Stern zweifelt an Vorwürfen gegen Reichelt

26.04.2023
 

Das Magazin Stern hat Chat-Verläufe veröffentlicht, die aus Sicht der Autoren ein neues Licht auf die Affäre rund um Ex-Bild-Chef Julian Reichelt werfen. Die Textnachrichten sollen Reichelt und eine Kollegin in der Nacht vor dem Opernball 2018 in Wien ausgetauscht haben.

Die Chatnachrichten, auf die sich die Stern-Autoren Uli Rauss und Johannes Röhrig beziehen, sollen Julian Reichelt und eine Kollegin 2018 ausgetauscht haben. "Sie geben neue Einblicke in die Affäre rund um Sex und Macht an der Spitze des Boulevardblattes. Einige Chats lassen Zweifel an den bisher erhobenen Vorwürfen aufkommen", teasen Rauss und Röhrig ihre brisante Stern Plus-Story an.

Es seien nun erstmals Chatnachrichten zwischen Reichelt und einer früheren Bild-Angestellten aufgetaucht, die einen direkten Blick auf die damaligen Vorkommnisse zuließen, heißt es beim Stern. Bei der Bild-Journalistin soll es sich um die Person handeln, die Springer in den USA auf Schadensersatz verklagt hat - wegen sexueller Belästigung, Diskriminierung und Verletzung von Arbeitnehmerrechten. Ihre Klageschrift, 132 Seiten lang, sei bis dato das einzig öffentlich zugängliche Dokument in diesem Skandal gewesen, betonen die Stern-Autoren Rauss und Röhrig. Zum Prozess kam es schließlich nicht: Beide Seiten einigten sich außergerichtlich.

Der stern will nun eine Vielzahl von Textnachrichten gesichtet haben:

"Obwohl es sich zum Teil um zusammenhängende Chatverläufe handelt, geben sie nur einen Ausschnitt der Kommunikation wieder. Es ist damit also nicht ausgeschlossen, dass es weitere Nachrichten gibt, die andere Interpretationen zulassen. Die vorliegenden Chats aber rücken manches aus der Klageschrift in ein neues Licht: Sie erwecken nicht den Eindruck, als habe Constanze Meier [Name von der stern-Redaktion geändert] unter Druck nächtlichen Dates zugestimmt, wie sie behauptet. An manchen Stellen wirkt das Werben sogar umgekehrt, da ist sie es, die ihm Avancen macht", schreiben Rauss und Röhrig im Stern.

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Die Autoren veröffentlichen in ihrem Bericht Chatnachrichten, die aus der Nacht vor dem Opernball 2018 in Wien stammen sollen. "Um sie besser einordnen zu können, muss man die Geschichte rund um die Wien-Episode kennen. Sie handelt vom Werben eines verheirateten Chefs um eine attraktive Berufsanfängerin. Von heimlichen Treffen. Von seiner Gunst, die offenbar ihre Karriere befeuerte. Von Überforderungen im Job. Und von der Schutzlosigkeit, mit der sie Gehässigkeiten von Kollegen ausgesetzt war", heißt es im Stern.

Das Magazin aus der RTL News GmbH zitiert weitere Chatnachrichten, die "nach dem Date in Wien" entstanden sein sollen. Es sei offensichtlich, dass die Chatverläufe nur schwer mit Angaben von Constanze Meier in der US-Klage in Übereinstimmung zu bringen seien, schlussfolgern die Stern-Autoren. Laut ihren Angaben hat der Anwalt der früheren Bild-Angestellten den Sachverhalt nicht kommentieren wollen. Auch Axel Springer habe eine Stellungnahme abgelehnt. "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zum gesamten Themenkomplex Julian Reichelt nicht äußern", teilte der Medienkonzern demnach mit, der inzwischen selbst gegen Reichelt klagt - und ihn angezeigt hat.

Reichelts Rechtsanwalt Ben Irle hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt:

"Nach umfassender Prüfung der meinen Mandanten belastenden Sachverhaltsdarstellungen im Rahmen der Zivilklage einer Bild-Mitarbeiterin und deren inhaltlichen Abgleich mit mir vorliegenden Chat-Verläufen erweisen sich wesentliche Behauptungen dieser Mitarbeiterin als frei erfunden und damit als unwahr. Diese unwahren Behauptungen betreffen hierbei auch den schwersten aller gegen meinen Mandanten erhobenen Vorwürfe, nämlich des 'Sex-on-demand'. Es waren die Vorwürfe dieser Mitarbeiterin, auf die der Großteil der Medienberichterstattung über angeblichen Machtmissbrauch meines Mandanten Bezug nahm."

Aus Irles Sicht bedürfen nicht nur die gegen seinen Mandanten erhobenen Vorwürfe, sondern auch die Durchführung der Compliance-Untersuchung selbst und der Umgang Springers mit diesen Vorwürfen und dem Thema "Machtmissbrauch" generell einer völlig neuen Bewertung.

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