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"Ich habe Post von der Polizei bekommen. Das Kriminalfachdezernat 4 in München hat mich angeschrieben, um mir mitzuteilen, dass ich dort als Beschuldigter geführt werde. Mir wird eine Straftat nach Paragraf 140 Strafgesetzbuch vorgeworfen: Belohnung und Billigung von Straftaten", berichtet Jan Fleischhauer in seiner aktuellen Kolumne im Focus.
Der gewichtige Grund: Am 24. September um 12:02 Uhr hat Fleischhauer auf Twitter folgenden Kommentar hinterlassen: "Atomwaffen auf Zürich!"
"Zwecklos zu leugnen, das habe ich geschrieben. Drei Worte, nicht mehr. Trotzdem stecke ich jetzt in Schwierigkeiten", schreibt Fleischhauer im Focus - und beteuert, dass er schon ganz andere Dinge zu Papier gebracht habe: Er habe sich über die Italiener lustig gemacht, was ihm eine Rüge des italienischen Botschafters eingebracht hätte. Auch habe er die FIFA eine kriminelle Organisation genannt und Friedrich Merz ein Würstchen. "Beides erfüllt aus Sicht eines Juristen vermutlich den Tatbestand der Beleidigung. "Dagegen ist 'Atomwaffen auf Zürich!' vergleichsweise harmlos", findet Fleischhauer.
Zumal es eine spöttische Replik auf einen Tweet seines "Bekannten" Roger Köppel gewesen sei, Herausgeber der Schweizer "Weltwoche". Fleischhauer nennt Köppel einen der größten Kritiker der Aufrüstung der Ukraine, der aus Angst vor einem Atomkrieg zu sofortigen Verhandlungen mit Wladimir Putin aufgerufen habe. "Ihr Schweizer Angsthasen, wollte ich sagen: Es dreht sich nicht immer alles um euch", erklärt Fleischhauer, was hinter seinen Atomwaffen-Tweet steckt.
Köppel hatte zuvor getwittert:
Die Amerikaner kämpfen "bis zum letzten Ukrainer" (Lindsay Graham) gegen Russland. Die gleichen Leute, die den Irak-Krieg auf einer Lüge aufgebaut und versagt haben, führen jetzt schlafwandelnd einen Stellvertreterkrieg gegen Russland mit dem Risiko einer nuklearen Katastrophe.
Nun sind Fleischhauer nach eigener Darstellung von der Polizei mehrere Möglichkeiten angeboten worden: "Ich kann die Straftat zugeben. Ich kann einen Anwalt beiziehen. Gegen Zahlung einer Geldauflage wäre auch eine Einstellung des Verfahrens denkbar." Er habe also überlegt, wie er reagieren soll.
"Vorbereitung einer Straftat fällt in meinem Fall aus, so weit reicht der Arm des Kolumnisten nicht.[...] Billigt man einen Völkermord, wenn man dem russischen Präsidenten den Abwurf einer Atombombe über Zürich empfiehlt?", fragt Fleischhauer. Und: "Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit?" Seine Antwort: "Da, wo's zu weit geht, fängt die Freiheit erst an, hat der Kabarettist Werner Finck einmal gesagt. Das deckt sich ziemlich genau mit meiner Meinung."
Fleischhauer rechtfertigt sich, dass seine Toleranzbereitschaft entsprechend groß sei. Er habe noch nie eine Person angezeigt. Er käme nicht auf die Idee, wegen einer Beleidigung oder einer Schmähung zu klagen. "Wo soll das hinführen? Man macht sich doch lächerlich."
Wie Fleischhauer nun mit den Vorwürfen der Münchner Kripo umgeht, lässt er in seiner Kolumne noch offen.
Zur Person: Jan Fleischhauer ist seit 2019 für den Focus als Kolumnist tätig. Außerdem koordiniert er die Social-Media-Aktivitäten des Nachrichtenmagazins. Fleischhauer fing 1989 nach dem Besuch der Henri-Nannen-Schule als Redakteur beim Spiegel an. Er wirkte u.a. als stellvertretender Leiter des Wirtschaftsressorts und stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros. Vor 2001 bis 2005 war er Wirtschaftskorrespondent in New York. Seit 2008 war er bis zu seinem Wechsel zu Burda Autor des Spiegel in Berlin.
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