Instahelp-Chefin im Köpfe-Gespräch: Wie Bernadette Frech Medien psychisch wieder aufrichtet

 

Psychologisches Rüstzeug, zeitgemäß kontaktlos: Bernadette Frech, promoviert im Bereich Emotionsmanagement, vermittelt als Geschäftsführerin der Online-Plattform Instahelp Beratung in persönlichen Krisensituationen. Im Köpfe-Interview berichtet sie, wie Digitalunternehmen wie Trivago auf die Online-Betreuung ihrer Mitarbeiter vertrauen - und was sie gegen den Corona-Koller empfiehlt.

kress.de: Frau Frech, weite Teile der arbeitenden Bevölkerungen wurden fast ohne Vorwarnung von einem Tag auf den anderen ins Homeoffice geschickt. Sie dürften aktuell viele Rückmeldungen von improvisierten Küchentisch- oder Schlafzimmerecken-Büros erhalten. Welches Stimmungsbild ergibt sich für Sie?

Bernadette Frech: Das Stimmungsbild ist definitiv ein gemischtes und mit Emotionen gefüllt. Es ist für viele eine große Umstellung, da sich der Alltag stark verändert hat. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, die sozialen Kontakte mit den KollegInnen fehlen, und improvisierte Arbeitsplätze bieten vor allem mit Kindern nicht immer eine optimale Arbeitsatmosphäre. Aber es gibt auch positive Seiten. Der Arbeitsalltag ist flexibler geworden, wir können für die Produktivität innerhalb des Tages besser auf die Bedürfnisse unseres Körpers hören und so unseren individuellen Arbeitsrhythmus finden. Kaffeepausen sind zwischendurch übrigens auch digital wunderbar.

kress.de: Welches sind die Hauptherausforderungen, mit denen Hilfesuchende, die sich an Sie und Ihrer Berater widmen, aktuell zu kämpfen haben?

Bernadette Frech: In Summe merken wir, dass in Zeiten von Corona psychische Belastungssituationen zunehmen und bestimmte Beratungsthemen noch stärker in den Vordergrund rücken. Wir erhalten vermehrt Anfragen im Bereich Ängste, wenn es um die eigene Gesundheit oder Zukunftssorgen geht. Personen wenden sich an uns, wenn sie in ihrer Familie oder Partnerschaft mit den Herausforderungen des 24/7-Zusammenseins besser umgehen möchten, aber auch wenn sie aufgrund der Isolation mit depressiven Verstimmungen oder Einsamkeit konfrontiert sind.

"Wir erleben große Flexibilität unter den Journalisten."

kress.de: Gerade Journalisten, Digitalunternehmern, Werbern oder PR-Spezialisten hat man ja unter Normalbedingungen vielleicht im direkten Vergleich mit eher konservativ strukturierten Berufsbildern oft ein erhöhtes Maß an Wendigkeit unterstellt. Wie gut funktioniert Ihrer Einschätzung nach der Praxistext in Sachen Flexibilität tatsächlich?

Bernadette Frech: Einer der positiven Effekte der Coronasituation sind die großen Schritte in der Digitalisierung. Für uns als digitales Unternehmen hat sich bis auf die Home-Office-Situation wenig verändert. Da das Bewusstsein für mentale Gesundheit gerade in der aktuellen Situation steigt, verzeichnen wir verstärkte Medienpräsenz. Wir erleben hierbei auch große Flexibilität unter den Journalisten. Es wurden z.B. TV-Interviews über Videokonferenzen aufgezeichnet.

kress.de: Wie belastbar wirkt für Sie der Stand der Digitalisierung, der auch Ihr Geschäftsmodell mitträgt, aktuell?

Bernadette Frech: Aus unserer Sicht sind die technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen größtenteils gegeben. Aufgrund von Corona steigt die Akzeptanz und Souveränität im Umgang mit ortsunabhängigen und digitalen Möglichkeiten wie Videotelefonie. Die Grenze liegt eher im nachinkenden Regulativ. Die Rechtsprechung ist hier weniger flexibel und daher nicht immer am Zahn der Zeit. Hier wäre es genauso wichtig, Fahrt aufzunehmen.

"Die Krise bringt Möglichkeiten, den persönlichen Alltag und auch Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen und zu einem neuen Miteinander zu finden."

kress.de: Nicht nur die Medienbranche misst sich üblicherweise gern am beruflichen Erfolg. Wie stark erodiert die schleichenden bis leider schon sehr konkreten Sorgen um berufliche Zukunft das Selbstverständnis einer sonst meist recht robust zuversichtlichen, oft ja auch schon zuvor krisenerprobten Zunft?

Bernadette Frech: Natürlich sieht man, dass Ängste und Unsicherheiten zunehmen. Diese negativen Gefühle können sehr hemmend sind. Zeitgleich bringt es Möglichkeiten, den persönlichen Alltag und auch Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen und zu einem neuen Miteinander zu finden. Durch die unvorhergesehene Situation lernen wir, aus der Krise zu wachsen, mit Risiko bewusster umzugehen und Bereiche anders zu reflektieren. Wir lernen Demut, aber auch Dankbarkeit.

kress.de: Ihr Haus berät schon seit einiger Zeit auch Unternehmen. Wie kamen diese Dienstleistungen denn bislang bei den Mitarbeitern an, deren Vertrauen Sie und Ihre Kollegen ja erst gewinnen mussten?

