Julian Reichelt hat am Sonntag auf Twitter ein Foto von sich und Matthias Gebauer veröffentlicht. Dieser Gebauer ist mit Anton Rainer und Gerald Traufetter Autor der Spiegel-Geschichte Julian Reichelt und der Vorfall im ICE 553, die am Wochenende rasend schnell zum Top-Thema in der Medienszene wurde.
"Matthias Gebauer und ich waren ein Jahrzehnt lang enge Freunde, zusammen bereisten wir die Kriegs- und Krisengebiete dieser Erde. Gebauer, der als Autor über dieser Geschichte steht, ist ein sensibler Mensch. Manchmal erscheint ihm 'Pretty Woman' (sein Lieblingsfilm) im Traum, wie Claas Relotius schreiben würde. In den letzten Jahren konnte er immer anrufen, wenn er etwas wollte, zum Beispiel Karten fürs DFB-Pokalfinale. Nicht anrufen konnte er gestern, als es um diese Geschichte ging. Das sagt viel über Feigheit und Opportunismus in diesen Zeiten", erzählt Reichelt auf Twitter.
Gebauer, Rainer und Traufetter schreiben im Spiegel, Reichelt hätte nicht auf ihre Anfrage reagiert. Dazu Reichelt: "Die Nachricht von seinen Kollegen hatte ich am Wochenende nicht gesehen. Hätte Gebauer angerufen, hätte ich ihm alldies berichten können: Ich bin nie 'in Konflikt mit dem Gesetz geraten', weil ich ein gültiges Ticket hatte."
Julian Reichelt sei ein Freund von Recht und Ordnung. Auf seinem YouTube-Kanal "Achtung, Reichelt" predige er eine harte Gangart gegen Straftäter jeder Art, feiere Law-and-Order-Politiker und inszeniere sich als größten Verteidiger der deutschen Polizei. Das ändere sich offenbar dann, wenn es einmal um Reichelts eigene Verfehlungen gehe, hatten Gebauer, Rainer und Traufetter ihren Spiegel-Artikel eingeleitet. Sie beziehen sich bei ihrem Bericht über Reichelts angeblich ungültiges Ticket auf "mehrere übereinstimmende Quellen".
"Reichelts Problem: Er hatte zwar ein Onlineticket für die Fahrt, konnte sich aber gegenüber dem Zugpersonal nicht mit einem Lichtbildausweis ausweisen. [...] Als sich die Situation hochschaukelte, zog das Zugpersonal schließlich die Bundespolizei hinzu, die den Journalisten am Berliner Hauptbahnhof abholte und auf die Wache begleitete, um seine Identität festzustellen", so die Darstellung der Spiegel-Autoren.
Reichelt geht auf Twitter die Spiegel-Story fast Satz für Satz durch, lädt ein Online-Ticket hoch, um zu beweisen, dass er ein "gültiges" besitzt. Auch habe er noch nie in seinem Leben irgendwen gefragt, ob er oder sie nicht wisse, wer er sei. Auch habe er das Wachpersonal darum gebeten, mit einem Vorgesetzten sprechen zu dürfen. Reichelts Fazit: "An der Spiegel-Geschichte stimmt nachweislich kein einziger Satz, kein einziger Fakt."
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Zahlreiche Medien- und Kommunikationsprofis kommentieren den Vorfall auf Twitter, zum Beispiel Ex-Regierungssprecher Bela Anda:
"Starkes Ende des Endes einer Freundschaft zwischen @gebauerspon und @jreichelt. Die Frage ist doch: Wann werden wir - nach dem Abgesang auf die #Corona -Maßnahmen im @spiegel die Geschichte über das repressive System der #Bahn lesen?"
Frank Behrendt meint:
"Das beste an dem lächerlichen Kasperletheater auf der Schiene ist das Finale in der Replik von #Reichelt auf Twitter. Großes Relotius-Flashback-Kino im Windschatten der #Oscar-Verleihung."
Reichelt hatte zuvor in seinem Twitter-Post wiederholt den Spiegel-Fälscher Claas Relotius mit der aktuellen Spiegel-Story in Bezug gebracht:
"Schließen möchte ich mit den unsterblichen Worten von Claas Relotius: Während Reichelt wegen einer schweren Straftat abgeführt wurde, sang er lautstark und im ganzen Bahnhof hörbar einen Song von Tom Petty: I won't back down!"

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