"Die Kritik an meiner Person ist groß. Stefan Niggemeier von Übermedien und ehemalige Katapult-Mitarbeitende werfen mir in einem Artikel vor, unfair mit Mitarbeitenden unserer Redaktion in Odesa umgegangen zu sein und das gesamte Projekt größer verkauft zu haben, als es tatsächlich war. Mein Vorhaben sei ein PR-Coup gewesen und ich hätte Spenden für die Ukraine gesammelt und sie für andere Projekte zweckentfremdet", schreibt Benjamin Fredrich in eigener Sache auf der Katapult-Webseite.
In einem Punkt gibt Fredrich Übermedien-Gründer Niggemeier recht: "Wir hatten nicht nur Erfolge mit dem Projekt. Ich verstehe, dass genau die Leute, von denen wir uns wieder trennen mussten und die Niggemeier für seinen Artikel interviewt hat, verärgert sind." Doch diese Trennungen seien für Katapult existenziell und unumgänglich gewesen, führt Fredrich an. Dass er es nicht geschafft habe, grundlegende Erwartungen zu erfüllen, und schlecht kommuniziert habe, störe ihn. Ihm tue auch leid, dass er das Projekt nicht mit der konsequenten Ausdauer verfolgt habe, wie er es angekündigt habe.
"Ich wollte, es wäre anders, und ärgere mich über mich selbst. Deshalb ziehe ich daraus die Konsequenzen: Ich werde die operative Geschäftsführung sowie die Chefredaktion von Katapult abgeben. Die beiden neuen Geschäftsführerinnen werden Nasrin Morgan und Juli Katz sein, derzeit Referentin der Geschäftsführung und Online-Chefredakteurin. Die Besetzung der Chefredaktion steht noch aus."
Fredrich kündigte zugleich an, dass sein Rücktritt ein konkretes Ziel habe: "Ich möchte mich auf das Projekt konzentrieren, das mir besonders wichtig ist - Katapult Ukraine." Er wolle das wahrmachen, was er angekündigt habe, denn es störe ihn, dass Stefan Niggemeier nicht nur ungerechtfertigte Kritikpunkte vorbringe. "Genau diese Punkte möchte ich bearbeiten und vor allem möchte ich Transparenz herstellen. Dass man bei Katapult von außen immer in unser Innerstes gucken konnte, hat uns innerhalb der Medienlandschaft hervorgehoben. Ich möchte, dass es so bleibt."
Hintergrund: Unmittelbar nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine hatte Fredrich das Projekt initiiert, um so die Berichterstattung aus der und über die Ukraine zu stärken. Er hatte Menschen aus der Ukraine als Redakteure eingestellt und versucht, auch in Odessa eine eigene Redaktion aufzubauen.
Das Online-Magazin für Medienkritik Übermedien hatte am Dienstag unter Berufung auf ukrainische Redaktionsmitarbeiter über ausstehende Gehaltszahlungen und Ungereimtheiten berichtet. Fredrich habe schnell das Interesse an dem Projekt verloren, Arbeitsverträge auf Honorarbasis umstellen wollen und dem Odessa-Büro "größere Probleme mit Korruption" unterstellt, gab das Medienmagazin Aussagen wieder.
Der mit dem Aufbau des Büros in Odessa beauftragte ukrainische Journalist Sergey Panashchuk wirft Fredrich in der Ostsee-Zeitung (Mittwoch) vor, die eigenen Ankündigungen nicht umgesetzt zu haben und nicht an einer Weiterentwicklung des Projekts interessiert gewesen zu sein. "Mit den 310.000 Euro, die er gesammelt hat, hätte er ein großes Team einstellen und ein ernsthaftes Projekt auf die Beine stellen können, das von Bedeutung gewesen wäre", zitiert die "Ostsee-Zeitung" Panashchuk.
Fredrich begründet auf seiner Homepage die veränderten Zuweisungen: "Ich stehe zu meiner Entscheidung, Leute, die kaum noch Artikel abgegeben haben, nur noch artikelweise und nicht mehr monatlich zu bezahlen", schreibt er. In Greifswald sei eine funktionierende Ukraine-Redaktion aufgebaut worden, die bisher 144 Artikel veröffentlicht habe. Auch hier gebe es Zuarbeiten und Artikel von Redakteuren und Redakteurinnen aus der Ukraine. "Die Zusammenarbeit funktioniert gut", betont Fredrich.
2015 hatte er das Magazin "Katapult" gegründet, das vor allem mit Datenjournalismus und anschaulichen Grafiken überregional auf sich aufmerksam machte. Später engagierte er sich auch im Lokaljournalismus. Vom "Medium Magazin" wurde Fredrich zu Deutschlands bestem regionalen Chefredakteur 2022 gekürt. Fredrich zeige mit dem Karten-Magazin "Katapult", wie man heute noch mit Mut, frischen Ideen und einer Portion Radikalität durchstarten könne, hieß es zur Begründung.

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