Dünnes Eis bei Springer: Döpfner reagiert auf Horns Forderung

17.04.2023
 

Die Bild-Zeitung hat am Wochenende zwei Kommentare "in eigener Sache" veröffentlicht - von Chefredakteurin Marion Horn und Springer-Lenker Mathias Döpfner. Es geht um den "Zitate-Skandal". Die Beiträge zeigen, wie dünn das Eis bei Springer ist.

Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner (60) hat öffentlich um Entschuldigung gebeten. In einem am Samstagabend auf der Bild-Webseite verbreiteten Beitrag "in eigener Sache" schrieb der Konzernlenker: "Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich mit meinen Worten viele gekränkt, verunsichert oder verletzt habe." Der Beitrag erschien auch in der Bild am Sonntag.

Döpfner reagierte damit direkt auf eine entsprechende Aufforderung von Bild-Chefredakteurin Marion Horn: "'Eigentlich ist eine Entschuldigung fällig, Chef!' Das hat Marion Horn am Samstag in Bild geschrieben. Stimmt", leitete Döpfner seine Antwort ein.

Was war passiert? Die Wochenzeitung Die Zeit hatte am Donnerstag über Nachrichten berichtet, die bei Springer konzernintern verschickt worden sein sollen. Das Blatt berief sich auf Dokumente, die aus den vergangenen Jahren stammen sollen. Es handele sich um E-Mails und Chatnachrichten aus dem engsten Führungskreis des Medienkonzerns, viele seien vom Springer-Chef selbst, berichtete die Zeitung.

Der Konzernchef bestätigte indirekt in seinem Bild-Beitrag, der die Überschrift "Stimmt!" trägt, dass bestimmte Formulierungen tatsächlich von ihm stammten. "'Die Ossis sind entweder Kommunisten oder Faschisten.' Das ist verletzend. Und wörtlich genommen natürlich Quatsch. 'Die' Ossis gibt es nicht. Und selbstverständlich sind sie nicht entweder rechts- oder linksradikal." Und weiter: "Der Ärger darüber, dass in Thüringen und anderswo so viele entweder Linke oder AfD wählen, verleitete mich zur polemischen Übertreibung."

Döpfner, der nicht nur Konzernchef ist, sondern auch einen großen Teil der Springer-Anteile hält, schrieb weiter in seinem Beitrag: "Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht - mir gelingt es nicht immer, private Nachrichten im korrekten Ton zu schreiben."

Der Medienmanager erklärte sich weiter so: "Wenn ich wütend oder sehr froh bin, wird mein Handy zum Blitzableiter. Ich schicke dann manchmal Menschen, denen ich sehr vertraue, Worte, die 'ins Unreine' gesagt oder getippt sind. Weil ich davon ausgehe, dass der Empfänger weiß, wie es gemeint ist. Und weil ich mir nicht vorstellen kann oder will, dass jemand diese Worte an Dritte weitergibt." Dies sei nun aber geschehen. "Daraus kann man viele Lehren ziehen. Das habe ich getan. Eine davon bleibt die Idee von der 'Gedankenfreiheit'."

Von wem die Wochenzeitung Zeit ihre Informationen erhalten haben könnte, lässt sich nur unschwer erraten, stellt Michael Hanfeld in seinem jüngsten FAZ-Artikel zum "Zitate-Skandal" fest. Zwischen Döpfner und "seinem früheren Günstling" Reichelt herrsche Krieg. Hanfeld verweist darauf, dass Springer juristische Schritte gegen Reichelt prüfen soll: Von einem möglichen Schadensersatz in Millionenhöhe ist die Rede. Reichelt wiederum soll sich juristisch gegen Springer mit einer potentiellen Gegenoffensive wappnen. So hat der Tagesspiel berichtet, dass Reichelts Antwalt die Umstände von Reichelts Entlassung "aufbohren" will. "Wir können unserer Auffassung nach strafrechtliches Relevantes nachweisen", wird der Anwalt vom Tagesspiegel zitiert.

"Die Herren, die einander einmal so zugetan waren, befinden sich offensichtlich im Endkampf", schreibt Hanfeld in der FAZ und meint damit Döpfner und Reichelt. Marion Horn sei dagegen die "späte Profiteurin des Diadochen-Gemetzels". Für Hanfeld erklärt das auch das zaghafte "eigentlich", mit dem Marion Horn jetzt ihren Chef zu einer Entschuldigung auffordert:

"Liest man Marion Horns Aufforderung, fragt man sich am Ende sogar: Wofür und bei wem soll sich Döpfner - eigentlich - nach Horns Dafürhalten entschuldigen? Für seine Äußerungen, insbesondere das 'Ossi'-Bashing, oder für die missliche Lage, in der Bild und Springer nun stecken?"

Mit in Richtung "Chef-freundlicher Vorwärtsverteidigung" formuliere Marion Horn auch ihre eigene Selbstbehauptung und die der Bild-Redaktion. Bei Springer wandeln sie derzeit aus Sicht von Hanfeld alle auf dünnem Eis. Wie weit es sie trage, werde sich noch erweisen.

Hintergrund: Der "Zeit"-Artikel erschien wenige Tage vor der erwarteten Veröffentlichung eines neuen Buchs von Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre. Das fiktive Werk - es erscheint am Mittwoch - wird als Schlüsselroman zu dem Medienhaus gehandelt.

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