt die Angaben gegenüber kress.de.
Klusmann schreibt in dem Brief, der kress.de vorliegt, der Fall des Reporters Claas Relotius habe bei einigen "Spiegel"-Kolleginnen und Kollegen die Frage aufgeworfen, ob Ullrich Fichtner als Chefredakteur und Matthias Geyer als Blattmacher nach einem solchen "Desaster" eigentlich noch tragbar seien. "Der eine hat Claas Relotius für den Spiegel entdeckt, der andere hat ihn fest angestellt und bis zuletzt geführt."
Zur Erinnerung: Die gemeinsame Redaktion von "Spiegel" und und "Spiegel Online" sollte im Januar 2019 unter neuer Leitung starten. Steffen Klusmann (Vorsitzender), Barbara Hans und Ullrich Fichtner sollten die neue Team-Chefredaktion bilden (kress.de berichtete).
Er wolle den Fall Relotius hier nicht leichtfertig abtun, betont Klusmann in seinem jüngsten Brief an die Mitarbeiter. "Dafür ist er zu groß und zu gefährlich. Und er ist noch lange nicht ausgestanden. Ich habe daher mit Matthias und Ullrich verabredet, dass wir ihre neuen Verträge erstmal aussetzen und ruhen lassen, bis die Kommission den Fall abschließend untersucht hat."
Solange werde er zwei erfahrene Kollegen bitten, als Blattmacher beim Heft auszuhelfen, so Klusmann in der Mitteilung weiter. Er unterstreicht, es habe lange gedauert, eine neue Chefredaktion zusammenzusetzen, die sich gut ergänzt. "Klar, jeder ist austauschbar, nur mancher eben schwerer."
Ullrich Fichtner und Matthias Geyer hätten ihm beide angeboten, ihre Posten zur Verfügung zu stellen, falls er das für nötig erachte, erklärt Klusmann. "Wir können jetzt jeden, der enger mit Relotius zu tun hatte, zur Verantwortung ziehen, das lässt sich nach oben beliebig fortsetzen. Ich finde allerdings, Verantwortung sollte man dann übernehmen, wenn man sich etwas vorzuwerfen hat."
Ullrich Fichtner (53) ist seit 2001 Reporter des "Spiegel". In den Jahren 2011/2012 war er Korrespondent in New York, danach zwei Jahre Leiter des Ressorts "Gesellschaft" in Hamburg. Zwischen 2002 und 2010, und seit 2016 arbeitete er als Reporter mit Dienstsitz Paris. Stationen Fichtners vor seinem Eintritt in die "Spiegel"-Redaktion waren "Die Zeit", die "Frankfurter Rundschau", die Nachrichtenagentur AP und, als Volontär, die "Frankenpost" in Hof.
Matthias Geyer, Jahrgang 1962, arbeitet seit 1989 für den "Spiegel", zunächst im Sport, später als politischer Reporter in Berlin. Seit 2006 leitet er das Ressort Gesellschaft. Ausgezeichnet wurde er unter anderem mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis und dem Henri-Nannen-Preis.
Erste Stellungnahme von Claas Relotius
Der Spiegel hatte den Fälschungsskandal um seinen ehemaligen Reporter Claas Relotius am 19. Dezember publik gemacht. Relotius selbst hat sich am Donnerstag (28. Dezember) erstmals über einen Anwalt geäußert und dabei den Vorwurf bestritten, dass er Spenden, die nach einer seiner Geschichten über syrischen Kinder bei ihm eingingen, für sich persönlich verwendet habe. Zugleich heißt es in dem Anwaltsschreiben: "Unser Mandant hat bereits eingeräumt, dass er bei seinen Reportagen - im Wesentlichen im Magazin 'Der Spiegel' - über mehrere Jahre hinweg vielfach Fakten falsch dargestellt, verfälscht und hinzuerfunden hat."
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