Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) hat jüngst betont, dass das Verlagshaus Gruner + Jahr für den hiesigen Medienstandort eine ähnliche Bedeutung hat wie Hapag-Lloyd für den Hafen.
Auch in der Aktuellen Stunde der Hamburgischen Bürgerchaft an diesem Mittwoch wurde das Thema diskutiert. Die SPD-Fraktion hatte es unter dem Titel "Bitterer Ausverkauf von Gruner+Jahr: RTL und Bertelsmann mangelt es an gesellschaftlicher Verantwortung und Respekt gegenüber ihren Beschäftigten" auf die Tagesordnung gesetzt.
Wie Marc Hasse im Hamburger Abendblatt berichtet, warnte Carsten Brosda in der Aktuellen Stunde davor, Journalismus auf eine Ertragserwartung zu reduzieren. "Wenn diese Konzernbetrachtungsweise auf Journalismus sich durchsetzt, dann werden uns bald bis auf ganz wenige Titel in Deutschland von den Controllern in den Unternehmen alle journalistischen Angebote zugemacht - und dann haben wir ein Demokratieproblem".
Seit Montag sei der Senat "in einem engen Austausch" mit Gruner + Jahr darüber, wo und wie das Unternehmen in Hamburg eine Zukunft haben könne. "Unser Job in der Wirtschaftsförderung ist, dafür die besten Rahmenbedingungen zu schaffen", wird Brosda im Hamburger Abendblatt zitiert. Die Stadt baue über die von ihr mitgetragene Nextmedia-Initiative Beratungsangebote auf und wolle Verlagsmitarbeitenden helfen, die über ein Management-Buy-out nachdenken, also über den Kauf von Magazinen und deren Weiterführung in Eigenregie. Zu überlegen sei, mit welchen Förderinstrumenten dies gelingen könnte, so der Kultursenator.
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In einem viel beachteten Interview mit der Süddeutschen Zeitung hatte Brosda zuvor Befürchtungen geäußert, dass die drastischen G+J-Entscheidungen Auswirkungen auf die gesamte Verlagsbranche haben könnten:
"Das ist eine hochsymbolische Entscheidung. Das Haus, das noch vor einem Jahr gesagt hat, wir bauen einen nationalen Medienchampion, sagt jetzt: Wir bauen bundesweit 1000 Stellen ab. Die Gefahr besteht natürlich, dass sich neben den unmittelbar harten Auswirkungen eine Spirale in Gang setzt, die irgendwann wieder die Frage auslöst: Lohnt es sich überhaupt noch, in Journalismus zu investieren? Oder ist das irgendwann ganz am Ende? Und das wäre ein Problem, das weit über Hamburg hinausginge", so Brosda im Interview mit Anna Ernst.
Brosda appelliert, dass alle jetzt gefordert seien, Perspektiven zu entwickeln, wie journalistische Berichterstattung mit einem qualitativen Anspruch dauerhaft auch privatwirtschaftlich in Deutschland gewährleistet werden könne. Er glaubt fest daran, dass die Inhalte weiter nachgefragt werden. Demokratisch notwendig seien sie ohnehin. "Die Frage des verkaufbaren Produkts, das daraus entsteht - das ist die Aufgabe, vor der die Medienunternehmen stehen. Und ich glaube nicht, dass man das hinbekommt, wenn man nur auf die Kostenseite guckt. Hier braucht es mehr Bereitschaft, die eigene gesellschaftliche Relevanz auch wirklich anzunehmen", so Brosda.

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