Judith Sevinç Basad studierte Germanistik und Philosophie und schloss ihren Master mit einer Arbeit über totalitäre Tendenzen in der queerfeministischen Bewegung ab. Sie arbeitete für die Berliner Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, die einen geschlechtergerechten und liberalen Islam praktiziert und publizierte u.a. für Welt, FAZ, NZZ und den Autoren-Blog "Salonkolumnisten". Im Jahr 2019 absolvierte Basad ein Zeitungsvolontariat im Feuilleton der NZZ. Ab 2020 schrieb sie die Online-Kolumne "Triggerwarnung" in Cicero.
Einer größeren Öffentlichkeit ist Basad durch ihre 2021 erschienenes Buch "Schäm dich! Wie Ideologinnen und Ideologen bestimmen, was gut und böse ist" bekannt (Verlag Westend - "Bücher für die Wirklichkeit"). Das Werk ist inzwischen ein Spiegel-Bestseller.
Vor einem Jahr fing Basad dann im Politikressort der Bild an. Auf diese Zeit geht die Journalistin und Autorin ausführlich in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Brief an Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner ("Lieber Mathias Döpfner") ein - und lobt darin explizit Bild-Kriegsreporter Paul Ronzheimer und Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt für ihre Haltung:
"Ich war stolz, Teil einer Redaktion zu sein, die mit so großer Entschlossenheit freiheitsfeindliche Ideologen klar und furchtlos analysiert, benennt und beschreibt. Großartige Reporter wie Paul Ronzheimer riskierten nicht nur ihr Leben, um über die Kriegsverbrechen der Russen im Ukraine-Krieg oder die der Taliban in Afghanistan zu berichten. Sie gingen auch mit den grausamsten Diktatoren der Welt ins Gericht, sprachen sie direkt auf ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Ex-Bild-Chef Julian Reichelt schrieb während des Syrien-Krieges im Jahr 2016 einen offenen Brief an Vladimir Putin, fragte den Diktator: "Wie können Sie es wagen, so barbarisch im Namen aller Russen zu handeln?"
[...] Egal, ob es um die Gräueltaten von mächtigen Diktatoren, die widersprüchliche Corona-Politik der Bundesregierung oder um gesellschaftliche Trends wie das Gendern der Sprache ging - BILD ließ sich von keiner Autorität der Welt, von keiner noch so trendigen Konvention einschüchtern, sondern kämpfte wie ein altes Schlachtschiff für die eigenen Werte: Demokratie, Meinungsfreiheit und das Existenzrecht Israels."
Dann kommt Basad zum eigentlichen Anlass für ihren öffentlichen Brief ("Wieso ich Bild verlassen habe"): Der Grund für ihre Kündigung sei der Umgang von Axel Springer, also auch Döpfners Umgang, mit der woken Bewegung. Sie habe das Gefühl, dass sie nicht mehr über die Gefahren berichten könne, die von dieser gesellschaftlichen Bewegung ausginge. Und sie habe das Gefühl, das der gesamte Verlag in dieser Sache nicht mehr hinter ihr stünde.
Mit Döpfners veröffentlichtem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Axel Springer sei der Konzern aus Sicht von Basad "vor der unerträglichen Tyrannei der woken Aktivisten eingeknickt", meint Basad. Döpfner hatte sich damit in die Debatte um den umstrittenenen Welt-Gastbeitrag von Autoren aus dem Wissenschaftsspektrum zu Geschlechtervielfalt ("Wie ARD und ZDF unsere Kinder indoktrinieren") eingeschaltet (kress.de berichtete).
Basad wollte nach einer Aussage einem zum Welt-Gastbeitrag thematisch passenden Artikel beisteuern, dieser sei aber "verhindert" worden. "Mir wurde gesagt, dass ich den Wissenschaftler-Aufruf kritisieren sollte, ansonsten würde der Artikel nicht erscheinen. De facto wurde von mir verlangt, dass ich genau das negativ darstelle, für was ich seit Jahren mit vollem Idealismus kämpfe: vor den Gefahren des woken Aktivismus zu warnen", behauptet die Journalistin in ihrem Brief.
Und Basad macht ihrem bisherigen Arbeitgeber in Person von Mathias Döpfner einen krassen Vorwurf:
"Einige Tage nach Ihrem Brief führten Sie [Döpfner] mit uns eine emotionale Debatte, die inzwischen auch öffentlich geführt wurde, und deswegen auch die Redaktionen erreicht hatte. Dort verteidigten Sie nochmals die Inhalte Ihres Briefes, wiederholten mit Nachdruck Ihre Kritik an dem Kommentar. In diesem Zusammenhang sprachen Sie über die moralische Pflicht einer Redaktion, nicht jede Behauptung in einer Zeitung abzubilden, nur weil sie den Eindruck von Wissenschaftlichkeit erweckt. Als Beispiel nannten Sie Studien von Holocaustleugnern.
Ich weiß nicht genau, in welche Richtung Axel Springer gerade steuert, welche neuen Ideale von 'Vielfalt und Freiheit' in der Unternehmenskultur zukünftig etabliert werden sollen. Wer aber solche Vergleiche zu Holocaustleugnern zieht, ist nicht weit davon entfernt, den Holocaust selbst zu relativieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das tatsächliche Ihre Interpretation einer vielfältigen und freiheitlichen Firmenkultur sein soll."
Judith Sevinc Basad hat ihren Brief an Döpfner auch auf ihrem Twitter-Account geteilt, was eine Riesen-Welle ausgelöst hat. Fast 2.000 Antworten gibt es allein auf ihren Post, über 3.000 Retweets, annähernd 10.000 Likes. Auch das Wort "Döpfner" gehört aktuell zu den großen Twitter-Trends.
Promintester Antwortgeber ist Bild-Chefredakteur Johannes Boie. Er schreibt Basad als Reaktion auf ihre öffentliche Kündigung und ihre Vorwürfe:
Stimmt, Judith, wir sind jetzt links! Döpfner rief eben nochmal an und hat mir das befohlen. Nebenbei: Auf Deinen Artikelvorschlag hatte ich ja "Do it!" geantwortet - schade, dass der Text nicht hielt, was Dein Vorschlag versprochen hatte.
Darauf reagiert Basad via Twitter so:
Lieber Johannes, ich verstehe den ironisch-arroganten und herablassenden Ton nicht. Es geht um ein ernstes Anliegen. Was ich öffentlich geschrieben habe, kann ich belegen. Ich hätte mir bei meiner aufrichtig gemeinten Kritik einen respektvolleren Umgang erhofft.

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