kress.de: Herr Busato, gerade bei Großverlagen scheint sich die Medienkrise aktuell erneut stark zuzuspitzen. Meldungen über Magazin-Einstellungen und stark ausgebremste Projekte schocken die Branche. Für Magazine wie "Triple A" oder das "Stuttgarter Zeitung Magazin" scheint es gut zu laufen. Welche Art von Sonderkonjunktur genießen Sie denn da im Südwesten?
Malte Busato: Die zwei Produkte stehen exemplarisch für das Paradigma, dass Relevanz für journalistische Angebote nicht zwangsläufig an Mediengattung oder Kanal zu bemessen ist. Vielmehr geben wir gemeinsam in der Zeitungsgruppe alles dafür, die Möglichkeiten und Vorzüge der einzelnen Kanäle für unsere Nutzerinnen und Leser voll auszuschöpfen und idealerweise auch an definierten Stellen miteinander zu verzahnen. Beim "Stuttgarter Zeitung Magazin" haben wir das von der ersten Stunde an getan.
kress.de: Wie machen Sie das konkret?
Malte Busato: Wir führen eine Markenwelt mit Live-Erlebnis Elementen wie die First Look Veranstaltungen zur Vorschau jeder Ausgabe, eine auf Interaktion konzipierte Social-Media Präsenz und eine gedruckte Ausgabe, die auch 2023 mit sieben Mal freitags, pünktlich zum entspannten Wochenende mit aufwändig recherchierten und produzierten Inhalten inspiriert und hintergründig überrascht. Wir glauben, um derartige Markenwelten zu erschaffen benötigt es weniger einer konjunkturellen Entwicklung, als vielmehr hoher journalistischer Qualität und Leidenschaft sowie eine ausgefeilte Distributionsstrategie, die heute sicherlich komplexer ist als noch vor einigen Jahren.
"Der Anker ist Regionalität und Heimat."
kress.de: Das "Stuttgarter Zeitung Magazin" kam ja vergleichsweise spät auf einen Markt, der mit den Magazinen von "Zeit", "FAZ" und "SZ" schon gut gesetzt schien. Was macht die Lücke aus, die Sie trotzdem offenbar recht erfolgreich für sich erschlossen haben?
Malte Busato: Das "Stuttgarter Zeitung Magazin" hat in dem beschriebenen Marktumfeld einen zusätzlichen und starken emotionalen Anker, der gleichermaßen als "Marktlücke" verstanden werden kann – der Anker ist Regionalität und Heimat. Diese Nähe zu Ihren Nutzerinnen und Lesern. Die Geschichten im StZ Magazin setzen stets Bezugspunkte zur Region beziehungsweise den Menschen aus der Region, wodurch sie zusätzliche Relevanz erfahren und die Nutzung der Inhalte in Digital und Print nach unseren Marktforschungsdaten in bemerkenswerter Intensität vonstatten geht. Davon profitieren auch unsere Werbekunden, was die Werbevermarktung von Beginn an sehr erfolgreich macht.
kress.de: Neben konjunkturellen Schwierigkeiten und stark gestiegenen Energiekosten setzt vielen Verlagen auch der hohe Papierpreis zu. Wie sehr sind in Ihrem Haus aufwändige Druckerzeugnisse zu Luxusobjekten geworden?
Malte Busato: Selbstverständlich sind die seit letztem Jahr stark gestiegenen Preise unter anderem für Papier ein Faktor, der die Wirtschaftlichkeit insbesondere von Druckerzeugnissen schmälert. Umso entscheidender ist die Fokussierung auf leser- und werbemarktrelevante Produkte. Damit einhergehend stellt sich dann die Frage, welche Zielgruppen wir mit welchen Inhalten erreichen und welche sich in gedruckter Form besser darreichen lassen, als über andere Kanäle.
"Ambidextrie ist das Gebot der Stunde – den hohen Ansprüchen der Abonnentinnen und Abonnenten der gedruckten Ausgaben gerecht werden und im Digitalen weiter konsequent zu wachsen."
kress.de: Der Trend zu immer ausgeklügelteren Digitalprodukten scheint ja unumkehrbar. Trotzdem: Was macht Print für Ihre Zeitungsmagazine trotzdem so bedeutsam?
Malte Busato: Unser Verlag setzt wie die allermeisten auf digitales Wachstum mit entsprechendem Investitionsverhalten. Es ist dabei kein Widerspruch, dass wir heute in der Vermarktungsallianz der Stuttgarter Zeitung Anzeigengemeinschaft weiterhin eine tägliche Reichweite von 1,04 Mio Leserinnen und Lesern unseren gedruckten Tageszeitungsausgaben erzielen. Ambidextrie ist das Gebot der Stunde – den hohen Ansprüchen der Abonnentinnen und Abonnenten der gedruckten Ausgaben gerecht werden und im Digitalen weiter konsequent zu wachsen. Das Stuttgarter Zeitung Magazin ist hierbei als Supplement ein Blattbindungsinstrument und gleichermaßen eine Blaupause für eine digital-analoge Erlebnismarke.
kress.de: Lassen Sie doch mal kurz hinter die Kulissen blicken: Welche weiteren Ausbaupläne gibt es für Ihre Zeitungsmagazine?
Malte Busato: Wir haben aktuell die "Triple A" in die StZ Magazin Familie integriert, um die digitalen Reichweiten und Distributionsmechaniken zu skalieren.
kress.de: Einmal vorausgesetzt, die wirtschaftliche Lage entspannt sich weiter: In welchem Segment könnten Sie für 2023 und die Folgejahre noch Potenzial, vielleicht sogar Raum für einen weiteren Neustart sehen?
Malte Busato: Dazu ist keine Aussage möglich.
Hintergrund: Der studierte Medienkaufmann Print & Digital war seit Anfang 2020 Leiter Werbevermarktung der Stuttgarter Zeitung Werbevermarktung GmbH, seit April vergangenen Jahres trägt Malte Busato den Titel Chief Sales Officer der Südwest Media Network GmbH. Frühere Berufsstationen hatten ihn zunächst zum Bechtle Verlag sowie später zu Media Impact gebracht.
Beim aktuellen European Publishing Award 2023 wurden sowohl "Triple A" als auch das "Stuttgarter Zeitung Magazin" gleich mehrfach von einer hochkarätigen europäischen Fachjury ausgezeichnet. Die Magazine werden von der Münchner Agentur TAOS erstellt, hinter der zusammen mit Thomas Reuter als Geschäftsführer und Chefredakteur der frühere "GQ"-Chefredakteur José Redondo-Vega steckt. Für die vielfältigen Aktivitäten der "Stuttgarter Zeitung" ist Herbert Dachs, Geschäftsführer der Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft und CEO Regionale Medien der SWMH, zuständig.
Der European Publishing Award an die Stuttgarter Titel wird am 14. und 15. Juni in Wien auf dem European Publishing Congress verliehen. Hier geht's zur Anmeldung.
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