Noch der Richtige an der Bertelsmann-Spitze? Steingart stellt Rabe in Frage

31.01.2023
 

Gabor Steingart rechnet in seinem Morgen-Newsletter "ThePioneer Briefing" mit Bertelsmann-Chef Thomas Rabe ab. Auf den Fluren der Gütersloher Konzernzentrale liefen sich schon potenzielle Nachfolger warm.

"Thomas Rabe war bisher auf Siege abonniert: weltgrößter Buchverlag, Europas größte private Fernsehgruppe, prosperierende Radiosender. Doch gestern musste der Medienmanager in Holland die vierte Niederlage in Folge einstecken", leitet Gabor Steingart in seinem Newsletter ThePioneer Briefing den Part über Bertelsmann- und RTL-Lenker Thomas Rabe ein. Betitelt ist das Ganze mit "Die Flops des Bertelsmanns-Chefs.

Steingart spielt zunächst darauf an, dass die Kartellbehörde in den Niederlanden die Fusion der dortigen RTL-Tochter mit Talpa Network von John de Mol untersagt hat. Aus Wettbewerbsgründen. Daraus folgert Steingart: "So langsam muss sich der umtriebige Manager (Chef Bertelsmann, Chef RTL, Aufsichtsratschef Adidas) selbst Sorgen machen, ob er überhaupt noch der Richtige an der Spitze des Gütersloher Konzerns ist."

Nach seinem Amtsantritt als CEO 2012 habe Thomas Rabe Bertelsmann internationaler und digitaler aufgestellt und den Umsatz innerhalb eines Jahrzehnts um gut ein Viertel auf fast 19 Milliarden Euro gesteigert. Nun mehrten sich die Hiobsbotschaften: "der Kauf des Buchverlags Simon & Schuster in den USA scheiterte, eine Fusion im Callcenter-Bereich ging schief, den geplanten Angriff im französischen TV-Markt musste er absagen. Und auch in Köln gibt es nach der Zusammenlegung der Hamburger Zeitschriften-Tochter Gruner+Jahr mit der Fernsehgruppe RTL viel Unruhe", zählt Steingart auf - und der ehemalige Handelsblatt-Chef, der 2018 das Medienunternehmen Media Pioneer gründete, malt folgendes Bild:

"Rabes Stuhl steht nicht mehr ganz so fest. Er wackelt zwar nicht, aber er kippelt leicht. Zumal vor seinem Chefbüro auf den Fluren der Gütersloher Konzernzentrale potenzielle Nachfolger auf und ab laufen. Mohn-Enkel Carsten Coesfeld ist seit Sommer Chef von Bertelsmann Investment, dem globalen Wagniskapitalfinanzierer. Sein jüngerer Bruder Thomas Coesfeld hat gerade die Geschäftsführung bei dem Musikunternehmen BMG übernommen. Wenn sich einer der beiden behaupten kann, dürfte er an die Spitze von Bertelsmann aufrücken. Das wäre dann Rabes fünfte und finale Niederlage."

Steingarts deutliches Fazit: Es werde immer deutlicher, dass die Kernkompetenz von Thomas Rabe im "Financial Engineering" liege. Er liebe seine Zahlen, nicht das Publikum. Er besitze viele Charts, aber keine Vision. Den Lehrsatz des Markenexperten Frank Dopheide ignoriere Rabe: "Vorstellungsvermögen ist der Anfang von allem - und nicht der Exit-Plan."

Hintergrund: Vor seiner Zeit bei Media Pioneer und beim Handelsblatt war Gabor Steingart Redakteur des Spiegel, unter anderem als Leiter des Hauptstadtbüros. Bertelsmann ist mit 25% an der Spiegel-Gruppe beteiligt.

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