"Er müsste sich erst mal selbst einiges eingestehen": Stuckrad-Barre gibt Döpfner einen guten Rat

 

Der "Noch wach?"-Autor Benjamin von Stuckrad-Barre liefert mit seinem Roman eine fiktionalisierte Leseart auf Machtmissbrauch im Springer-Konzern. Im Interview mit dem Spiegel spricht er endlich über das Ende seiner Freundschaft zu Springer-Chef Mathias Döpfner.

Im Gespräch mit den Spiegel-Redakteurien Isabell Hülsen und Tobias Rapp betont Stuckrad-Barre, der von 2008 bis 2018 für den Springer-Verlag arbeitete und dort lange als Protegé von CEO Mathias Döpfner galt, immer wieder den Literatur-Charakter seines Romans. Daher sei er natürlich nicht als Eins-zu-eins-Kommentar zu den "Männerrankünen" (O-Ton des Autors) oder zu den schweren Vorwürfen gegen den früheren "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt zu verstehen.

Dennoch teilt Stuckrad-Barre dann doch immer wieder deutlich aus. So will er auf keinen Fall mit Mathias Döpfner, zu dem vormals so etwas wie eine Männerfreundschaft bestand, in dem man sich duzte, sprechen. Entsprechende Versuche, ihn zu erreichen, hat der Autor abgelehnt. Angeblich soll er Döpfner sogar "geblockt" haben, wie Benjamin von Stuckrad-Barre im sehr lesenswerten "Spiegel"-Interview sagt.

"Was gibt es denn da zu reden? Ich wüsste ja, wie das Gespräch läuft: Du, wir müssen mal quatschen, so viel falsch gelaufen, aber Schwamm drüber, wir hatten ja 'ne tolle Zeit", sagt Stuckhard-Barre.

"Aber er müsste sich erst mal selbst einiges eingestehen, erst mal das Gespräch mit sich selbst führen", so der Autor über Döpfner. "Und vorher gibt es nichts zu reden. Und da gibt es auch nichts mehr zu duzen."

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Über Freundschaften und die Notwendigkeit, sich auch wieder zu trennen, sagt Stuckrad-Barre allgemein: "An bestimmten Weggabelungen aber geht es ganz simpel darum, kein Arschloch zu sein. Und in dieser Hinsicht habe ich in den vergangenen Jahren ziemlich hart aussortiert."

Weit von sich weist Stuckrad-Barre die Unterstellung, er könnte die heimliche Quelle für die von der "Zeit" veröffentlichten privaten SMS-Nachrichten von Mathias Döpfner sein, die ein teilweise empörtes Presse-Echo - auch im eigenen Haus Springer - ausgelöst hatten.

"Nicht ich war die Quelle der 'Zeit'", sagt Stuckrad-Barre nun. "Auf welchem Wege sollte denn ausgerechnet ich an die Korrespondenz zwischen diesen beiden Freiheitsstatuen gelangt sein?"

Auf seine eigenen, offenbar fürstlich honorierten Schreiber-Tätigkeiten bei Springer blickt Stuckrad-Barre mittlerweile kritisch zurück. Er will nicht als "freies Radikal" gesehen werden, dass sich Mathias Döpfner damals im Verlag hielt. "Was es für Döpfner bedeutet hat, weiß ich nicht. Für mich enthielt das Honorar auch Schmerzensgeld dafür, dass ich mich dauernd rechtfertigen musste, für diesen Verlag zu arbeiten."

Seine Zeit bei Springer beschreibt der Autor im Rückblick distanziert: "Ich war eher ein Außenbordmotor, Captain Ahab im Beiboot. Viele dort haben mich gehasst, aber sie mussten freundlich zu mir sein, weil ich ja sozusagen mit dem Boss da war", so Stuckrad-Barre. "Folglich waren die so nett zu mir, dass es kaum auszuhalten war. Heute, und das ist im Grunde angenehmer als dieses Rangeschmeiße, meinen dieselben Leute mir öffentlich oder auf Umwegen mitteilen zu müssen: Ich verachte dich, du Verräter! Vermutlich denken sie, dass sei jetzt die Stallorder von dem, was sie als ganz oben empfinden."

Auf die Frage der "Spiegel"-Interviewer, ob er einen Schlüsselroman - wie zuvor in Medienberichten spekuliert - über das Medienhaus Springer geschrieben habe, sagt Stuckrad-Barre: "Schlüsselroman? Auf gar keinen Fall. Was ist das auch für ein unangenehmes Wort, was soll das überhaupt bedeuten? Bei 'Schlüsselroman' denken alle an die falsche Tür."

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