Der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner, Claudius Senst, CEO Bild-Gruppe, und Carolin Hulshoff Pol, CEO Welt-Gruppe, haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an diesem Dienstag über die Zukunftsstrategie für Bild und Welt informiert.
Kernthema ihrer Erläuterungen war, wie die vollständige Transformation zu einem rein digitalen Medienhaus gelingen soll. Sie plädierten für ein grundlegend neues Verständnis von Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter. Darüber hinaus informierten sie über die neue organisatorische Aufstellung und machten deutlich, dass Sparen und Investieren gleichzeitig erfolgen müssen, um Wachstum und Profitabilität zu sichern.
Das Ziel sei, in den nächsten drei Jahren das Ergebnis um rund 100 Millionen Euro durch Umsatzsteigerungen und Kosteneinsparungen zu verbessern. Weiter führten sie aus, was die Pläne konkret für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeuten werden. Vor allem die zentralen Funktionen seien hiervon betroffen. Auch für die Redaktionen gibt es explizit "keine Jobgarantie".
Mathias Döpfner bekräftigte: "Unser Ziel ist 'Digital Only'." Zugleich betonte er, dass die vollständige Umstellung nicht kurzfristig erfolgen werde. "Print ist heute noch profitabel und für Leserinnen und Werbekunden unverzichtbar. Deshalb wird die komplette Umstellung auf Digital noch einige Jahre dauern. Wir müssen uns aber darauf vorbereiten und die Transformation aktiv in Angriff nehmen." Axel Springer habe mit Bild und Welt bereits zwei Phasen der Transformation erfolgreich gestaltet. Im ersten Schritt wurden Digitalangebote ergänzend zu Printangeboten aufgebaut und im zweiten Schritt digitale Abo-Angebote durchgesetzt. Er machte klar, dass es für die jetzt beginnende dritte Etappe der Transformation die gleiche Entschlossenheit brauche.
Döpfner unterstrich, dass im digitalen Zeitalter und durch die steigende Bedeutung von Automatisierung und künstlicher Intelligenz noch stärker als bisher der Journalismus im Zentrum stehen werde. "Journalismus-Kreation wird zum Kern unseres Tuns. Journalistische Produktion wird zum Nebenprodukt, immer mehr technisch gestützt und automatisiert. Das bedeutet Umbau der Redaktionen und Verschiebung von Personal und Kosten. Diese Veränderung zu verstehen, ist essenziell für die Zukunftsfähigkeit eines Verlages." Er führte aus, dass das Erstellen exklusiver und attraktiver Inhalte unersetzlich bleibe und für Medienhäuser noch erfolgskritischer werde. "Überleben wird nur, wer die besten originären Inhalte schafft."
Ihre Ziele und ihren persönlichen Anspruch für die Welt-Gruppe präsentierte Carolin Hulshoff Pol. "Welt soll die erste journalistische Marke weltweit werden, die von Print kommt, rein digital sein wird und zudem wirtschaftlich erfolgreicher und relevanter als zu analogen Zeiten." Die Welt-Gruppe werde sich darauf konzentrieren, ihre Premium-Marke als pluralistisches Investigativ- und Debattenmedium wirtschaftlich zu stärken, im digitalen Abonnementgeschäft sowie im Premiumwerbesegment zu wachsen und den TV-Erfolg weiter auszubauen. Der klare Fokus für Welt seien haltbare digitale Abos.
Claudius Senst sagte, sein Auftrag sei weiteres Wachstum für die Bild-Gruppe zu erreichen und die herausragende Reichweite von Bild vor allem in der Vermarktung einzusetzen. Reichweite bedeute Relevanz, journalistisch und im Werbemarkt. Sein Ziel sei es, bis 2026 mehr als 20 Millionen digitale Visits pro Tag auf den Plattformen zu erreichen. Senst: "Bild ist Deutschland, Bild ist die Nummer eins. Das muss so bleiben."
Die neue Organisation von Bild und Welt werde dezentraler, eigenständiger, unternehmerischer geführt, mit mehr Nähe zu Markt und Kunden. Man glaube nicht an Zentralismus, mehr Synergien, mehr Matrix, sagte Döpfner. "Wir wollen und gestalten stattdessen mehr Unternehmertum. Mehr Verantwortung." Beide Markengruppen sollen durch eine starke Vermarkungseinheit, geleitet von Christoph Eck-Schmidt und Julia Wehrle, unterstützt werden. Deutlich schlanker aufgestellt werden die unterstützenden bisherigen Zentralfunktionen, bestehend aus Finanzen, Controlling, Personal und Recht, unter der Leitung von Ralf Hermanns. Die technologische Produktentwicklung unter Leitung von Samir Fadlallah rückt noch näher an die Marken zu den Newsrooms, um eine "bestmögliche Kooperation zwischen Redaktion und Entwicklern" zu ermöglichen.
