Corona-Krise: Ihre Strategie für den mentalen Neuanfang

 

Anzeigenkunden können ihre Geschäfte wieder öffnen, mehr Pressehändler wieder verkaufen. Mit den ersten Maßnahmen zur Lockerung wird es auch Zeit für einen mentalen Neuanfang in der Corona-Krise, sagt Mediencoach Attila Albert. Diese Strategien können Sie jetzt dabei unterstützen.

Auch wenn der Weg zur Normalität nach der Corona-Krise noch lang sein wird: Nun gibt es immerhin erste Entscheidungen, die Medienunternehmen hoffen lassen. Wenn der Handel wieder öffnen darf, können Anzeigen zurückkommen. Wenn wieder mehr Pressehändler und Kioske verfügbar sind, bringt das den Einzelverkauf nach oben. Nicht zuletzt: Schrittweise wieder raus aus dem redaktionellen Notbetrieb mit Kurzarbeit, Home Office mit wackligen Videokonferenzen, begrenzten Recherchemöglichkeiten, ohne echte Kundenkontakte.

Aber wer fühlt sich schon bereit dazu? Die Krise ist nach bald zwei Monaten fast zum neuen Alltag geworden. Doch mit den neuen Maßnahmen wird es auch Zeit für einen mentalen Neuanfang. Keiner hält es durch, dauerhaft in Alarmbereitschaft und Ängsten zu leben, ohne sich völlig zu erschöpfen. Optimistisch und selbstbestimmt werden Sie die nächste, vielleicht lange Phase besser bewältigen können. Grundlegende Strategien zeige ich in meinem Buch auf. Je nachdem, wie Sie sich fühlen, hilft Ihnen ein anderer Ansatz jetzt am besten.

Erschöpft: Neue Ideen ausprobieren

Wenn Sie sich von den Ereignissen erschöpft fühlen und nur noch von anderen (z. B. Ihrem Chef) antreiben lassen: Nehmen Sie sich bewusst freie Tage oder sogar Urlaub, sobald es die Umstände erlauben. Schlafen Sie sich aus, gönnen Sie sich Ruhe. Verzichten Sie auf alle Aktivitäten, die Sie zusätzlich anstrengen. Das schließt selbst lange Telefonate mit Freunden oder Sport ein, wenn Sie das eher ermüdet als anregt. Nur mit ausreichend Erholung entkommen Sie dem Tunnelblick, der überall nur noch Probleme sieht.

Was Sie weiterbringt: Verzichten Sie möglichst auf Klagen und Selbstmitleid, selbst wenn es verständlich ist ("Vorher sah es schon mies aus in der Branche, jetzt ist es eine echte Katastrophe!"). Nutzen Sie Ihre Energie stattdessen dafür, Ideen zu sammeln, wie Sie sich aus der Lage befreien könnten. Verwerfen Sie sie nicht sofort als unmöglich oder schwierig, probieren Sie sie aus. Beispiel: Endlich den lang geplanten Stellenwechsel angehen.

Gereizt: Positive Kontakte pflegen

Falls Sie sich angespannt fühlen und merken, dass Sie sich inzwischen ständig mit anderen streiten (z. B. auf Twitter): Schalten Sie einen Gang zurück. Sie könnten Ihren privaten Social-Media-Account einige Tage ruhen lassen oder die Nutzung auf bestimmte Zeiten reduzieren, etwa auf morgens und nach der Mittagspause. Verkneifen Sie sich bissige Worte, Kritik und viele Diskussionen möglichst auch sonst. Sie mögen damit verbal gewinnen. Gleichzeitig schadet der Dauerstress Ihrer Gesundheit und Ihren Beziehungen.

Was Sie weiterbringt: Vergeuden Sie Ihre Energie nicht mit sinnlosen Konflikten. Lernen Sie, weniger zu urteilen ("Wer jetzt noch die Maßnahmen kritisiert, hat keine Ahnung!"). Stellen Sie stattdessen offene, interessierte Fragen, um mehr über Ihr Gegenüber und andere Ansichten zu erfahren. Das hilft Ihnen, weniger in Schwarz und Weiß zu denken. Gleichzeitig stärken Sie damit Ihre Kontakte über Ihren bisherigen Unterstützerkreis hinaus.