Bernadette Frech: Momentan sind wir alle psychisch und emotional gefordert. Wir haben sehr unterschiedliche Unternehmen, kleine und große, aus unterschiedlichsten Branchen - wie z.B. Lidl, trivago oder Renault. Als Arbeitgeber ist es nicht immer möglich, den Mitarbeitern den Stress zu nehmen und sie emotional zu begleiten. Aber es ist möglich, ihnen das Rüstzeug zu geben, um psychisch gesund zu bleiben, den Alltag zufrieden meistern zu können und Fehlzeiten zu verringern. Mit Instahelp bedienen wir ein sehr sensibles Feld mit intimen Gesprächen. Die Beratung ist für jede/n Mitarbeiter/in anonym. Hier gilt es Vertrauen aufzubauen, dass die Beratung tatsächlich anonym erfolgt. Einer der Vorteile der Online-Beratung bei Instahelp gegenüber der Beratung vor Ort ist der niederschwellige Zugang. Mitarbeiter müssen nicht vor Ort eine Praxis aufsuchen, sondern können ihre Beratung auch einfach von zu Hause aus am Computer oder Smartphone nutzen. Unser Angebot ermöglicht einen kontaktlosen Zugang, um die gesundheitliche Versorgung aktuell aufrecht zu erhalten.

kress.de: Durch die Anspannungen der Corona-Krise wird in der Breite sichtbar, wie schwer psychischer Druck auf dem Arbeitsalltag lasten kann. In wie weit gibt Ihnen dieses neue Verständnis Rückenwind?

Bernadette Frech: Ein weiterer positiver Aspekt dieser Krise für Instahelp ist das stark steigende Bewusstsein für die Wichtigkeit der mentalen Gesundheit und insbesondere auch für die Nutzung digital erbrachter Gesundheitsleistungen. Das Thema rückt aktuell viel stärker in den Vordergrund, und die Akzeptanz steigt, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Personen beginnen verstärkt darüber sprechen, wie es ihnen wirklich geht und welche Belastungen sie spüren. Der Ruf nach effektiven und einfach zugänglichen Lösungen im psychischen Gesundheitsbereich wird dementsprechend lauter. Das bestärkt uns.

"Unvorhergesehene Situationen laden zum Reflektieren ein. Wir haben in jedem Fall gelernt, dass Flexibilität ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist."

kress.de: Immer wieder wird gern die Kalenderspruchweisheit bemüht, dass sich harte Zeiten auch Gutes hervorbringen können. Was sind denn für Sie und Ihre Mitarbeiter jetzt schon die wichtigsten Lerneinheiten?

Bernadette Frech: Unvorhergesehene Situationen laden zum Reflektieren ein. Wir haben in jedem Fall gelernt, dass Flexibilität ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Hierbei war es wichtig, sehr achtsam zu sein - auf die eigenen Bedürfnisse, die des Teams und auf die Entwicklungen im Markt zu schauen, und die Situation für alle Beteiligten, auch Kunden und Partner, gut lösen zu können. Wir können durch das präsente Thema Videokonferenzen beispielsweise hinterfragen, ob jede Business-Reise unbedingt notwendig ist. Auch digital lassen sich Beziehungen wunderbar aufbauen. In Bezug auf die mentale Gesundheit wurden wir darin bestätigt, dass es sich definitiv lohnt, ein gesellschaftlich wichtiges Thema zu verfolgen und einen Beitrag zu leisten, auch wenn es sich hierbei gesellschaftlich nach wie vor um ein gewisses Tabu handelt.

kress.de: Geht man als "Profi" eigentlich auch ganz privat besser mit seelischen Belastungen um: Wie vertreiben sie schwarze Gedanken und motivieren sich täglich neu in ungewissen Zeiten?

Bernadette Frech: Ich nutze das Angebot unser Online-Beratung privat und genieße es sehr, mit meiner Instahelp Psychologin wöchentlich in den Austausch zu gehen. Das unterstützt mich besonders bei den aktuellen Gegebenheiten mit einem verantwortungsvollen Arbeitsalltag und zwei Kindern, die durch das Home Schooling auch verstärkt Betreuung und Förderung benötigen. Wir haben als Team die Vision, die mentale Gesundheit in Europa zu stärken und zu verbessern. Gerade jetzt sehen wir, wie viel wir mit unserem Angebot bewirken können, um zur psychischen Gesundheit beizutragen. Das motiviert mich und das gesamte Team extrem.

kress.de-Hintergrund: Das Digital-Unternehmen Instahelp ist als psychologische Online-Plattform Marktführer in Österreich (Startup des Jahres 2019) und auch in Deutschland unter den führenden Anbietern von psychologischer Online-Beratung. Die weiteren Märkte sind Schweiz, England und Frankreich. CEO Bernadette Frech leitet nicht nur die Geschäfte, sondern lehrt auch an verschiedenen Hochschulen im Bereich Emotionmanagement und Female Entrepreneurship. Ziel der Macher von Instahelp ist es seit 2015 (2016 in Deutschland), dass die psychische Gesundheit den gleichen Stellenwert in unserer Gesellschaft bekommt wie die physische und damit Teil der der alltäglichen Gesundheitsvorsorge wird. Der Zugang zu professioneller Hilfe soll einfach und unkompliziert sein. Seit dem Start wurden mehr als 45.000 Privatpersonen über die Plattform beraten. Am 28. April ist der Welttag der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz.

 

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