Döpfner kündigte an, dass man, um zu wachsen, investieren werde, gleichzeitig aber auch sparen müsse. Das Ziel sei, in den nächsten drei Jahren das Ergebnis um rund 100 Millionen Euro durch Umsatzsteigerungen und Kosteneinsparungen zu verbessern. Man sei wie bisher überzeugt, dass Medienhäuser, die auch in Zukunft unabhängigen und kritischen Journalismus machen wollen, auch wirtschaftlichen Erfolg nachweisen müssen. Investieren werde man vor allem in digitale Projekte, zuallererst in journalistische Qualität und in Technologien zeitgemäßer Produktion.
Döpfner verschwieg nicht, dass der Umbau auch mit einem Stellenabbau verbunden sein wird. Vor allem die zentralen Funktionen seien hiervon betroffen. In den Redaktionen würden vor allem Stellen bei der Produktion und den Funktionen wegfallen, die durch den Einsatz moderner Technologie schlanker oder ganz überflüssig würden. Eine konkrete Zahl, wie viele Stellen der Verlag abbauen wolle, nannte das Management nicht, denn es ginge nicht darum, eine bestimmte vorgegebene Zahl von Arbeitsplätzen zu reduzieren.
Bei Reportern, Autoren, Fachredakteuren wolle man nicht abbauen. Um den journalistischen Qualitätsanspruch wahren zu können, würde dort eher investiert. Gleichzeitig stellte das Management klar: "Das ist keine Jobgarantie. Denn auch in den Redaktionen werden wir uns von Kolleginnen und Kollegen trennen, wenn bestimmte Profile nicht mehr zu den erforderlichen Kompetenzen passen." Man bemühe sich, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, dazu habe man mit dem Konzernbetriebsrat bereits ein Freiwilligenprogramm verhandelt.
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Sein internes Schreiben an die Belegschaft schloss Döpfner wie folgt: "Axel Springer ist ein wirklich digitales, transatlantisches Medienhaus." Das nächste Jahrzehnt wolle er für Axel Springer zu einer Dekade beschleunigten Wachstums und beschleunigten Wandels machen. "Wir sind fest davon überzeugt: Die freie demokratische Gesellschaft braucht klugen, kritischen und unabhängigen Journalismus. Seinen publizistischen und wirtschaftlichen Erfolg in der digitalen Zukunft zu sichern, ist unser Anspruch."
Hintergrund: Der Stellenabbau hatte sich schon länger angedeutet. Hintergrund ist ein Strategieprojekt im Segment nationales Mediengeschäft (News Media National). Seit Herbst wurden die Strukturen mit Blick auf den beschleunigten Wandel in der Medienbranche überprüft.
Vor kurzem hatte Springer-Chef Döpfner auch in einem dpa-Interview erläutert, dass sich der Konzern im Zuge der künftigen Struktur der beiden Marken auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen werde.
Der Konzern beschäftigt weltweit aktuell rund 18 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu zählen 3400 Journalisten, davon ein immer größerer Teil in den USA.
Springer übertraf 2022 trotz Inflation, Energiekrise und des Kriegs in der Ukraine seine Wirtschaftsziele. Döpfner sagte in dem dpa-Interview: "Wir hatten nach 2021 zum zweiten Mal in Folge zweistelliges organisches Umsatzwachstum." Das habe das Unternehmen seit vier Jahrzehnten nicht gehabt. Der Umsatz lag demnach bei rund 3,9 Milliarden Euro, unter dem Strich steht rund eine dreiviertel Milliarde Gewinn.
85 Prozent des Umsatzes und mehr als 95 Prozent des Gewinns kommen demnach bereits aus dem Digitalgeschäft. Der Konzern will sich perspektivisch vom gedruckten Zeitungsgeschäft verabschieden und ein reines Digitalunternehmen werden. Einen großen Wachstumsmarkt sieht Springer in den USA.
Der Konzern zog sich 2020 von der Börse zurück und war davor eine Kooperation mit dem US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) für beschleunigtes Wachstum eingegangen. KKR hält einen großen Anteil an Springer.

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