Abgelenkt: Mehr in den Alltag investieren

Wenn Sie feststellen, dass Sie nur noch nach Urlaubsangeboten und den verbliebenen Flugoptionen googlen: Es ist verständlich, nach vielen Wochen zu Hause endlich wieder etwas unternehmen zu wollen - Reisen, Sport, Reisen, Wellness, kleine Genussmomente zwischendurch. Aber vergessen Sie nicht ganz zu, sich auch um Ihren Alltag zu kümmern. Was funktioniert gut, was wollen Sie verändern? Denn ansonsten ist nach jedem Trip das Geld weg, aber die Probleme z. B. im Job sind immer noch da.

Was Sie weiterbringt: Schreiben Sie sich einmal auf, was Ihre täglichen Alltagsfluchten normalerweise kosten. Sie werden merken, dass der Preis Ihrer Strategie hoch ist. Wenn Sie wegen der Corona-Krise mehrere Wochen ohne den teuren Kaffee "to go" von Starbucks ausgekommen sind, könnten Sie das vielleicht fortsetzen. Investieren Sie Zeit und Geld stattdessen verstärkt in etwas, das Ihr Problem grundsätzlich angeht (z. B. Weiterbildung).

Überfordert: Wieder mehr für sich tun

Wenn Ihnen auffällt, dass Sie sich in den letzten Wochen nur um alle anderen statt um sich selbst gekümmert haben: Bei kleineren Kindern, hilfsbedürftigen Eltern oder älteren Nachbarn war das gar nicht anders zu machen. Ihr Einsatz ist sicher auch anerkannt worden und war sinnstiftend auch für Sie. Aber es wird Zeit, dem Eindruck entgegenwirken, dass das ewig so weitergehen könne. Möglicherweise fällt Ihnen das gar nicht leicht, weil Sie wirklich gern für andere sorgen und jetzt auch nicht als egoistisch gelten möchten.

Was Sie weiterbringt: Planen Sie regelmäßig eine feste Zeit ein, die nur Ihnen gehört. Wenn Sie alle noch im Home Office bleiben müssen, kann das z. B. ein Spaziergang oder die zweistündige Nutzung eines Zimmers allein sein. Nutzen Sie diese Zeit für Dinge, die Ihnen Freude bereiten. Etwas in Ruhe lesen, Musik hören, für den Job vorbereiten. Das erholt Sie und hilft Ihnen, auf gute Weise auch wieder an sich selbst zu denken.

Viele neue Gewohnheiten können Sie übrigens problemlos weiterführen. Sei es, mehr Home Office oder Videokonferenzen einzufordern, wenn Ihnen das den Alltag erleichtert, oder sich ansonsten nach einem moderneren Arbeitgeber umzusehen. Oder neue Rituale wie mehr selbstgekochte Mahlzeiten oder das morgendliche Yoga anhand von YouTube-Anleitungen beizubehalten. Nur zu einem professionellen Friseur sollten Sie wieder gehen, sobald es möglich ist. Eine Krise haben Sie bewältigt, wenn Sie gestärkt und klüger aus ihr hervorgehen. Die Chance dafür bietet sich bereits jetzt für Sie.

Zum Autor: Attila Albert (46) begleitet mit seiner Firma Media Dynamics seit mehreren Jahren Medienprofis bei der beruflichen und persönlichen Neuorientierung. Albert hat selbst mit 17 Jahren als Journalist zu arbeiten begonnen. Anfangs bei der "Freien Presse" in Chemnitz, eine der größten deutschen Regionalzeitungen, später insgesamt 23 Jahre bei Axel Springer, unter anderem als Textchef und für Sonderaufgaben bei der "Bild"-Bundesausgabe, danach als Autor bei der Ringier AG in Zürich. Berufsbegleitend hat er sich in den USA zum Coach ausbilden lassen sowie vorher ein dreijähriges Webentwickler-Studium absolviert.

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