20 Jahre lang war Patricia Riekel, heute 72, Chefredakteurin der "Bunten", und der Abschied dort ist ihr alles andere als leicht gefallen. Daran lässt sie keinen Zweifel in einem sehr offenen Interview mit dem "Spiegel". Riekel promotet darin ihr gerade erschienenes Buch "Wer bin ich, wenn ich nichts mehr bin?"
Zu ihrem Abschied von der "Bunten" 2016 sagt Riekel in dem Interview: "Die Welt drehte sich weiter, aber ohne mich. Ich hatte noch einen kleinen Anschlussvertrag als Herausgeberin, aber ob ich im Büro saß oder nicht, das war so egal wie ein Pfarrer in Peking." Am meisten habe ihr gefehlt, gehört zu werden: "Wir Journalisten sind es gewohnt, die Welt mit professionellem Blick anzuschauen und dann unsere Meinung kundzutun. Plötzlich interessierte meine Meinung niemanden mehr. Man muss sich das vorstellen wie einen Schauspieler, der Bühnenverbot hat."
Riekel versuchte erfolglos, sich mit Malkursen und Ideen für ein Lokal oder Hotel über den Bedeutungsverlust hinwegzutrösten, und fand schließlich Trost in der Kommunalpolitik: Sie ist nun FDP-Fraktionsvorsitzende im Bezirksausschuss des feinen Münchner Stadtteils Bogenhausen: "Was ist schlimm daran, auch im Alter noch gesehen und gehört werden zu wollen?", fragt sie rhetorisch in dem Interview. "Für die Rolle der stillen Beobachterin bin ich nun mal nicht geeignet."
Auch mit ihrem Nachfolger bei der "Bunten", Robert Pölzer, hat Riekel lange gehadert: "Ich hatte bei meinem Aus das Gefühl, dass ich auf dem Höhepunkt meiner Möglichkeiten bin, sehr gut vernetzt, die Auflage super. Warum sollte jemand ernten, was mir zusteht? Meinen Garagenplatz! Meinen Galaplatz in der ersten Reihe! Meine Interviews mit der Kanzlerin! Ich war nicht so souverän, wie ich eigentlich sein wollte." Jetzt hat sie aber offenbar ihren Frieden mit Pölzer gemacht: "Vielleicht hätte ich Anmerkungen, aber wichtig ist doch: Die Auflage stimmt, also macht er es richtig."
Der "Spiegel" fragt Riekel auch nach einem Rat für die Kanzlerin, bei der ebenfalls ein beruflicher Wechsel ansteht: "Auch Frauen hängen an ihrem Status. Auch Frauen lieben Macht. Es wird irgendein Ereignis kommen, im Fall von Frau Merkel ein politisches Weltereignis, bei dem sie gern mitentscheiden würde, aber nicht mehr mitentscheiden darf. Und dann wird Merkel plötzlich das Gefühl haben: Ich bin draußen vor der Tür. Vielleicht ruft ihr Nachfolger sie noch mal an und fragt: 'Was denkst du, Angela?' Eher nicht. Nachfolger wollen immer alles selbst entscheiden, Männer vor allem."
Riekel, Lebensgefährtin des ehemaligen "Focus"-Chefredakteurs Helmut Markwort, gibt schließlich einen kleinen Einblick in ihren häuslichen Alltag: "Mein Mann ist Vollgast bei uns zu Hause, er muss nichts machen. Für mich ist es bequemer, wenn ich mich allein um den häuslichen Alltag kümmere."
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