Bertelsmann lässt Umgang mit gefälschten Hitler-Tagebüchern wissenschaftlich untersuchen

27.02.2023
 

Nach der jüngsten Kritik des NDR am Umgang des stern mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern, geht Bertelsmann-Chef Thomas Rabe in die Offensive.

Bertelsmann lässt den Umgang des Unternehmens mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern wissenschaftlich aufarbeiten. Zu diesem Zweck wird das internationale Medien-, Dienstleistungs- und Bildungsunternehmen einen bestehenden Forschungsauftrag an das renommierte Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München erweitern. Bereits im August 2022 hatte der Bertelsmann-Vorstand das IfZ um eine unabhängige Aufarbeitung der Geschichte des Magazins "Stern" gebeten.

"Die historische Analyse durch das IfZ wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die Ergebnisse werden vollumfänglich veröffentlicht. Im Zuge des Forschungsprojektes werden alle historisch relevanten Unterlagen von Gruner + Jahr bzw. dem 'Stern' ins Unternehmensarchiv von Bertelsmann nach Gütersloh überführt", kündigt der Medienkonzern an.

Thomas Rabe, CEO von Bertelsmann, betont:

"Die Publikation der gefälschten Hitler-Tagebücher im April 1983 bildet ein eigenes Kapitel in der Geschichte des 'Stern'. Wir halten es für notwendig, den Umgang mit der Entdeckung, Bewertung und Veröffentlichung der gefälschten Tagebücher bei Gruner + Jahr und Bertelsmann wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Ich freue mich sehr, dass das Institut für Zeitgeschichte als unabhängiger Partner bereit ist, im Rahmen der bereits angelaufenen Erforschung der 'Stern'-Geschichte diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Wir werden auch diesen Teil der wissenschaftlichen Arbeit des IfZ vollumfänglich unterstützen."

Der NDR hat vergangenen Woche die gefälschten Hitler-Tagebücher von 1983 in einer kritischen Ausgabe mit wissenschaftlichen Kommentierungen des Politikwissenschaftlers Professor Hajo Funke von der FU Berlin veröffentlicht. Sie stehen online auf NDR.de. Dem NDR ist es dabei gelungen, die kompletten 60 Bände der Hitler-Tagebücher lesbar und auch recherchierbar zu machen: Mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz wurde die gefälschte Handschrift Hitlers in ein Transkript übersetzt. Der NDR kritisiert auch die Rolle des stern: "Erstmals wird damit in vollem Umfang deutlich, in welcher Absicht die Fälschungen verfasst wurden und wie der Stern bereit war, die NS-Geschichte neu zu deuten und zu verharmlosen."

Hintergrund: Das IfZ untersucht im Auftrag von Bertelsmann bereits die Phase ab der Gründung des "Stern" durch Henri Nannen 1948 bis zu dessen Ausscheiden 1983. Mit der Analyse will Bertelsmann einen objektivierenden, wissenschaftlichen und nachhaltigen Beitrag zur jüngst wieder aufgekommenen Diskussion um die Person des langjährigen "Stern"-Chefredakteurs Henri Nannen (1913-1996) leisten. Mit der historischen Analyse des Umgangs mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern werden Forschungszeitraum und -gegenstand erweitert, um ein objektives Bild zu erhalten, wie und warum es zur Veröffentlichung der Fälschung kommen konnte.

Angesiedelt ist die Forschungsarbeit beim stellvertretenden Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Dr. Magnus Brechtken, der als ausgewiesener Experte für die Auseinandersetzung mit dem Erbe des Nationalsozialismus gilt. Das Institut für Zeitgeschichte hat bereits zahlreiche Studien dieser Art erfolgreich durchgeführt. Auf Seiten von Bertelsmann wird das Projekt vom Unternehmensarchiv begleitet, das zur Unternehmenskommunikation des Konzerns gehört.

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