Axel Springer ist nicht durch staatlichen Zwang, sondern auf meinen Wunsch hin Minderheitsgesellschafter bei Media Pioneer geworden, stellt Gabor Steingart in seinem The Pioneer Briefing (Samstagsausgabe) einleitend fest.
Steingart äußert sich darin zum ersten Mal prominent zur Zitate-Debatte um Springer-Chef Mathias Döpfner.
"Ich verteidige nicht das, was er gesagt hat. Das muss er selbst tun. Ich persönlich mag die Ossis lieber als Trump. Aber ich verteidige sein Recht, zu sagen, was er denkt und fühlt. Es geht um das Recht, anders denken zu dürfen als Greta Thunberg, Mutter Teresa oder Bodo Ramelow. Das tut Döpfner - in sehr geschliffener Weise in seinen Essays und Aufsätzen. Und das hat er - im geschützten Raum der Kommunikation mit seinem Chefredakteur - auf eher ruppige und eruptive Art getan. Im Zeitalter von Fake News und Fake Feelings hat er damit eine Erbsünde begangen: Er war authentisch. Der Vorwurf wiegt schwer: Das politisch korrekte Sprechen hat dieser Mann offenbar nie gelernt."
Steingart geht in seiner Verteidungsrede auch auf die Frage nach der Quelle für die viel diskutierten Zeit-Veröffentlichungen ein: Dass der geschützte Raum in einen öffentlichen Raum umfunktioniert worden sei, verdanke man dem Streit zweier ehemaliger Kameraden. "Hinter jedem Jesus hockt ein Judas im Gebüsch", weiß der bibelfeste Media-Pioneer-Gründer.
Zur Kritik der möglichen Einflußname Döpfners auf die Bild-Zeitung stellt Steingart fest: "Die politische Unabhängigkeit einer Zeitung bedeutet nicht, dass ein Verleger, ein Chefredakteur oder ein Kommentator zum politischen Eunuchen wird. Ein Verleger ist per Definition für die publizistische Richtung und auch den gelegentlichen Richtungswechsel zuständig - oder er ist kein Verleger." Rudolf Augstein, den Steingart selbst in seiner 20 Spiegel Jahren erlebt hat, sei nicht minder ruppig und nicht minder eindeutig gewesen. "Er hätte in einem wie Döpfner nicht den Aussätzigen gesehen, sondern den Bruder im Geiste", will Steingart wissen.
Döpfners Texte, auch seine SMS-Prosa, würden sich würziger und kantiger lesen als viele deutsche Leitartikel. "Sein Problem: Das wissen die Verfasser labbriger Texte sehr genau. Sie hassen sich und ihn für genau diesen Unterschied: Seine Nudel ist al dente. Ihre hängt schlapp und schläfrig über der Gabel."
Steingarts Fazit:
"Im Grunde werfen seine Kritiker Mathias Döpfner vor, dass er Mathias Döpfner ist. Insofern erleben wir hier den Aufstand der Eunuchen gegen den Stier. Das rote Tuch mit dem sie den Stier in den Wahnsinn treiben wollen - und darin besteht die Ironie dieser Geschichte - ist aus seinen eigenen zornig-roten Textfetzen gewebt."

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