Welchen monatlichen Betrag die taz.de-Nutzer im Schnitt freiwillig bezahlen

05.05.2020
 

Bei der Tageszeitung taz wird es entgegen dem allgemeinen Trend in der deutschen Medienbranche auch weiterhin keine Online-Bezahlschranke für Journalismus geben. Dies kündigt die künftige Geschäftsführerin Aline Lüllmann an. Ab wann die Zeitung werktags nur noch digital erscheinen könnte.

Die künftige taz-Geschäftsführerin Aline Lüllmann sagt im Interview der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, ob man in den nächsten Jahren eine Paywall ausschließt: "Ja, das schließen wir aus. Das widerspricht der Grundhaltung der taz an der Stelle."

Die überregionale Tageszeitung geht einen anderen Weg: Sie richtete vor Jahren ein freiwilliges Bezahlmodell für Online-Inhalte ein. Inzwischen machen mehr als 20.000 Leser mit. Der durchschnittliche Betrag, den die Nutzer freiwillig zahlen, liegt laut Lüllmann derzeit pro Monat bei 5,61 Euro. Der erste Spendenaufruf auf taz.de war im Jahr 2011 geschaltet worden.

Lüllmann betont im dpa-Gespräch: "Gerade jetzt in der Krise sehen wir, dass es wichtig ist, dass wir den Journalismus von den Leserinnen und Lesern bezahlen lassen, weil auf die Werbewirtschaft kein Verlass ist. Und dass es auch das richtige Konzept ist, wichtige Informationen zugänglich zu behalten und diese trotzdem zu monetarisieren." Im März verdoppelten sich demnach die unbefristeten Anmeldungen im Vergleich zum Vormonat Februar auf 1500.

Die 35-jährige Lüllmann wird ab Juni das Geschäftsführer-Trio mit den bisherigen Geschäftsführern Andreas Bull und Andreas Marggraf bilden. Die Position wurde frei, weil Karl-Heinz Ruch in den Ruhestand ging (kress.de berichtete).

Perspektivisch bereitet sich die taz darauf vor, unter der Woche nur noch digital zu erscheinen, die gedruckte Ausgabe wäre dann noch am Wochenende verfügbar. Im deutschen Medienmarkt sind die Auflagen der gedruckten Zeitungen seit Jahren rückläufig.

Geschäftsführer Bull sagte auf die Frage nach einem Startjahr zur dpa: "Im Moment sieht es eher nach nach 2022 aus." Zu möglichen Effekten der Corona-Krise erklärte er: "Wir haben im gedruckten Bereich eher eine Entspannung. Das haben wir nicht erwartet." Die Auflage gehe zwar noch immer weiter zurück, wenn man das mit den Vorjahren vergleiche. "Aber auf jeden Fall nicht mehr so schnell, so dass sich tatsächlich der Zeitpunkt, an dem man sagen muss: 'Das geht jetzt gar nicht mehr, wir haben eine zu geringe Auflage, die kann man jetzt überregional nicht mehr ordentlich vertreiben', offensichtlich ein bisschen nach hinten verschiebt – wenn es sich so verstetigt."

Hintergrund: Die verkaufte Auflage der Tageszeitung lag im ersten Quartal dieses Jahres nach Zahlen der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) von montags bis samstags bei  49.050. Darunter sind 16 688 E-Paper. Im Vergleich zum ersten Quartal 2019 ging die Zahl der verkauften Exemplare um rund 900 zurück.

Anders als bei anderen Zeitungshäusern in Deutschland gibt es bei der seit 1979 erscheinenden taz mit 250 Mitarbeitern ein Genossenschaftsmodell. Den inzwischen mehr als 20.000 Beteiligten gehört damit die Zeitung, sie halten Anteile an dem Blatt. Ein Konzern oder ein Großinvestor steht damit nicht hinter der Finanzierung des taz-Verlags.

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